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Lithiumabbau im Lavanttal: Die Rohmaterialien sollen nun in Saudi-Arabien verarbeitet werdenAusgabe 5 | Mittwoch, 1. Februar 2023

Ursprünglich hätte das auf der Weinebene gewonnene Lithiumerz im Lavanttal verarbeitet werden sollen. Nun gibt es neue Pläne: European Lithium möchte das Verarbeitungswerk in Saudi-Arabien errichten. Der Grund: geringere Energiekosten und Auflagen.

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Unterkärntner Nachrichten Redakteur Michael Swersina Von Michael Swersina m.swersinano@spamunterkaerntner.at
Nach den neuesten Plänen von European Lithium soll das auf der Weinebene abgebaute Lithiumerz nun doch nicht im Lavanttal weiterverarbeitet werden, sondern in Saudi-Arabien. Dazu wurde kürzlich eine rechtlich nicht bindende Absichtserklärung mit der saudischen Obeikan Investment Group unterzeichnet. Geht das Tal leer aus? Pixabay, UN-Archiv

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Wolfsberg. Groß war die Aufregung einiger Bürger in Wolkersdorf, als im Oktober des Vorjahrs bekannt wurde, dass ein Lithiumhydroxidwerk – also jenes Werk, in dem das auf der Weinebene abgebaute Lithium weiterverarbeitet wird – in der dortigen Industriezone gebaut werden sollte. 

Doch dieser Standort scheint vom Tisch. Denn European Lithium hat Anfang Jänner beim »Future Minerals Forum« in Riad (Saudi-Arabien) eine rechtlich noch nicht bindende Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) mit der saudi-arabischen Obeikan Investment Group unterzeichnet, wonach im Zuge eines  Joint Ventures ein Lithiumhydroxidwerk in Saudi-Arabien gebaut werden kann.

Vorteile für European Lithium

Der Betrieb der Lithiumhydroxidanlage in Saudi-Arabien hätte laut European Lithium zahlreiche Vorteile gegenüber dem Standort im Lavanttal. »Die große Ersparnis bei den Energiekosten wird das Projekt Wolfsberg stärken«, sagte der nicht geschäftsführende Vorstandsvorsitzende von European Lithium, Tony Sage, zur Absichtserklärung. Bei den Betriebsausgaben ergäbe sich beispielsweise ein erheblicher Kostenvorteil. Die Ausgaben für Strom entsprachen zuletzt etwa 0,03 Euro pro Kilowattstunde in Saudi-Arabien. In Österreich liegt der Preis bei rund 0,42 Euro. »Darüber hinaus sind die mitteleuropäischen Erdgaspreise bzw. die Versorgung mit Erdgas sehr unberechenbar. Wir werden diese Probleme mit der zuverlässigen und wettbewerbsfähigen Versorgung aus Saudi-Arabien lindern«, heißt es in einer Aussendung von European Lithium.

»Das ist für mich nichts anderes als Ankündigungspolitik, wie es sie seit Jahren gibt«
Günther Vallant, Bürgermeister von Frantschach

Weiters könnte die Zusammenarbeit mit der Obeikan Investment Group neue Lieferketten eröffnen, die für die Entwicklung und den Betrieb des Projekts benötigt werden. »Dies wird unweigerlich Möglichkeiten eröffnen, billigere Materialien für die chemischen Verarbeitungsanlagen zu beschaffen. Wir sind nicht mehr darauf beschränkt, sehr restriktive EU-Richtlinien für teurere Materialien aus Europa zu erfüllen«, heißt es in der Aussendung von European Lithium.

Das Genehmigungsverfahren

Besonders wichtig ist wohl auch dieser Punkt: »Das Verfolgen dieser Strategie verringert das Risiko eines möglicherweise langwierigen und aufwendigen österreichischen Genehmigungsverfahrens für den Bau der Anlage im Inland.« Allein dieses Verfahren würde mindestens 18 Monate betragen.

Um weitere Investoren zu finden hat sich European Lithium neu aufgestellt. Über eine Fusion mit dem US-amerikanischen Unternehmen Sizzle soll der Gang an die US-Technologiebörse Nasdaq ermöglicht werden. Dort möchte die Gruppe unter dem Namen »Critical Metals Corporation« Geld von Investoren einsammeln. 

Im Dezember des Vorjahrs wurde die Registrierungserklärung bei der US-Börsenaufsicht SEC beantragt. Eine Listung an der Börse erwartet »Critical Metals« in der ersten Hälfe des heurigen Jahres. 

Langer Transportweg

Wie die Rohmaterialien von der Weinebene über rund 3.500 Kilometer – Luftweg – nach Saudi-Arabien transportiert werden sollen, ist noch unklar. Der Vorstandsvorsitzende von  European Lithium, Dietrich Wanke, meint dazu: »Das ist noch nicht untersucht und, falls die Entscheidung dazu fallen sollte, Gegenstand weiterer technischer und finanzwirtschaftlicher Studien und Untersuchungen zur Machbarkeit, Durchführbarkeit und Profitabilität.«

Für das Lavanttal würde der Bau des Lithiumhydroxidwerks in Saudi-Arabien wirtschaftlich gesehen einen harten Schlag bedeuten. Rund 20 Millionen hätten in die Errichtung des Lavanttaler  Werks fließen sollen, an die 400 Arbeitsplätze wären entstanden. Wird das Vorhaben in Saudi-Arabien umgesetzt, wird es künftig nur rund 85 Jobs in der Lithiummine für das Lavanttal geben. Mit dem Abbau könnte laut  European Lithium ab Ende 2024 begonnen werden.

Günther Vallant, Bürgermeister von Frantschach-St. Gertraud, forderte im Vorjahr eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), ehe das Leichtmetall im Traudi-Stollen auf seinem Gemeindegebiet von European Lithium abgebaut wird. Die jetzige Ankündigung des Unternehmens, das Werk möglicherweise außerhalb Europas zu bauen, sieht er gelassen: »Das ist für mich nichts anderes als Ankündigungspolitik, wie es sie bereits seit Jahren gibt. Zuerst muss einmal der Rohstoff gewonnen werden, und dazu fehlt jegliches Projekt, es gibt keine Genehmigungen usw. Es geht bei diesen Ankündigungen nur um Spekulation und darum, neues Geld aufzustellen.«

»Das ist noch nicht entschieden und Gegenstand von Studien und Untersuchungen«
Dietrich Wanke, Vorstandsvorsitzender

Der Wolfsberger Bürgermeister Hannes Primus (SPÖ) erfuhr von den Unterkärntner Nachrichten zum ersten Mal von den Plänen: »Ich kann dazu nichts sagen, weil ich noch keine Meldung des Unternehmens darüber bekommen habe. Zuletzt habe ich aus Medien über die Fusion mit Sizzle erfahren und daraufhin bei European Lithium nachgefragt, aber bis jetzt noch keine Antwort erhalten. Bezüglich des Hydroxidwerks wird die Stadtgemeinde wohl noch vom Unternehmen kontaktiert werden – oder auch nicht.« Primus meinte ironisch weiter: »Aber der Transport nach Saudi Arabien ist natürlich sicher sehr umweltschonend.«

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