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Peter Hauser: »Ich bin allen Wildtieren der Erde begegnet, gefährlich war immer nur der Mensch« Ausgabe 45 | Mittwoch, 9. November 2022

Mit 28 Jahren war Peter Hauser (58) der jüngste Bezirkskommandant der Gendarmerie. Den Unterkärntner Nachrichten erzählt er über seine Karriere, die Umstellung von der Gendarmerie auf die Polizei, spektakuläre Fälle im Tal und gibt Einblicke in sein Privatleben.

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Vor 30 Jahren, im Alter von nur 28 Jahren, wurden Sie zum Bezirkskommandanten der Gendarmerie in Wolfsberg bestellt. Sie waren der jüngste Bezirkskommandant Österreichs. Wie haben Sie das geschafft?
Nach der Offiziersausbildung war ich eineinhalb Jahre in Bruck/Leitha im Gendarmerieabteilungskommando stellvertretender Abteilungskommandant. Ich war  für drei Bezirke verantwortlich: Wien Umgebung, Bruck/Leitha und Gänserndorf. Dann gab es eine Organisationsreform bei der Gendarmerie: In jedem Bezirk wurde eine Offiziersplanstelle geschaffen. Das war mein Sprungbrett nach Hause. 

Im Juli 2005 kam es zur Umstellung von der Gendarmerie zur Polizei. Wie war das für Sie?
Für mich hat sich nicht viel geändert. Manche ältere Kollegen hatten Probleme wegen der Traditionen von Gendarmerie und Polizei. Wie wir heißen, war mir egal. Ich war schon  immer ein Mensch, der für Veränderungen offen ist.

Wie hat sich die Polizeiarbeit generell in den vergangenen Jahren  verändert?
Es wurde alles komplexer. In den 1990er Jahren gab es wenige Sonderverwendungen innerhalb der Polizei. Da gab es gerade die Cobra und Alpinpolizei. Heute gibt es viele Spezialisierungen. Mit den alten Strukturen könnten wir die Herausforderungen nicht bewältigen. Man  braucht Spezialisten in allen Bereichen – IT, Verkehr, Kriminalpolizei usw. 

An welche Erlebnisse  in den vergangenen 30 Jahren erinnern Sie sich?
Die Morde sind alle in lebhafter Erinnerung, das sind einschneidende Erlebnisse, die man nicht aus dem Kopf bekommt. Aber auch Suchaktionen bleiben in Erinnerung. Es gab zahlreiche Sucheinsätze auf der Sau- und Koralm, bei denen wir Menschen suchen mussten, die sich in der Nacht oder bei Sturm und Nebel verlaufen hatten. Wenn man die wieder findet, sind das schöne Erlebnisse.

Am schlimmsten ist es immer, wenn Kollegen verunglücken. In meiner Zeit als Alpinpolizist sind sechs meiner Freunde und Kollegen tödlich verunglückt. Das sind  Momente, die man nicht mehr vergessen kann.

Was war Ihr spektakulärster Fall?
Das ist schon lange her. Damals hat ein geistig beeinträchtigter Mann seine Mutter in einem stundenlangen Martyrium umgebracht, und das Einschreiten am Tatort war in einem echt gespenstischem Ambiente.

Gut in Erinnerung ist auch ein Fall, bei dem ein Jugendlicher auf seine Schwester aufpassen sollte und offensichtlich damit überfordert war. Er hat sie dann einfach umgebracht und eine Entführung vorgetäuscht. 

Was haben Sie in Ihrer Zeit als Kommandant alles erreicht bzw. geschafft?
Ich habe lange Zeit um die nötige Infrastruktur für den Einsatzkommandanten vor Ort – was braucht er, um effektiv arbeiten zu können? – gekämpft und sie auch einführen können. Es wurden neue System geschaffen, die das Arbeiten effizienter machen. 

Wichtig war für mich, neue Kooperationen zu eröffnen, zum Beispiel mit NGOs. Die waren lange Zeit eher ein Feindbild. Das hat sich aber gewandelt, die Polizei hat sich für das Miteinander geöffnet.

Wo liegen die aktuellen Herausforderungen?
Auf alle Fälle im Bereich der Cyber-Kriminalität. Es tauchen aber immer wieder neue Kriminalitätsformen auf. Eine weitere Herausforderung ist die sinkende Dialogbereitschaft in der Bevölkerung – aber das ist ein gesellschaftliches Problem. Die Polizei verfolgt eine 3D-Philosophie: Dialog, Deeskalation, Durchsetzen. Das umzusetzen wird immer schwieriger. Zunächst waren es die Staatsverweigerer. Jetzt sind es Covid-Leugner, Putin-Befürworter, Klimawandelleugner, die nicht dialogbereit sind. Es bleibt nichts anderes übrig, als das Recht mit Gewaltmaßnahmen durchzusetzen. Wir wollen das zwar nicht, aber es gibt oft keinen anderen Weg. 

In den ersten beiden Jahren der  Corona-Pandemie hatte die Polizei einen enormen Arbeitsaufwand durch zusätzliche Tätigkeiten wie Überprüfung der Quarantäne, Zustellen der Bescheide usw. Ist der Arbeitsaufwand jetzt zurückgegangen?
Es gab neue Aufgaben, dafür sind einige weggefallen. Es gab zum Beispiel weniger Veranstaltungen, weniger Verkehr. Die Aufgaben haben sich verlagert, aber ausgeglichen.

Die größte Herausforderung für die Polizei war es, mit der sich rasch ändernden Gesetzeslage umzugehen. Wir haben das recht gut bewerkstelligt. Wir waren nicht fehlerfrei,  aber sehr gut.

Eine große Herausforderung war natürlich, dass es auch bei der Polizei krankheitsbedingt immer wieder viele Ausfälle gab. Wir mussten zeitweise mit wenig Personal den Regeldienst aufrechterhalten.

Es gibt immer wieder Rufe nach mehr Polizisten. Haben wir genügend Beamte?
Das ist eine politische Frage. Wir können die gestellten Herausforderungen mit dem jetzigen Personal erfüllen. Um die Überstundenbelastung zu reduzieren, könnte man mehr Personal benötigen.

Im Bezirk wurden in den vergangenen Jahren Polizeiinspektionen geschlossen. Gab es negative Auswirkungen?
Die Schließung von Polizeiposten war  ein Aufreger, aber das hat sich gelegt. Ich kann mit der aktuellen Infrastruktur unsere Aufgaben besser bewältigen als mit vielen Polizeiinspektionen, bei denen ich nur wenige Beamte habe und die dadurch auch viele administrative Tätigkeiten erledigen müssten. Die Strukturreform war notwendig und sinnvoll.

Sie haben beim Ironman auf Hawaii mitgemacht. Sind Sie noch aktiv?
Wettbewerbe mache ich schon lange nicht mehr mit. Aber ich fahre noch gerne mit dem Fahrrad durch die großen Wüsten und Gebirgszüge dieser Welt. Jetzt gab es coronabedingt eine Pause, aber ich möchte schon noch einige größere Touren machen. Regelmäßig fahre ich mit dem Fahrrad ans Meer.

Was waren herausragende Erlebnisse bei diesen Touren?
Insgesamt habe ich sechs lange Solo-Radexpeditionen in Afrika, Süd- und Nordamerika gemacht. Da wird man auch mit unvorhersehbaren Ereignissen konfrontiert wird. Ich bin dabei so ziemlich allen Wildtieren der Erde begegnet – Löwen, Wölfe, Bären usw. – es gab mit ihnen aber nie eine gefährliche Situation. Nur mit den Menschen gab es immer wieder Probleme, die wollten mich überfallen, ausrauben usw.

Wie haben Sie in solchen Situationen reagiert?
Manche Leute kann mit Schmäh nehmen, oft lässt sich die Lage mit Reden entspannen, manchmal hilft nur die Flucht. Es ging aber immer alles glimpflich aus.

Sie sind oft in den USA unterwegs. Was fasziniert Sie an diesem Land?
Alle zwei bis drei Jahre unternehme ich mit meiner gesamten Familie eine Wohnmobil-Reise in den USA. Mittlerweile hat sich die Familie vergrößert, bei der sechsten Reise waren wir zu acht und mit drei Generationen vertreten. In einem Wohnmobil cruisen wir kreuz und quer durchs Land und tauchen in verschiedene Kulturen, Religionsgemeinschaften oder Hippie-Kommunen ein. Dadurch wird das Schubladendenken minimiert und Vorurteile abgebaut. Auch wenn wir den USA in vielen Aspekten kritisch gegenüberstehen, gibt es wohl kein Land, das eine größere Vielfalt von Menschen beherbergt.

Es wird erzählt, dass Sie zu Ausbildungen Hunderte Kilometer mit dem Fahrrad gefahren sind. Was ist da Wahres dran? 
Während meiner Zeit als Leistungssportler war sehr viel mit dem Rad unterwegs. Oft habe ich das auch mit dem Beruflichen verbunden. So bin ich zum Beispiel zu den Alpinkursen in Heiligenblut oder zu Workshops in Innsbruck und Kursen in Wien mit dem Rad gefahren. Das machte Spaß.

Sie haben auf Ihre Garage ein Bild von Kurt Cobain (Anm.: Sänger der Band Nirvana) gemalt.
Kurt Cobain war mein Idol, er war ein Ausnahmemusiker, ein Kultbegriff. Ich war von ihm schon immer fasziniert und habe auch sein Elternhaus in den USA besucht.

Malen Sie öfters?
Ja, aber nur hobbymäßig. Ich habe ein paar Werke von mir zu Hause. 

Sie sind strikter Anti-Alkoholiker. Haben Sie je Alkohol getrunken?
Meinen letzten Kaffee habe ich 1986 getrunken, er schmeckt mir einfach nicht. Alkohol habe ich noch nie getrunken. 

Was sagen Sie zur angestrebten Legalisierung von Cannabis? 
Ich halte nichts davon. Einstiegsdrogen sind Alkohol und Nikotin. Wenn man weiß, welchen Schaden die schon anrichten, möchte ich keine Stufe höher gehen. Schon die Einstiegsdroge Alkohol bringt unsägliches Leid im familiären Bereich und in der Gesellschaft.

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