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Wolfsberg: Werden Akten im Wolfsberger Rathaus wirklich »versteckt«?Ausgabe 30 | Mittwoch, 27. Juli 2022

Wie die Einsicht von Akten im Rathaus zu erfolgen hat, ist durch einen Erlass geregelt: Ein Beamter muss dabei sein, Handyfotos sind strikt untersagt, nicht alles darf kopiert werden. Das führt zu Streit. Pixabay

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Wolfsberg. »Vor allem der Opposition wird so die Arbeit massiv erschwert.« Das sagt die Wolfsberger FPÖ-Stadträtin Isabella Theuermann und meint, es werde ihr nicht leicht gemacht, Einsicht in jene Akten zu nehmen, die später im Gemeinderat behandelt werden. In der jüngsten Sitzung am 14. Juli beklagte sie vor den versammelten Mandataren diese »Taktik« (wir berichteten), hinter der sie die absolut regierende SPÖ vermutet, und forderte Änderungen ein. 

Wie sehen das die anderen Parteien im Wolfsberger Rathaus? Sie schließen sich der Ansicht der Stadträtin teils an, teils widersprechen sie ihr.

»Vor allem der Opposition wird so die Arbeit massiv erschwert«
Isabella Theuermann, Stadträtin (FPÖ)

Theuermann untermauert ihre Aussagen mit einem gemeindeinternen Papier, in dem es heißt: »Die Akteneinsicht hat in den Amtsräumlichkeiten stattzufinden. Die Erstellung von Kopien und Abschriften ist – unter Beachtung des Datenschutzes – zulässig.« Kopien dürfen dann nicht gemacht werden, wenn »das Recht auf Datenschutz entgegensteht oder Geschäfts- und/oder Betriebsgeheimnisse Dritter in Betracht kommen.« Strikt untersagt ist das Fotografieren der Unterlagen mit einem Mobiltelefon, dazu darf die Akteneinsicht »nur im Beisein eines Mitarbeiters durchgeführt werden« – was ein wenig befremdlich wirkt.

Die FPÖ-Stadträtin verweist auf die Kärntner Allgemeine Gemeindeordnung (K-AGO), laut der das Kopieren erlaubt ist. Allerdings finden sich auch darin die Ausschließungsgründe Datenschutz sowie Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse.

Ist Theuermanns Beschwerde also gerechtfertigt? Laut Grüne-Gemeinderat Reinhard Stückler hat sie nicht völlig unrecht. »Grundsätzlich kann man die Akten einsehen«, sagt er, »aber es ist kompliziert: Sie liegen nur zu bestimmten Zeiten auf, man darf kein Foto und keine Kopie machen. Das macht die Arbeit schwieriger.« 

»Grundsätzlich kann man die Akten einsehen, aber es ist kompliziert«
Reinhard Stückler, Gemeinderat (Grüne)

Stückler bezieht sich auch auf einen Grüne-Antrag vom Oktober 2021, in dem die Einführung einer elektronischen Akteneinsicht für Gemeinderäte gefordert wurde. Primus hatte ihn sachlich befürwortet, mit den Stimmen der SPÖ – gegen alle anderen Fraktionen – wurde er trotzdem abgelehnt. Begründung: Zuvor müsse das Land eine Änderung der K-AGO vornehmen. Stückler: »Die elektronische Akteneinsicht würde die Qualität der Arbeit jener Gemeinderäte, die sich dafür interessieren, verbessern. Jetzt sitzen viele ahnungslos in den Ausschüssen, es ist manchmal erschreckend.«

Überwachung? Manchmal

Wird der Grüne-Gemeinderat von einem Gemeindemitarbeiter während der Akteneinsicht »überwacht«? »Manchmal«, so Stückler, »wenn sie Zeit dafür haben.« Zufrieden mit der derzeitigen Situation ist er nicht: »Es gibt sicher Verbesserungspotenzial. Manchmal tut man sich jetzt den Aufwand, der für eine Einsicht nötig ist, einfach nicht an. In der Sitzung kommt man dann drauf, dass es besser gewesen wäre, genau zu hinterfragen.«

Keine Probleme gibt es in den Reihen der Wolfsberger ÖVP. Stadtrat Josef Steinkellner: »Alles, was ich ansehen möchte, wird bereitgestellt. Manche Amtsvorträge kopiere ich, aber würde man alles vervielfältigen, wäre der Aufwand zu groß. Dazu steht manchmal der Datenschutz entgegen.«

»Die Freiheitlichen müssen sich die Zeit nehmen, die Unterlagen anzusehen«
Hannes Primus, Bürgermeister (SPÖ)

Ihm werde der Einblick nicht erschwert, die Vorwürfe der FPÖ-Stadträtin kann er nicht nachvollziehen. Der Stadtrat: »Ich höre diesbezüglich auch nichts von den ÖVP-Gemeinderäten. Dinge wie den Nachtragsvoranschlag, bei dem sich Theuermann beschwerte, kann man auch gar nicht kopieren, der hat rund 500 Seiten.« Außerdem gebe es die Möglichkeit, im Stadtrat und in den Ausschüssen nachzufragen. »Dazu gibt es diese Sitzungen schließlich«, sagt Steinkellner.

Auch ÖVP-Gemeinderätin Waltraud Beranek hat »keine Probleme. Ich kann alles anschauen, was ich möchte«. Die Auskünfte seien sehr gut, wenn es Fragen gebe, würden die Beamten sie aufklären, auch über die Hintergründe der Anträge. »Es ist alles in Ordnung«, sagt Beranek.

Bürgermeister Hannes Primus (SPÖ) weist Theuermanns Vorwurf zurück: »Die Akten sind da, man muss sie nur auch einsehen. Die FPÖ nimmt keine Einsicht und lehnt danach Anträge ohne Erklärung ab.« Der Bürgermeister spielt damit auf Theuermann an, die zuletzt im Stadtrat den positiv bilanzierten Stadtwerke-Jahresabschluss 2021 abgelehnt hatte, im Gemeinderat aber zustimmte. Ihre Erklärung: Sie habe die Akten am Vorabend der Sitzung erhalten und musste erst aufgrund eines enthaltenen Fehlers ablehnen. 

Der Bürgermeister: »Die Freiheitlichen müssen sich die Zeit nehmen, die Unterlagen anzusehen. Die K-AGO lässt das Verschicken nicht zu, im Rathaus erhält aber jeder Berechtigte Auskunft. Niemandem werden Steine in den Weg gelegt.«

Der elektronischen Akteneinsicht steht er nach wie vor grundsätzlich positiv gegenüber: »Wenn  die Allgemeine Gemeindeordnung angepasst ist und die benötigte Software zur Verfügung gestellt wird, machen wir es. Das kann aber erst geschehen, wenn das Land die Vorschriften geändert hat.«

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