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Lithium-Abbau vor dem Bundesverwaltungsgericht: Gegner sind siegesgewiss, aber Ausgang ist offen Ausgabe 24 | Mittwoch, 11. Juni 2025

In Wien wurde über die Frage verhandelt, ob das im Lavanttal geplante Projekt eine Umweltverträglichkeitsprüfung benötigt. Nach acht Stunden endete der Prozess, ein Urteil steht aus. Die Umweltorganisation »Virus« jubelt nun, European Lithium schweigt.

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Unterkärntner Nachrichten Redakteur Horst Kakl Von Horst Kakl kaklno@spamunterkaerntner.at
Am Bundesverwaltungsgericht in Wien wird über die Zukunft der Lithium-Förderung im Traudi-Stollen entschieden. Sollte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen, würde sich der Beginn des Abbaus weiter verzögern. Dazu kämen auf das Unternehmen hohe Kosten zu.BVwG, European Lithium

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Frantschach-St. Gertraud, Wien. Die Gegner sind siegessicher, European Lithium hält sich bedeckt: Am Dienstag, 3. Juni, wurde am Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in Wien über die Zukunftsaussichten des Lithiumabbaus im Lavanttal verhandelt – quasi. Denn das Urteil könnte weitreichende Folgen haben. Gegenstand des Prozesses war die Frage, ob für das Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nötig ist – oder eben nicht. 

Am 26. November 2024 wurde in der Sitzung der Kärntner Landesregierung beschlossen, dass es keine UVP brauche. Im Rahmen eines Feststellungsverfahrens, das die ECM Lithium AT GmbH, so die offizielle Bezeichnung von European Lithium, im Jahr davor selbst beantragt hatte, prüften Experten aus den Bereichen Wildbach- und Lawinenverbauung, Wasserwirtschaft, Naturschutz, Hydrogeologie und Gewässerökologie die Sachlage. Ergebnis: Es gebe keine gravierenden Auswirkungen durch den Lithium-Abbau, eine UVP sei nicht nötig.

»Dass das Gericht den Bescheid einfach bestätigt, ist derzeit ausgeschlossen«
Wolfgang Rehm, »Virus«-Sprecher

Damit wurde der Argumentation von European Lithium, die das Metall im »Traudi-Stollen« in der Gemeinde Frantschach-St- Gertraud schürfen will, recht gegeben. Das Unternehmen vertritt den Standpunkt, ein übliches UVP-Verfahren sei nicht notwendig, da die für den Abbau benötigte Fläche mit 9,6 Hektar unter der Grenze von zehn Hektar liege, ab der die Prüfung erst verpflichtend wird. Der Vorstandsvorsitzende Dietrich Wanke verwies darauf, dass viele Anlagen, etwa die Brecheranlage, die Sieb- und Sortieranlage, unter Tage geplant seien, wodurch es weder Lärm- noch Staubemissionen geben werde. Und: Das ursprünglich im Lavanttal geplante  Verarbeitungswerks für das Lithiumerz, für das auf jeden Fall eine UVP nötig gewesen wäre, soll nun aus Kostengründen in Saudi-Arabien errichtet werden. 

Die abgesagte UVP sorgte für Aufregung: Neben der Umweltorganisation »Alliance For Nature« und der Gemeinde Frantschach-St. Gertraud legten auch die Organisationen Global 2000 und »Virus«, die Gemeinde Deutschlandsberg sowie der Wasserverband Koralm Beschwerde gegen die Entscheidung ein und wandten sich an das Bundesverwaltungsgericht. 

Günther Vallant, SPÖ-Bürgermeister von Frantschach-St. Gertraud, ist einer jener, die am lautesten auf eine UVP pochen. Schon im Juni 2022 forderte er die Prüfung, um alle Informationen zu erhalten, ehe der Betrieb startet.

Vallant damals zu den Unterkärntner Nachrichten: »Mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist Transparenz verbunden. Mir geht es um den Transport des Materials von der Mine zum Talboden, der mit Lärm, Staub und viel Lkw-Verkehr verbunden sein kann, auch wenn Elektrofahrzeuge eingesetzt werden sollen.« 

Nach damaligem Stand sollte der Abbau 2025 beginnen. Vallant zweifelte bereits 2022 daran. »Der Stollen, das Lithium und der Aktienkurs sind da. Für mich deutet trotzdem alles auf Spekulation hin, nicht auf Nachhaltigkeit. Wie oft wurde bereits berichtet, dass der Abbau jetzt startet? So geht es seit Jahren, jetzt ist es wieder so«, sagt er vor drei Jahren.

In der Vorwoche wurde nun am Bundesverwaltungsgericht acht Stunden lang verhandelt. Wann das Urteil vorliegen wird, ist nicht bekannt. Wolfgang Rehm, Sprecher der Umweltorganisation »Virus«, ist aber vom Erfolg der Beschwerde überzeugt. In einer Aussendung meinte er: »Klar ist, dass die durch Abwesenheit glänzende Kärntner Landesregierung als belangte Behörde mangelhaft ermittelt hat. Dass das Gericht den Bescheid, mit dem eine UVP-Pflicht verneint worden war, einfach bestätigt, ist ausgeschlossen.« 

Drei Möglichkeiten

Laut Rehm werde es entweder eine Aufhebung des Landesbescheids samt einer Feststellung der Pflicht zur Durchführung einer UVP oder einer Zurückverweisung an die Behörde geben. »Als dritte Alternative bliebe, dass das BVwG selbst weiter ermittelt und eine Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung der Kumulation mit anderen Vorhaben durchführt«, so der »Virus«-Sprecher. 

Bürgermeister Vallant hatte an der Verhandlung nicht teilgenommen, wurde aber von Ferdinand Lanker, dem Anwalt der Gemeinde Frantschach-St. Gertraud, informiert. Vallant: »Wir und alle anderen Beteiligten haben unsere Unterlagen eingebracht, der Richter trat zurückhaltend auf und positionierte sich in keiner Richtung. Das Urteil ergeht schriftlich, ich erwarte es in den kommenden zwei Monaten.«

Adrian Plessin, der designierte Leiter der zuständigen Landesabteilung 7, begründete das Fehlen eines Vertreters so: »Es dürfen nur bestimmte Personen teilnehmen, was aber terminlich nicht möglich war. Das war mit dem Gericht abgestimmt, dem alle nötigen Akten zur Verfügung gestellt wurden. Sollte es eine weitere Verhandlung geben, werden wir dabei sein.« Den Verlauf der Verhandlung kommentierte Plessin nicht, aus seiner Sicht wurde das  vorherige UVP-Feststellungsverfahren im Rahmen der Rechtsordnung korrekt durchgeführt. »Jetzt ist es Aufgabe des Gerichts, die Sachlage zu prüfen«, so Plessin. 

Dietrich Wanke, Vorstandsvorsitzender von European Lithium, war nicht erreichbar. Alexander Jaros von der PR-Agentur Yield, die das Unternehmen betreut, teilte mit: »Nach Abstimmung mit der ECM Lithium AT GmbH darf ich Ihnen antworten, dass sich das Unternehmen vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht dazu äußern wird.«

Fest steht: Sollte das BVwG eine UVP für nötig erachten, würde das den für 2026 vorgesehenen Start des Lithiumabbaus wohl für lange Zeit verzögern. 

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