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Lavanttaler Geflügelproduzenten erhalten für ihre Hühner nun weniger Geld – Züchter auf Barrikaden Ausgabe 49 | Mittwoch, 8. Dezember 2021

Statt bisher 1,51 Euro gibt es nur mehr 1,46 Euro pro Kilo grillfertiges Hühnerfleisch, also um fünf Cent weniger. Produzent Franz Dorner spricht von einem Verlust von 70.000 Euro pro Jahr und verlangt Maßnahmen. Landwirtschaftsministerin nimmt Stellung.

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Lavanttal. Diese Nachricht treibt den Kamper Geflügelzüchter Franz Dorner – und wohl auch seine Kollegen – auf die Palme. In einem Rundschreiben erfuhr er zuletzt, dass er bis auf weiteres fünf Cent weniger pro Kilo grillfertiges Hühnerfleisch bekommen wird.

Statt bisher 1,51 Euro gibt es jetzt nur mehr 1,46 Euro. »Das bedeutet für meinen Betrieb, der laut AMA mit Güte eins eingestuft ist, einen Einkommensentgang von 60.000 bis 70.000 Euro pro Jahr«, sagt Dorner, »obwohl in den Geschäften der Verkaufspreis bis zu 45 Prozent gestiegen ist.« Er hat auch einen Schuldigen geortet: den Lebensmittelhandel, das heißt die darin vertretenen Großkonzerne. »Sie werben mit Bauernhof-Garantie und dem AMA-Siegel«, so der Geflügelproduzent, »wollen aber keine kostendeckenden Preise zahlen. Es wird aber nicht anders gehen, wenn eine heimische Produktion gewollt wird.« Laut ihm müssen die Politik und die Berufsvertretung, also die Landwirtschaftskammer, nun »Druck machen«, denn: »Nachhaltigkeit muss gelebt werden.«

»So werden die Kunden belogen und betrogen und die Bauern verschwinden«
Franz Dorner, Geflügelproduzent

Dorner sieht den gesenkten Preisen »explodierende Produktionskosten« gegenüber: Bau, Erhaltung, Arbeit oder Maschinen – alles sei teurer geworden. »Auch Tierauslese, Hygiene und Waschmittelpreise steigen enorm. Viele Betriebe schaffen die Hygiene nicht mehr – deshalb nimmt auch die Salmonellenproblematik zu, weshalb ganze Herden gekeult werden müssen, auch in Kärnten«, so der Kamper Züchter. Während er laut den Vorgaben maximal 30 Kilo Lebendgewicht pro Quadratmeter – also 19 Hühner – produzieren darf, sind es in Deutschland 38 Kilo, in Italien 42 Kilo. Dorner: »Das AMA-Gütesiegel ist nur für österreichische Produzenten streng. Von den Handelskonzernen und der Gastronomie werden Geflügel auf Teufel komm raus eingeliefert. Wenn diese Massenimporte in Österreich bearbeitet werden, gilt auch das AMA-Gütesiegel. So werden die Kunden belogen und betrogen und die Bauern verschwinden. Und wenn es ans Zahlen geht, werden wir von den Konzernen erpresst. Die Handelskonzerne scheffeln auf dem Rücken der Bauern Geld!«

Existenzen gefährdet

Schon jetzt sieht er die Existenz der Geflügelproduzenten gefährdet. Werden Politik und Kammer nicht aktiv und führen eine Besserung der Lage herbei, fürchtet Dorner das »Verschwinden der heimischen Produktion. Dann kommen die Hühner nur mehr aus dem Ausland. Seit dem EU-Betritt Österreichs haben rund ein Drittel der Züchter aufgegeben.«

»Bei diesem Spiel können wir als Gesellschaft nicht mehr mitmachen«
Elisabeth Köstinger, Landwirtschaftsministerin

Doch gerade die Berufsvertretung habe »leider seit Jahren nichts auf die Reihe gekriegt, bis heute fehlt es an einer umfangreichen Herkunftsbezeichnung«, sagt der Kamper Landwirt.

Mit Dorners Fall konfrontiert, sagt Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP): »Drei Handelsketten stehen in Österreich 150.000 Bäuerinnen und Bauern gegenüber. Sie haben eine Marktmacht, die sie am Rücken der Bäuerinnen und Bauern eiskalt ausnützen. In der Werbung ist immer alles bio und zu 100 Prozent ökologisch, aber am Regal schlägt der Preishammer eiskalt Tag für Tag zu. Die Handelsketten sind oft nicht bereit nur wenige Cent mehr zu bezahlen. Bei diesem Spiel können wir als Gesellschaft nicht mehr mitmachen.«

Am Regal entscheiden

Jeder habe die Chance, sich am Regal für heimische Produkte zu entscheiden oder direkt ab Hof einzukaufen. »Unterstützen Sie unsere kleinstrukturierte Landwirtschaft«, so Köstinger, der es nicht gefällt, dass der Umgang mit den Landwirten »teilweise unwürdig« sei: »Was es braucht, sind faire Preise für unsere Bäuerinnen und Bauern.« 

Zuletzt kündigt die Landwirtschaftsministerin an: »Ab März 2022 wird es eine Ombudsstelle im Ministerium geben,  an die sich Bäuerinnen und Bauern wenden können, wenn sie ungerecht bzw. gesetzeswidrig behandelt werden!«

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