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Sie wurden am 31. März 2004 zum ersten Mal im Landtag angelobt und waren seither ununterbrochen in diesem Gremium vertreten. Am Donnerstag, 20. März, hatten Sie Ihre letzte Sitzung. Wie war dieser Tag für Sie?
Sehr emotional. Während meiner Rede hatte ich zeitweise einen Kloß im Hals. Besonders gefreut hat mich, dass meine Frau nach 21 Jahren das erste Mal anwesend war – allerdings nicht, um meine Rede zu hören, sondern um sicherzugehen, dass ich wirklich aufhöre. Ich habe mein Mandat zurückgelegt, bleibe aber weiterhin in der Führungsriege der FPÖ Kärnten und im Kabeg-Aufsichtsrat.
Es war meine 283. und letzte Landtagssitzung, dazu kommen eine Vielzahl von Enqueten – ich glaube über 40 –, über 700 Ausschusssitzungen und mehr als 900 Wortmeldungen. Manche sagen, ich hätte mir die ein oder andere ersparen können, was wohl im Nachhinein gesehen stimmen mag.
Durch Ihre Aussagen sind Sie auch zum Namen »Dirty Harry« gekommen. Wie war das?
Das kann ich gar nicht mehr genau sagen. Irgendjemand hat das mal im Landtag gerufen, und es blieb hängen. Wahrscheinlich auch wegen meiner oftmals markanten Aussagen, und da ich mir kein Blatt vor dem Mund nahm. Ich denke mir: Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar.
»Ich nahm mir nie ein Blatt vor den Mund: Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar«
Harald Trettenbrein
Landtagsabgeordneter
Sie sind vor über 27 Jahren in die Politik gegangen. Wie ist es dazu gekommen?
Das war eigentlich ein Zufall. 1994 besuchte Jörg Haider die Firma Pale, wo ich Betriebsrat war, und fragte mich, ob ich bei der FPÖ mitmachen möchte. Damals lehnte ich ab. Drei Jahre später fragte er mich erneut, und ich dachte mir: Warum eigentlich nicht? Dann ging alles sehr schnell. 1998 wurde ich Stadtparteiobmann der FPÖ in Wolfsberg, 1999 zog ich in die Arbeiterkammer ein, 2001 folgte der Einzug in den Nationalrat. Es war ein schneller Aufstieg, den ich so nie erwartet hätte.
Im Jahr 2004 kam ich dann in den Landtag. Als Spätberufener mit damals 47 Jahren war nicht abzusehen, das weitere vier Angelobungen folgen werden.
Was waren prägende Erlebnisse in Ihrer langen politischen Laufbahn?
Ich messe Erfolge daran, was man tatsächlich umsetzen konnte. Alles, was im Land Kärnten und Lavanttal geschaffen wurde, war immer eine Leistung des gesamten Landtags. Eine Leistung im Bezirk, die ich auf meine Fahne hefte, waren Projekte im Bereich Wohnbau, gemeinsam mit dem damaligen Landesrat Christian Ragger. Von 2009 bis 2012 haben wir alleine im Lavanttal 320 neue Wohnungen errichtet, das gab es vorher noch nie und auch seither nicht mehr. Wir haben in Neudau einen neuen Ortsteil geschaffen, Wohnungen im gesamten Tal errichtet und zwei Sozialeinrichtungen für psychisch kranke Menschen geschaffen. Außerdem haben wir den Sozialhilfeverband auf neue Beine gestellt. Großprojekte wie der Koralmtunnel oder die Umfahrungen von Bad St. Leonhard und Völkermarkt wären ohne die FPÖ nicht möglich gewesen.
Gab es für Sie auch Rückschläge in der Politik?
Natürlich. Die Rückeingliederung der Stadtwerke Wolfsberg in die Gemeinde ist ein Beispiel, das nicht gelungen ist – zum Schaden der Wolfsberger Bürger. Auch die Zonierung der Windkraft, bei der ich gegen die Parteilinie gestimmt habe, liegt mir noch immer im Magen. 80 Prozent der Windräder kommen ins Lavanttal, was ich für falsch halte.
Sie hatten zahlreiche Funktion inne. Gibt es eine Funktion, die Sie gerne ausgeübt hätten?
Nein. Ich hatte so viele Funktionen, die ich mir nie erträumt hätte. Ich bin erst mit 47 in die Politik gestartet, und es war nie Teil meines Lebensplans. Alles, was kam, war mehr, als ich je erwartet hätte. Ich war Gemeinderat, Stadtrat, Landtagsabgeordneter, Nationalrat, Vorsitzender des Sozialhilfeverbands, saß in Aufsichtsräten, war Kammerrat in der Arbeiterkammer und vieles mehr.
Sie legen Ihr Landtagsmandat zurück, Sie sind aber weiter Ersatzgemeinderat in Wolfsberg. Wird man Sie nun öfters im Gemeinderat sehen?
Es könnte sein, dass man mich vermehrt im Gemeinderat sehen wird. Da liegt nämlich einiges im Argen in Wolfsberg. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass Bürgermeister Hannes Primus bald wieder gesund zurückkehrt, weil Wolfsberg derzeit komplett führungslos ist.
Es kann nicht sein, dass die Amtsleitung Politik macht und sich nicht um ihre Aufgaben kümmert. Sie sollte besser darauf schauen, dass Gesetze eingehalten werden, wie die Bedeckung von Vorhaben und die Rückführung von ausgeliehenem Geld.
Gerade durch Ihre Aussagen haben Sie auch oft polarisiert. Wurden Sie auch persönlich angefeindet?
Nein, nie. Klar, auf Facebook gibt es immer wieder untergriffige Kommentare, aber diese Postings nehme ich nicht ernst. Im realen Leben wurde ich nie angegriffen. Ich habe sogar sehr gute Beziehungen zu allen Parteien, sogar bis nach Wien.
Wie hat sich die Politik im Laufe Ihre Tätigkeit verändert?
Das Niveau hat sich massiv verändert, und das Ansehen der Politik ist sehr stark gesunken. Dazu haben natürlich auch die ganzen neuen Medien beigetragen, mit Fake News und einer Überflutung an Informationen. Es ist heute nicht leicht, Politiker zu sein. Was mir Sorgen macht, ist die europäische Entwicklung: Wenn nach 70 Jahren wieder von Aufrüstung und Atombomben die Rede ist, wird mir angst und bange. Und dann will die EU Dieselautos verbieten, während Panzer sicher nicht elektrisch fahren. Da stimmt etwas nicht.
Es haben sich aber auch die Politiker selbst verändert. Wenn es geheißen hat, am Wochenende sind sieben, acht, ja oft zehn Termine zu machen, dann wurden sie gemacht. Heute sind für viele zwei Termine schon zu viel. Dabei ist die Anwesenheit bei all diesen Terminen eine Wertschätzung der jeweiligen Vereine oder Veranstalter. Für mich hatte die Politik immer das Ziel und die Aufgabe, das Leben der Menschen in unserem Land besser zu machen.
Sie haben nun ja wieder mehr Freizeit, wie werden Sie die verbringen?
Was Freizeit? Mir wird die Arbeit sicher auch in Zukunft nicht ausgehen. Da ich weiter im Gemeinderat, im Aufsichtsrat der Kabeg und im Präsidium der FPÖ Kärnten bin, werde ich weiter ehrenamtliche Tätigkeiten ausüben und Interventionen machen. Es kommen nach wie vor viele Menschen hilfesuchend zu mir, denen ich weiterhelfen werde. Dafür habe ich mir einen Namen gemacht.
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