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Franz Dorner und Robert Gritsch sind sich einig: Es müssen endlich Stromsparmaßnahmen kommen Ausgabe 35 | Mittwoch, 31. August 2022

Der Lavanttaler Energiepionier Franz Dorner und der Sprecher der Bürgerinitiative für ein windradfreies Lavanttal, Robert Gritsch, diskutieren über Windkraftanlagen auf den Lavanttaler Bergen, Methoden zur Energiegewinnung und Stromsparmaßnahmen.

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Was spricht gegen Windkrafträder auf den Lavanttaler Bergen?
Robert Gritsch: Ich bin prinzipiell für erneuerbare Energie, aber irgendwo gibt es eine Grenze, vor allem, wenn es um unsere Landschaft geht. Es gibt eine Menge Argumente gegen Windkrafträder auf unseren Bergen: Das erste ist einmal, das jemanden die Windräder stören könnten. Das zweite ist die Größe der Anlagen. Die Windkrafträder überragen die Bäume um das Drei- bis Vierfache. Wenn jemand auf einem Berg ein Bauwerk errichten wollte, dass 200 Meter hoch ist, hätte er keine Chance. Bei Windrädern ginge es sehr wohl. Ein weiterer Punkt ist die Bodenverdichtung: Im Schnitt ist pro Windkraftrad ein Hektar verdichteter Boden notwendig. Bei 50 Windkrafträdern auf der Koralpe würde das 50 Hektar verdichteter Boden auf Almgebiet bedeuten.

Was spricht für Windkrafträder auf den Lavanttaler Bergen?
Franz Dorner: Der fossile Energieverbrauch der vergangenen Jahrzehnte muss sich grundlegend ändern. Man kann Windkraft nur dort errichten, wo es eine gewisse Windleistung  gibt. Am Bärofen können wir zum Beispiel mit 3.500 Volllaststunden rechnen – ein gewaltiger Beitrag. Der tatsächliche Verbrauch an Boden ist im Vergleich zur Leistung sehr gering. Man braucht im Bau vielleicht einen halben bis einen Hektar Grund, der aufgerissen wird. Wenn das Windrad steht, sind es maximal 2.000 Quadratmeter, die an Schotter übrig bleiben. Auf der Steinberger Alpe wurde rund ein halber Hektar aufgerissen, mittlerweile wurde alles wieder humusiert und wird jetzt begrünt.

Natürlich müssen wir auch Strom sparen, das ist ein wichtiger Aspekt. Das wird nun bei den hohen Strompreisen wohl auch passieren. Aber letztendlich müssen wir entscheiden, was wir wollen. Man hat kürzlich gesehen, was die Unwetter, ausgelöst durch den Klimawandel, verursachen. Und wenn wir bei der erneuerbaren Energie nicht weiterkommen: Die Atomlobby steht in den Startlöchern.

Gritsch: Herr Dorner, Sie haben einmal gesagt, die Almen werden ihren Beitrag leisten müssen. Das stimmt nicht. Die Almen werden überhaupt keinen Beitrag leisten müssen. Der Mensch ist es, der die Zerstörung macht, die Alm kann nichts für unseren Energieverbrauch. Die Frage wird in Zukunft nicht sein, woher werden wir den Strom nehmen, den wir brauchen, sondern, wofür brauchen wir den Strom, den wir erzeugen.

Wenn wir in Österreich die Windenergie massiv ausbauen würden, würde das 0,07 Prozent am Weltklima ändern. Der Prozentsatz an Windenergie an der Gesamtenergie in Österreich liegt bei 1,7 Prozent. Selbst wenn wir das verdoppeln, ist das im Verhältnis zum Gesamtenergiemix sehr wenig und im Verhältnis zum Einfluss auf die CO2-Einsparung minimal.

Dorner: Dass es wenig ist, ist allen klar. Es wurde bisher zu wenig gemacht. Aber jetzt muss ein Schub kommen. Windkraft alleine wird nicht reichen, wir werden Hydro-Solar-Kraftwerke, Photovoltaik-Freiflächen usw. brauchen. Die Windkraft wird aber auch immer besser und effektiver, und es wird mehr werden. Der Anteil der Windkraft wird zehn, zwanzig Prozent werden. Wir dürfen nicht so weitermachen wie bisher.
Gritsch: So einfach ist es nicht.

Wie viele Windräder brauchen wir für zwanzig Prozent Strom aus Windkraft?
Dorner: Wir können 1,5 bis zwei Prozent der österreichischen Staatsfläche für Photovoltaik und Windkraft nützen. Wir brauchen rund 10.000 Windräder und 20.000 Quadratkilometer PV-Anlagen. Auch wenn Österreich nur einen kleinen Beitrag zum Weltklima leisten kann, wir haben ein Mikroklima und wenn wir Richtung erneuerbarer Energie gehen, hat das auch eine Vorbildwirkung.

Gritsch: Es ist richtig, dass es wichtig ist, was jeder Einzelne macht. Aber es ist illusorisch, wenn wir glauben, dass das, was wir in Europa machen, das Weltklima retten wird. Wenn man sich die Pläne der großen Energiekonzerne anschaut, mit dem Abbau von Erdöl, Gas, Abbau in den arktischen Gebieten – da ist etwas in Gang gekommen, das gewaltige Auswirkungen in der Zukunft haben wird. Wie wir das in den Griff bekommen, steht in den Sternen. Auf der ganzen Welt verbrauchen wir zu viele Ressourcen.

Dorner: Da bin ich bei Ihnen. Es müssen Sparmaßnahmen kommen und greifen, so kann es nicht weitergehen. Aber ich glaube, wir werden uns daran gewöhnen müssen, unseren Energieverbrauch in der Landschaft zu erkennen.

Gritsch: Wir werden uns nicht daran gewöhnen müssen. Die Berge sollen der Rest der Natur sein, den wir nicht angreifen und den unsere Kinder, Enkelkinder und Urenkelkinder auch einmal so erleben sollen, wie wir ihn erlebt haben.

Wie werden wir künftig ausreichend Strom produzieren?
Gritsch: Die erste Frage ist, wie können wir Strom sparen. Es gibt österreichweit laut einer Untersuchung von Global2000 ein Sparpotenzial von rund 1,3 Terawattstunden.

Wo liegen diese Sparpotenziale?
Gritsch: Ich bin kein Experte, ich habe die Pläne dazu nicht. Aber es gibt genug Gebäudeflächen, Parkplätze oder verdichtete Flächen, die mit Photovoltaik ausgestattet werden könnten. Auch die ganzen Anlagen auf privaten Häusern sind sehr wichtig. Das ist auch eine gute Vorsorge für ein Blackout, wenn der Einzelne Selbstversorger ist.

Dorner: Ich habe schon vor zehn Jahren vorgeschlagen, dass man auf Autobahnen die ganzen Lärmschutzwände mit Photovoltaikanlagen versieht.

Warum unterstützen viele Gemeinden Windkraftanlagen?
Gritsch: Die Konzerne sind finanziell so gut bestückt, dass sie mit Geld um sich werfen. In Reichenfels wird ein Vertrag mit einem sechsstelligen Betrag pro Jahr gemacht, den die Gemeinde als Entschädigung für die Benutzung der Gemeindestraße bekommt.

Dorner: Aber die Gemeinde stellt dafür Infrastruktur zur Verfügung, und wenn die Gemeinde Geld bekommt, kommt es letztendlich den Bürgern zugute. Wenn man sich zum Beispiel die Steinberger Alpe anschaut: Da wurden Kilometer Stromkabel nun unter der Erde verlegt, es wurde schnelles Internet gemacht. Da wurde die gesamte Infrastruktur verbessert.

Wann ist mit einer Entscheidung bezüglich des Windparks Bärofen zu rechnen und was tun Sie, wenn die Entscheidung gegen Sie ist?
Gritsch: Bei einem Bescheid für den Bau müssen wir uns beraten. Wir haben nicht endlos Geld, um Anwälte zu bezahlen. Wir haben uns auf dieses Projekt konzentriert, weil es eine Schlüsselrolle für die Koralpe spielt. Wenn dieses Projekt genehmigt wird, gibt es keinen Grund mehr, bei anderen Projekten auf der Koralpe nein zu sagen.

Dorner: Wir erwarten den Bescheid im nächsten Monat und hoffen auf eine positive Entscheidung, da wir sämtliche Maßnahmen erfüllt haben. Sollte er negativ sein, dann werden wir trotzdem weitermachen. So ein Projekt kann man nicht mehr stehen lassen.

Was halten Sie von Photovoltaikanlagen auf Freiflächen?
Dorner: Die Agri-Photovoltaik ist schon eine gute Möglichkeit. Ohne Freiflächen wird es künftig nicht gehen.

Gritsch: Nur einen Acker dafür zu verwenden, finde ich grob fahrlässig, da der Bodenverbrauch ohnehin sehr groß ist.

Wie stehen Sie zu E-Autos?
Gritsch: Grundsätzlich ja, wären da nicht einige Dinge, die sauer aufstoßen. Europa hat sich festgelegt, auf E-Mobilität umzusteigen, die Automobilkonzerne sind mehr oder weniger verpflichtet, Elektrofahrzeuge zu erzeugen. Das E-Auto selbst ist nicht das Problem, aber die Batterie. Europa hat nicht die Ressourcen, die Batterien selbst zu erzeugen. Weitere Fragen sind auch, wie lange die Batterien halten und wie sie entsorgt werden. Besser wäre es gewesen, das Konzept des Drei-Liter-Autos weiterzuverfolgen, denn das hätte schon längst massive Einsparungen beim Benzin- und Dieselverbrauch gebracht.

Dorner: Die E-Mobilität ist derzeit nicht der Weisheit letzter Schluss. Sie wird sich natürlich entwickeln und verbessern. Man sollte aber trotzdem nicht den Wasserstoff vergessen. Das ist auch eine Zukunftstechnologie.

Zum Abschluss noch ein Tipp: Wie wird die Volksbefragung zur Windkraft auf der Peterer Alpe ausgehen?
Gritsch: Da kann ich nichts dazu sagen. Die Betreiber haben Infotage abgehalten. Wir, die Initiative für ein windradfreies Lavanttal, denken, dass die Bürger auch eine andere Sichtweise benötigen. Wir werden die Einwohner von Reichenfels am Sonntag, 4. September, um 18 Uhr im Veranstaltungszentrum informieren.

Dorner: Grundsätzlich wäre zu wünschen, dass die Befragung positiv für die Errichtung einer Windkraftanlage auf der Peterer Alpe ausgeht. Gefühlsmäßig glaube ich auch, dass es so ausgehen wird. Aber rechtlich gesehen hat eine Volksbefragung ohnehin keine Bedeutung. Denn auch bei einem Nein der Bürger haben das Land bzw. der Bund trotzdem die Möglichkeit, das Projekt zu realisieren.

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