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»Hätte jeden treffen können« – sechs Jahre Haft für Steirer, der einem Lavanttaler das Auge ausschlug Ausgabe 8 | Mittwoch, 21. Februar 2024

Der Vorfall mit fatalen Folgen ereignete sich im Oktober in einem bekannten Wolfsberger Lokal. Nach einer Berührung im Vorbeigehen schlug ein 38-Jähriger einem völlig Fremden ein Weinglas ins Gesicht. Richter Liebhauser-Karl betonte die Brutalität der Attacke.

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Unterkärntner Nachrichten Redakteur Horst Kakl Von Horst Kakl kaklno@spamunterkaerntner.at
Links: Der Steirer erschien in einem blauen Shirt vor Gericht, begleitet von einem Justizwachebeamten. Rechts im Bild der Verteidiger des Mannes. Der Angeklagte hatte erst mit der Faust, dann mit einem Glas zugeschlagen. Sein Opfer wird »ein Leben lang leiden – ohne nachvollziehbaren Grund«, sagte die Staatsanwältin.UN

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Wolfsberg, Klagenfurt. In einem bekannten Nachtlokal der Bezirkshauptstadt kam es am 15. Oktober des Vorjahrs zu einem Vorfall, der einen damals 26-jährigen Lavanttaler für immer gezeichnet zurückließ: Er verlor nicht nur das rechte Auge, auch sein Gesicht ist seither entstellt. Am Landesgericht Klagenfurt verurteilte in der Vorwoche Richter Christian Liebhauser-Karl den 38-jährigen Täter – nicht rechtskräftig – zu sechs Jahren Gefängnis. »Eine derartige Brutalität zeigt eine kriminelle Energie wie selten gesehen«, sagte er in der Urteilsbegründung.

Es war gegen 0.30 Uhr, als der 26-Jährige in jener Nacht im Lokal an einem Steirer (38) vorbeiging. Beide hatten sich zuvor nie gesehen. Es kam zu einer Berührung, einem Rempler – mit fatalen Folgen. Der Steirer folgte dem Lavanttaler und schlug ihn erst mit der Faust. Dann nahm er ein Weinglas und drückte es dem jungen Mann »mit voller Wucht«, so Staatsanwältin Doris Wieser, ins Gesicht. Das Glas zerbrach, Splitter drangen ins rechte Auge und zerstörten es. Auch eine mehrstündige Operation im Klinikum Klagenfurt konnte den vollständigen Sehverlust nicht verhindern.

Seine Tat ließ den Steirer gleichgültig: Er wollte das Lokal verlassen und weiterfeiern, wurde aber aufgehalten, bis die Polizei eintraf. Den Beamten erzählte er, er könne sich an nichts erinnern.

Die »Tour« wird fortgesetzt
Danach ging die »Tour« weiter, wie eine Zeugin berichtete, mehrere Lokale seien noch besucht worden. Sie hatte das schwer verletzte Opfer zwar gesehen, der 38-Jährige meinte aber zu ihr, er habe damit nichts zu tun. »Er sagte, warum hätte ich das tun sollen«, berichtete die Zeugin dem Richter. Dessen Antwort: »Das ist das, was wir auch nicht verstehen.«

Der Angeklagte, ein stämmiger, aber auf den ersten Blick keineswegs gefährlich wirkender Mann, entschloss sich erst in der Verhandlung, zu seiner Tat zu stehen. Ehe sein Verteidiger dem Anwalt des Opfers 3.000 Euro in bar als Schadenswiedergutmachung übergab, sagte der Steirer zum Richter: »Ich entschuldige mich, es tut mir von Herzen leid.« Verständlich, immerhin war er der absichtlich schweren Körperverletzung angeklagt, ein Verbrechen, das laut Staatsanwältin Wieser mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden kann, wenn es schwere Dauerfolgen verursacht hat. Allerdings berichtete der 38-Jährige auch von einer Beleidigung, bzw. Provokation, die der Lavanttaler vor der Attacke gesetzt hätte. Das wies dessen Anwalt als »Schutzbehauptung« des Angeklagten entschieden zurück.

Am Ende des Beweisverfahrens, während dem ein Video vorgeführt worden war, das die Geschehnisse jener verhängnisvollen Nacht zeigte, listete Liebhauser-Karl das Vorleben des Steirers auf: drei einschlägige Vorstrafen. Vor einigen Jahren hatte er einen Kontrahenten mit einer Schreckschusspistole und dem Erschießen bedroht, seither gilt ein Waffenverbot. »Aber ich hatte immer nur die Schreckschusspistole, nie eine echte Waffe«, konterte der Angeklagte, dem das Gespür fehlte, wann es besser ist zu schweigen.

In ihrem Plädoyer betonte Staatsanwältin Wieser, der 38-Jährige habe eine fremde Person so attackiert, dass sie auf einem Auge nie mehr sehen werde, entstellt sei und unter ständigen Kopfschmerzen leide. »Er wird ein Leben lang leiden – ohne nachvollziehbaren Grund«, so Wieser.

Vom Angeklagten gehe Gefahr aus, denn in jener Nacht hätte es jeden treffen können, der an ihm vorbeigegangen wäre. Der Steirer aber habe sein Opfer nach der Tat ignoriert, einfach weiter gefeiert. Die Staatsanwältin: »Er zeigte keine Reue. Erst heute, am Tag der Verhandlung, kann er sich wieder erinnern – ein spätes Geständnis.« Auch angesichts der Verwendung eines Glases als Waffe forderte Wieser eine Strafe »nicht im unteren Bereich«.

Der Verteidiger rief die im Gerichtssaal übergebene Entschädigung als Milderungsgrund in Erinnerung. Und: »Man sollte ihn nach einiger Zeit (Anm.: gemeint war nach Verbüßung einer Haftstrafe) wieder arbeiten lassen, damit er den Schaden wiedergutmachen kann.« Das Schlusswort des Angeklagten: »Ich würde selbst ein Auge geben, wenn ich die Möglichkeit dazu hätte.«

Fünf Minuten Beratung
Der Schöffensenat beriet fünf Minuten hinter verschlossenen Türen, dann verkündete Richter Liebhauser-Karl das Urteil: sechs Jahre Gefängnis plus weitere 3.000 Euro Teilschadenersatz.
Die Begründung: »Es ist zwingend, dass es jemandem, der einem anderen ein Glas mit voller Wucht ins Gesicht schlägt, darauf ankommt, ihn zu verletzen.« Er verwies auf das gezeigte Video, das Geständnis wirke »gerade noch« strafmildernd, eine Provokation seitens des Opfers könne nicht nachvollzogen werden. Und auch der Richter hob hervor: »Es hätte jeden treffen können.«

Der Angeklagte und die Staatsanwältin erbaten drei Tage Bedenkzeit, das Urteil war in der Vorwoche nicht rechtskräftig.

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