Artikel
Bad St. leonhard. Es ist nicht jedermanns Sache, in einen Behälter zu greifen, in dem es von kleinen Würmern nur so wuselt. Für Andreas Koitz kein Problem. Immer wieder fasst er in die flache Kiste, lässt die Larven des Mehlkäfers durch seine behandschuhten Finger rieseln und erklärt sachlich die Fakten.
Die da sind: Der 30-Jährige züchtet seit eineinhalb Jahren mit seiner Lebensgefährtin Lisa Schaden auf ihrer »Wurmfarm« (Anm: Ja, die heißt wirklich so!) am Wartkogel in Bad St. Leonhard essbare Insekten. Wenn die beiden ihr Ziel, 80 Kilo Mehlwürmer pro Monat zu produzieren, in Kürze erreicht haben, geht die »Ernte« an den Wiener Großhändler »Zirp«, der sie an die Gastronomie weiter verkauft. 30 Euro muss der Feinschmecker derzeit für einen Kilo Würmer auf den Tisch legen.
Ihren Anfang nahm die »Wurmfarm« bei einem der ersten Dates von Lisa und Andreas. Koitz: »Wir waren bei einer Genussveranstaltung, wo auch ›Zirp‹ essbare Insekten anbot. Ich sagte zu Lisa: ›Das wäre doch etwas‹, und sie meinte: ›Ja, ich habe schon während des Studiums Mehlwürmer gezüchtet.‹« Eine Woche später kam die heute 28 Jahre alte studierte Mikrobiologin mit 250 Gramm Mehlwürmer auf den früheren Bergbauernhof in 1.000 Meter Seehöhe, den Koitz mit seiner Familie bewohnt – die »Zuchtanstalt« war geboren.
Mittlerweile dient ein 30 Quadratmeter großer Raum im ehemaligen Stadl als »Brutkasten« für die etwa drei Zentimeter langen Mehlwürmer. Die Insekten leben auf einem Nährboden, der auf Weizenkleie basiert. Die genaue Zusammensetzung ist ein selbst entwickeltes und streng gewahrtes Betriebsgeheimnis. Ihr Lebenszyklus durchläuft vier Stadien: Ei, Larve, Puppe, Käfer. Der überwiegende Teil der Larven wird »geerntet«, verkauft und gegessen. Ein Teil lebt als Puppen und danach als Käfer weiter, um den Nachwuchs sicherzustellen. Die Tierchen sind äußerst vermehrungsfreudig: In vier Monaten verfünfzigfacht (!) sich ihre Gesamtmasse.
Ein Wurm wird erforscht
Schaden ist dabei, die Mehlwürmer gründlicher zu erforschen. Laut Literatur werden sie etwa 1,5 Monate alt und legen in ihrem Leben 150 Eier. Auf der Wurmfarm gibt es allerdings Exemplare, die bereits vier Monate alt sind. »Liegt das an den idealen Lebensbedingungen, die wir geschaffen haben, oder leben sie länger, als die Forschung bisher annimmt?«, nennt Schaden die Fragestellungen.
Experimente laufen auch mit dem Schwarzkäfer, dessen Larven sechs Zentimeter groß sind. Koitz: »Wir wollen schauen, ob sie als Lebensmittel geeignet sind«, sagt Koitz, hauptberuflich im medizintechnischen Vertrieb tätig. Wenn die Anlage so weit gewachsen ist, dass sie 500 Kilo Insekten pro Monat produziert – also in etwa zwei Jahren – will er sich nur mehr der Zucht widmen. Bis dahin gilt es, Hemmschwellen zu überwinden und das Thema »Wir essen Insekten« massentauglich zu machen, woran er mit Betriebsführungen eifrig werkt. Ist es vollbracht, will Koitz ein »Wurmfarm«-Franchise-System aufziehen.
Wie schmeckt´s?
Die entscheidende Frage dafür wird zuletzt beantwortet: Wie schmeckt so ein »Wurm«? Sehr lecker, ein wenig wie Popcorn, stellten die Unterkärntner Nachrichten nach dem Genuss einer Hand voll Larven fest. Mmhh!
0 Kommentare Kommentieren
Keine Kommentare gefunden!