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Eine Fahrt durchs Tal in Zeiten der CoronakriseAusgabe 13 | Mittwoch, 25. März 2020

Leere Bürgersteige, dafür einiger Verkehr: Ein Lokalaugenschein im Lavanttal zeigt, dass zurzeit lieber gefahren als gegangen wird. In Trafiken gehen die Zigaretten nur noch stangenweise über den Tresen, Waffen sind gefragt. Wie lange halten wir den Stillstand aus?

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Lavanttal. Hier stehen die Leute auch an einem handelsüblichen Mittwochvormittag nicht Schulter an Schulter. Jetzt sind aber sogar sämtliche Parkplätze neben dem Landhotel Freitag in der Hauptstraße von St. Paul leer. Der gastronomische Bereich des Hotels ist geschlossen, nur die im Haus wohnenden Arbeiter dürfen hinein, heißt es auf einem Aushang. Auf dem wünscht das Unternehmen »in dieser schwierigen Zeit alles Gute und vor allem Gesundheit. Passen Sie auf sich auf!«

Die Unterkärntner Nachrichten haben am Mittwoch, 18. März, eine Rundfahrt durch das Lavanttal unternommen. Es galt, die Frage zu beantworten: Was tut sich in Zeiten des Coronavirus’? Um es gleich zu sagen: Auf den Bürgersteigen wenig, auf den Straßen einiges. Die Lavanttaler setzen mehr denn je aufs eigene Auto, das Schutz vor dem Virus und Bequemlichkeit bietet, denn zurzeit gibt es vor jedem Ziel, das man ansteuert, genügend freie Parkplätze.

»Die Nachfrage nach Waffen steigt, weil die Leute Angst haben und sich absichern wollen«
Josef Martinz, Waffenhändler

Auch in St. Andrä. Entlang der Ortsdurchfahrt stehen nur vereinzelte Autos, ein einsamer Wanderer drückt Geld aus dem Bankomat der Raiffeisen-Bank. In einem stummen Verkäufer an der Straße findet sich noch eine Ausgabe der »Kleinen Zeitung« vom vergangenen Sonntag, dem letzten Tag des normalen Lebens.

In der Auslage des Kebap-Ladens  »Euphrat« hängt ein Schild mit der Aufschrift »Open«. Ein Flüchtigkeitsfehler, denn das Geschäft ist versperrt. Vor der Filiale der Sparkasse steht ein verwaister Balanka-Tisch, auf dem niemand spielen mag (und darf), der Eingang des Rathauses ist zugepflastert mit Hinweiszetteln, auf denen ein Wort die Hauptrolle spielt: Coronavirus.

Schräg gegenüber die Apotheke. Davor stehen mehrere St. Andräer und warten auf Bedienung, die nur durch eine Luke gewährt wird. Daneben die Trafik von Walburga und Martin Hambaumer. Hier läuft das Geschäft ganz normal. »Und besser als sonst«, sagt der Trafikant. Zwar sei die Frequenz mit Ausbruch der Krise geringer geworden, dafür werden Zigaretten jetzt nur noch stangenweise gekauft. Umsatz ist aber nicht alles. »Wir haben Abgrenzungen aus Plexiglas bestellt«, sagt Trafikant Hambaumer, »unter denen wir die Ware dann durchreichen wollen.« Denn das Virus wird auch über Tröpfchen  übertragen – und wer weiß, wie lange es noch unterwegs sein wird ... 

Der Hohe Platz in Wolfsberg liegt leer im strahlenden Sonnenschein. Nur ein einsamer Raucher sitzt vor dem geschlossenen Café Maxy‘s, saugt am Stumpen und sieht den vorüberfahrenden Autos nach, von denen es auch jetzt mehr als genug gibt. Ein Aushang am Rathaus weist darauf hin, dass kein Parteienverkehr stattfindet und keine Hände mehr geschüttelt werden: Stattdessen »schenken wir Ihnen ein Lächeln«, steht da. Das können wir dringend brauchen.

Aus einem anvisierten Besuch beim Wolfsberger Pfarrer Christoph Kranitzki wird nichts, das Pfarramt ist zu und laut einem Aushang nur telefonisch erreichbar. Der einschießende Gedanke, »die Wolfsberger werden wohl in der Markuskirche versammelt sein«, erweist sich als falsch: Nur eine Gläubige hält Zwiesprache mit Gott. Geht ja auch nicht anders - Versammlungsverbot.

Unterstützung von anderer Seite

Die Menschen setzen jetzt auf Unterstützung von anderer Seite. Das weiß Josef Martinz, Inhaber des gleichnamigen Waffenhandels in der Kollnitzergasse. »Die Nachfrage steigt. Die Leute kaufen Waffen, weil sie Angst haben und sich absichern wollen«, sagt er. Martinz analysiert die Coronakrise illusionslos: »Es ist wie in der Natur: Wenn es zu viele Füchse gibt, kommt eine Seuche, die sie dezimiert. Und auf der Welt leben eben sehr viele Menschen ...«

Entlang des Lavantkais ist keine Seele zu sehen, auch in der Bamberger Straße herrscht Einsamkeit. Der dortige »Likeburger« hat gleich Nägel mit Köpfen gemacht und bis 11. April (!) zugesperrt.

Leben findet sich erst wieder in der Wiener Straße: Vor der Apotheke Maria Hilf warten Wolfsberger, einzeln eintreten zu dürfen, wie auf einem Dreiecksständer gefordert wird.  Die Trafik Gönitzer bittet auf einem Aushang ebenfalls, das Geschäft nicht zu mehrt zu betreten. Dazu wurden die Öffnungszeiten auf 7.30 bis 12.30 Uhr eingeschränkt. Das geschlossene Eiscafé »Tiffany« wünscht via Zettel allen »lieben Kunden gute Gesundheit«. Ruhig ist es in der Sporergassen-Filiale der Fleischerei Butej, die jetzt bis 13 Uhr offen ist (in der Dependance in der Stadthammerstraße wird bis 18 Uhr gearbeitet). Über die Krise sprechen wollte niemand ...

Lavamünd wirkt wie ausgestorben, profitiert von der Krise aber ein bisserl: Der Lkw-Verkehr hat sich verringert. Das wird die wirtschaftlichen Schäden freilich nicht wettmachen. Im Fenster des Gasthofs »Krone« hängt ein Zettel: »Es gibt nichts Wichtigeres für uns, als die Gesundheit jedes Einzelnen.« Stimmt. Gleiches Bild in Preitenegg: Leere. Das Gastlokal des »Hanslwirts« ist zu, der Adeg-Parkplatz liegt verlassen. Wie lange halten wir den Stillstand durch?

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