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Die St. Andräer Bürgermeisterin Maria Knauder sagte in einem Zeitungsbericht über Schäden an der Domkirche: »Unser Kleinod darf nicht zusammenbrechen.« Wie bewerten Sie den aktuellen Zustand der Kirche in St. Andrä?
Grundsätzlich ist die Bausubstanz der Kirche in Ordnung. Trotzdem sind dringend umfassende Sanierungsmaßnahmen notwendig. Es gibt Risse in den Wänden, die Fenster sind undicht, Farbe bröckelt ab und die Fresken sind in einem katastrophalen Zustand. Es ist nicht so, dass die Kirche nun bald zusammenbrechen wird. Aber es braucht ein Bekenntnis, dass die Kirche erhalten bleiben soll. Wenn wir so weitermachen wie bisher, wird der Zustand des Gotteshauses in 20 Jahren dramatisch sein und wir müssen sie schließen.
Sie sind seit 14 Jahren Stadtpfarrer in St. Andrä. Woran scheitert die Sanierung?
Seit meinem Amtsantritt habe ich bei der Diözese immer wieder auf Missstände hingewiesen, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Leider hat sich noch nichts getan. Jedes Jahr frage ich nach bezüglich einer Kostenschätzung und eines Fahrplans für die Sanierung, erhalte aber nie eine Antwort. Man darf natürlich nicht vergessen, dass die Diözese mit einem Jahresbudget von 2,5 Millionen Euro über 1.000 Kirchen bedienen muss.
Gibt es von Seiten der Pfarre St. Andrä überhaupt Mittel für eine Sanierung?
Als 1859 der Bischofssitz von St. Andrä nach Maribor verlegt wurden, gingen alle kirchlichen Besitzungen an die Jesuiten über. Und die haben diese dann verkauft. Das war keine gute Vorgehensweise, es gab auch keine Absprache mit der Kirche, wir wurden einfach vor vollendete Tatsachen gestellt.
Es sind uns lediglich ein paar Hektar Wald, der ertraglos ist, übrig geblieben. Außerdem gibt es ein Grundstück, bei dem wir uns überlegen, wie wir es verwerten könnten, damit wird selbst einen Baustein legen und mit Sanierungen beginnen könnten.
Die Pfarre hat – außer Spenden und die Vermietung eines Parkplatzes an die Gemeinde St. Andrä, was 2.000 Euro pro Jahr bringt – keine Einnahmen.
Steht anstelle einer Sanierung auch die Schließung der Kirche zur Diskussion?
Die Frage stand im Raum. Was geschieht mit der Kirche, braucht man zwei Kirchen in so unmittelbarer Nähe? Kann es sich die Diözese überhaupt leisten? Etwas so Geschichtsträchtiges wie die Domkirche aufzugeben, ist für mich kein Thema. Diese Kirche ist ein wesentlicher Teil der Kärntner Kirchengeschichte. Die Domkirche ist älter als der Gurker Dom. Sie fand ihre erste Erwähnung bereits 880, damals noch ohne Namen, 890 wurde sie bereits als Andreas-Kirche bezeichnet. Es ist auch wichtig in Zeiten wie diesen, in denen viele Kulturen um sich greifen, unsere eigene zu pflegen. Eine friedliche Koexistenz der Kulturen geht nur, wenn ich meine eigene Kultur ernst nehme, aber nicht fundamentalistisch. Erst dann wird mich auch der andere ernst nehmen. Das sehe ich als Problem der katholischen Kirche. Es fehlt an einem gesunden Selbstbewusstsein. Wir biedern uns dem Zeitgeist an und merken nicht, wie die wesentlichen Dinge verloren gehen. Es ist gut, die Sprache der Zeit zu sprechen, aber Inhalte dürfen nicht bis zur Unkenntlichkeit verbogen werden.
Kommen wir noch einmal zur Sanierung zurück: Gibt es von Ihrer Seite Pläne dafür?
Unser Ansatz muss ganzheitlich sein. Es geht nicht nur um die Kirche, sondern auch den Arkadenhof, die Terrassen und den Probsthof. Die Domkirche soll künftig nicht nur als Ort liturgischer Feiern dienen, sondern auch öffentlich zugänglich sein – als Veranstaltungsort für Theater, Konzerte und andere kulturelle Events. Wir haben hier eine mögliche Location, die man weit suchen muss.
Sie haben früher auch die finanzielle Lage der Diözese angesprochen. Wieso gibt es eigentlich zwei große Kirchen in St. Andrä, nur hunderte Meter entfernt?
Um 1680 wollte der damalige Bischof aus Repräsentationsgedanken eine große Barockkirche in St. Andrä haben. Und so wurde in den Jahren 1683 bis 1687 die heutige Basilika errichtet. Die alte Kirche wollte er aber nicht abreißen, da sie ja die Domkirche war.
Zwei Kirchen bieten auch viele Möglichkeiten. Ich könnte mir vorstellen, zu bestimmten Anlässen eine Prozession von der einen zur anderen Kirche zu führen.
Da steckt viel Potenzial dahinter, das genutzt werden muss. St. Andrä muss sagen, wir sind keine Industriestadt, keine politische Metropole, aber wir haben eine außergewöhnliche kirchliche Geschichte, die bis in das 9. Jahrhundert zurückreicht. Und es muss auch die Wallfahrt in St. Andrä ausgebaut werden.
Im Mai finden erstmals die Domspiele in St. Andrä statt. Werden die Einnahmen daraus für die Sanierung der Kirche verwendet?
Wir rechnen im ersten Jahr der Domspiele weder mit Gewinn noch mit Verlust. Doch langfristig sollen die Einnahmen aus solchen Veranstaltungen natürlich auch dabei helfen, den Erhalt der Kirche und ihres Umfelds – Arkadenhof, Außenbereich – zu finanzieren. Ich denke, dass die Domspiele gut angenommen werden, aber es ist ein Balanceakt zwischen traditionellem geistlichen Leben und innovativen Nutzungsansätzen.
Sie haben auch anklingen lassen, im heurigen Sommer weitere Veranstaltungen in der Domkirche abzuhalten. Gibt es schon Konkretes?
Im Juni werden wir, wie bereits im Vorjahr, wieder die Veranstaltung »Lyrik unter Sternen« anbieten. Und im Juli wird es vier Opernaufführungen geben. Gespielt wird »Der Liebestrank« von Gaetano Donizetti. Wenn das Wetter passt, finden die Veranstaltungen im Arkadenhof statt, ansonsten in der Domkirche.
Sie sind nicht nur Stadtpfarrer in St. Andrä, sondern auch für die Jahresausstellung im Benediktinerstift St. Paul verantwortlich. Was gibt es dort in diesem Jahr zu sehen?
Die Ausstellung heißt »Schatzhaus Kärntens – Universum Wissen«. Parallel dazu habe ich die regelmäßige Ausstellung im Benediktinerstift St. Paul komplett umgestaltet. Wir zeichnen damit die Geschichte des Lavanttals von den Anfängen bis in die Gegenwart nach – mit wechselnden Schwerpunkten, etwa im Nordflügel, wo heuer der Künstler Walter Melcher im Dialog mit historischen Objekten stehen wird.
// Zur Person
Gerfried Sitar wurde am 19. Mai 1968 in Kötschach-Mauthen geboren. 1987 trat er in das Benediktinerstift St. Paul ein und begann 1988 die Ordensausbildung im Stift Göttweig. Anschließend studierte Sitar an der Universität Salzburg Theologie und Kunstgeschichte.
Seit 1996 leitet er das Museum im Benediktinerstift, von 2016 bis 2018 war er Bischofsvikar für Bildung, Kunst und Kultur.
Sitar ist Dechant und Stadtpfarrer von St. Andrä sowie Pfarrer der Pfarren Pölling und St. Martin im Granitztal. Außerdem wirkt er als Vorsitzender der Kunstkommission der Diözese und Direktor des Museums im Stift St. Paul.
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