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Gerhard Oswald: »Die Politiker müssen jetzt generationenübergreifend denken« Ausgabe 7 | Mittwoch, 12. Februar 2025

Wirtschaftskammer-Bezirksstellenobmann Gerhard Oswald (60) spricht über die Chancen der Koralmbahn und betont die Bedeutung gemeinsamer Anstrengungen für einen Aufschwung im Lavanttal.

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Herr Oswald, welche konkreten wirtschaftlichen Impulse erwarten Sie durch die Inbetriebnahme der Koralmbahn für den Bezirk Wolfsberg?
Der Bezirk Wolfsberg befindet sich mit dem Bezirk Deutschlandsberg in der Steiermark im Herzen eines neuen Wirtschaftsraums, der durch die Koralmbahn entsteht. Wenn wir jetzt unsere Hausaufgaben machen, können wir einen ähnlichen wirtschaftlichen Aufschwung erleben wie seinerzeit durch den Bau der A2. Die Koralmbahn allein bringt uns noch nicht weiter – wir müssen sicherstellen, dass unsere Region optimal an die Bahn angebunden wird. Dazu sind alle relevanten Stakeholder gefordert. Es geht darum, die Erreichbarkeit der Gemeinden von Reichenfels bis  Lavamünd und St. Paul zu verbessern und die Fahrzeiten zu verkürzen.

Von Kärnten aus gesehen, sind wir sind der führende Bezirk. Es gibt im Lavanttal 4.000 Unternehmer, 21.000 Arbeitsplätze und 810 Lehrlinge und wir haben das höchste Brutto-Medianeinkommen und zur Zeit die niedrigste Arbeitlosenquote in Kärnten.

Wie können lokale Unternehmen optimal von den neuen Verkehrsverbindungen profitieren?
Bewusstseinsbildung ist hier das Stichwort. Viele in der Bevölkerung haben noch nicht realisiert, welche Möglichkeiten die Koralmbahn bietet. Es ist wichtig, dass alle an einem Strang ziehen. Unternehmen können durch die verbesserten Verbindungen neue Märkte erschließen. Nehmen wir zum Beispiel einen lokalen Produzenten: Mit der Bahn ist sein Produkt für Kunden erreichbar, die weit über das Tal hinaus ansässig sind. Natürlich gibt es Befürchtungen, aber eine positive Entwicklung erfordert auch positives Denken – trotz der vielen Aufgaben, die noch vor uns liegen.

Welche infrastrukturellen Maßnahmen sind notwendig, um das volle Potenzial der Koralmbahn auszuschöpfen?
Im Lavanttal ist das Thema der Anbindung der Ortschaften an die Koralmbahn sehr wichtig. Die Wirtschaftskammer, Bürgermeister des Tals und angrenzender Bezirke haben dazu im Parlament eine Petition eingereicht, um die Verkehrsinfrastruktur von Reichenfels bis Dravograd auszubauen. Auch der geplante Technologiepark Lavanttal in St. Paul ist unabdingbar. Das Lavanttal liegt im Zentrum zwischen Klagenfurt und Graz. Ein Technologiepark mit einem innovativen Schwerpunkt wird derzeit erarbeitet. Wichtig ist, dass wir schnell handeln und alle gemeinsam überlegen, wie wir das umsetzen können. Hier ist insbesondere die öffentliche Hand gefordert.

Inwiefern sehen Sie die Koralmbahn als Chance für den Tourismus?
Die Bahn eröffnet uns enorme Möglichkeiten im Tourismus. Wenn wir uns mit der Steiermark vernetzen, können wir unsere Skigebiete und Wanderwege besser vermarkten. Es gibt bereits Gespräche über grenzüberschreitende Projekte mit Deutschlandsberg, zum Beispiel auf der Weinebene. Die Idee ist, Rundreisen zu schaffen, bei denen Menschen beide Seiten kennenlernen. Dafür müssen wir Konzepte entwickeln, die sowohl Sommer als auch Winter abdecken.

Wie fördert die Wirtschaftskammer die Zusammenarbeit zwischen der Steiermark und Kärnten innerhalb der Area Süd?
Wir – Kärnten und Steiermark – haben österreichweit als erste Bezirksstellen bezirksübergreifende Ausschusssitzungen initiiert, etwa mit Völkermarkt, Deutschlandsberg und Voitsberg. Der ständige Kontakt bringt viele fruchtbare Ideen hervor. Es geht darum, alle relevanten Partner zu motivieren und gemeinsam zu schauen, wo Potenziale liegen. Wir sind erst am Anfang, aber es ist wichtig, die Menschen zu sensibilisieren und über Grenzen hinweg zu denken.

Wie ist der aktuelle Stand beim Technologiepark in St. Paul?
Über den genauen Stand bin ich jetzt nicht informiert. Derzeit gibt es eine Umfrage bei Unternehmen, um herauszufinden, was sie brauchen und wie sie sich einen interkommunalen Technologiepark vorstellen können. Bildungseinrichtungen sind ebenfalls gefordert, zu überlegen, wie sie mit einem solchen Park kooperieren können. Die Technische Universität Graz hat einen hohen Stellenwert und eine Zusammenarbeit des Parks mit ihr wäre ideal. Es soll ein Ort für Forschung und Entwicklung entstehen. Noch gibt es keinen konkreten Termin für einen Spatenstich, aber es wird intensiv daran gearbeitet.

Was sind die Hauptziele des geplanten Technologieparks und welche Technologien stehen im Mittelpunkt?
Der Fokus liegt auf nachhaltigen Technologien und einer nachhaltigen Wirtschaft. Das passt gut zu den Strukturen bei uns. Wir möchten ein Umfeld schaffen, in dem Innovation gedeihen kann und das attraktiv für Unternehmen und Fachkräfte ist.

Wie möchten Sie sicherstellen, dass die lokale Bevölkerung von den Entwicklungen rund um die Koralmbahn und den Technologiepark profitiert?
Wichtig ist, dass wir die Menschen mitnehmen. Sie müssen sehen, dass die großen Projekte, die wir jetzt anstoßen, für die kommenden Generationen von Vorteil sind. Es geht nicht darum, alles sofort perfekt zu lösen, sondern langfristig zu denken und gemeinsam an einem Strang zu ziehen.

Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Umsetzung dieser Großprojekte und wie wollen Sie ihnen begegnen?
Eine der größten Herausforderungen ist, das Periodendenken zu überwinden. Wir sprechen hier von Generationenprojekten – Maßnahmen, die wir heute setzen, werden vielleicht erst in 15 Jahren Früchte tragen. Es erfordert Mut und Weitsicht, über den Tellerrand hinauszublicken und gemeinsam ein größeres Bild zu zeichnen. Alle relevanten Akteure – Politik, Wirtschaft, Bildungseinrichtungen – müssen zusammenarbeiten.

Was wünschen Sie sich von der Politik, um die Rahmenbedingungen für diese Projekte weiter zu verbessern?
Ich wünsche mir, dass die Politik generationenübergreifend denkt und handelt. Wir müssen jetzt die Grundlagen schaffen, damit kommende Generationen davon profitieren können. Dazu gehört auch, über regionale Grenzen hinweg zu kooperieren und gemeinsame Strategien zu entwickeln. Es geht darum, den Wirtschaftsraum Südösterreich international zu positionieren und Menschen für unsere Region zu begeistern.

Wie beurteilen Sie die langfristigen Auswirkungen der Koralmbahn und des Technologieparks auf die Wettbewerbsfähigkeit der Region?
Ich bin überzeugt, dass diese Projekte unsere Wettbewerbsfähigkeit erheblich steigern werden. Es wird für die kommenden Generationen großartig sein, in einer Region zu leben und zu arbeiten, die sich so dynamisch entwickelt. Wir haben die Chance, dabei zu sein, wenn ein neuer Wirtschaftsraum entsteht, und die Verpflichtung, aktiv mitzuwirken, damit es optimal wird.

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