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Wahlkampfgetöse im Wolfsberger Gemeinderat: Bitterer Streit über Stadtwerke und die LaternenAusgabe | Mittwoch, 1. März 2023

FPÖ-Stadträtin Theuermann gegen alle anderen – so die »Schlachtaufstellung« in der Sitzung am 23. Februar. Theuermann warf Primus »Amtsmissbrauch« vor, der konterte, sie wolle in den Landtag einziehen. Es wurden aber auch wichtige Punkte beschlossen.

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Unterkärntner Nachrichten Redakteur Horst Kakl Von Horst Kakl kaklno@spamunterkaerntner.at
Bürgermeister Hannes Primus (hinten, Mitte) während des Verlesens von Teilen des Landesrechnungshofsberichts. Stadträtin Isabella Theuermann, rechts von Primus, stützt ihren Kopf ab, die Gemeinderäte fügen sich ins Unvermeidliche. Rund 45 Minuten lang lauschten sie den Ausführungen mehr oder minder aufmerksam. Hok

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Wolfsberg. Wahlkampf. Mit diesem einen Wort lässt sich die Gemeinderatssitzung am 23. Februar im Wolfsberger Rathaus gut beschreiben. Der Streit begann noch vor der Fragestunde. 

Da Bürgermeister Hannes Primus (SPÖ) den Bericht des Landesrechnungshofs (LRH) zur Prüfung der Wolfsberger Stadtwerke medial nicht korrekt dargestellt sah, startete er eine Vorlesung: Rund 45 Minuten lang las er alle 74 LRH-Empfehlungen samt Stellungnahmen der Stadtgemeinde wie der Stadtwerke vom Blatt ab. Als Stadträtin Isabella Theuermann (FPÖ) sich darüber erregte, verweigerte ihr Primus das Wort und konterte: »Ich kann berichten, was und wann ich will.« Die Gemeinderäte ließen es über sich ergehen. 

»Ich weiß nicht, ob ich alles richtig verstanden habe. Kannst du es bitte nochmals vorlesen?«
Michael Hirzbauer, zu Bürgermeister Primus 

Schließlich wurde der Bürgermeister doch noch fertig und zog Bilanz: »Von 74 Empfehlungen des Landesrechnungshofs wurden 31 von den Stadtwerken bereits umgesetzt, 28 befinden sich in der Umsetzung, vier stehen kurz davor. Das entspricht einer positiven Bearbeitungsquote von 85 Prozent.« Man habe nichts zu verstecken, es sei gut gearbeitet worden.

Dann beantragte er, die Grazer Kanzlei »Rabel und Partner« mit der Überprüfung der LRH-Empfehlung zu beauftragen, die Stadtwerke als Ganzes bzw. die Teilbereiche Wasser und Kanal in die Gemeinde rückzugliedern.

Nun legte Theuermann los: Primus habe ihr Recht negiert, wonach jeder Gemeinderat zur Geschäftsbehandlung das Wort ergreifen dürfe. Dazu habe er den LRH-Bericht nicht auf die Tagesordnung gesetzt und damit eine Diskussion verhindert – zu Primus‘ politischem Vorteil. Sie werde diese »mutwillige Gesetzesverletzung«, die an Amtsmissbrauch grenze, der Gemeindeaufsicht melden. Da sprang Stadtamtsleiterin Barbara Köller auf und erklärte, laut der Novelle der Allgemeinen Gemeindeordnung habe nur der Bürgermeister zu entscheiden, wann er selbstständige Anträge verlese. Das sei auch mit der Gemeindeaufsicht abgeklärt. 

Als Schlusspunkt sorgte Grüne-Gemeinderat Michael Hirzbauer für Gelächter, der Primus fragte: »Ich weiß nicht, ob ich alles richtig verstanden habe. Kannst du es bitte nochmals vorlesen?«

Wieder Wirbel

Den nächsten Wirbel gab es beim Stadtwerke-Geschäftsplan 2023: Der sieht einen Umsatz von 15 Millionen Euro vor, für Instandhaltungen werden 1,2 Millionen Euro aufgewendet, rund fünf Millionen Euro sind für Investitionen vorgesehen. 2,4 Millionen Euro werden als Finanzierungsbedarf mit Krediten gedeckt, das Jahresergebnis sieht derzeit ein Plus von 9.458 Euro vor.

Theuermann spielte auf den LRH-Bericht an, als sie von »unzulässigen Querfinanzierungen« für Abgangsbetriebe der Stadtwerke sprach. Gewährte innere Darlehen würden wohl nie zurückgezahlt werden können: »Man darf gespannt sein, wann die nächsten Gebührenerhöhungen sein werden und wie sie der Bürgermeister rechtfertigen wird.«

Primus: »Laut LRH gibt es keine illegalen Querfinanzierungen«, was Theuermann wissen müsste, hätte sie ihm zuvor zugehört, statt sich auf einen nicht vorhandenen Amtsmissbrauch zu konzentrieren. Auf Nachfrage der Stadträtin, ob er garantieren könne, dass es nach der Wahl keine Gebührenerhöhung geben werde, sagte der Bürgermeister: »Ihr redet nur von Wahlen, wir sind nicht im Landtagswahlkampf, ihr schon: Du willst in den Landtag.« Die Notwendigkeit von Erhöhungen werde man sich ansehen, »wir wollen die Gebührenzahler aber so lange wie möglich schützen«, so Primus. Der Geschäftsplan wurde einstimmig beschlossen.

Zum dritten Mal kam es zum Streit, als die FPÖ in einem Dringlichkeitsantrag die Aufhebung der Verdunkelung der Wolfsberger Siedlungsstraßen forderte, die aus Energiespargründen derzeit von 24 bis 5 Uhr abgeschaltet sind (wir berichteten). Primus sah keine Dringlichkeit, es gebe keine Beschwerden, viele Wolfsberger würden die nächtliche Dunkelheit als »angenehm« begrüßen. 

Theuermann entgegnete, die Menschen hätten Angst um ihre Sicherheit, Einbrüche würden befürchtet, dazu sei die Unfallgefahr höher. »Sparen wir lieber die Weihnachtsbeleuchtung ein, aber nicht bei der Sicherheit der Bürger«, sagte die Stadträtin.

ÖVP-Gemeinderätin Waltraud Beranek überraschte mit diesen Aussagen: »Es gibt bei uns keinen Einbruchstourismus mehr, die Kriminalität hat sich ins Internet verlagert. Und Gewalt gegen Frauen spielt sich in den eigenen vier Wänden ab.« Außerdem würden ältere Menschen ohnehin zeitig zu Bett gehen – etwa um 20 Uhr. Stadtrat Jürgen Jöbstl (SPÖ) warf Theuermann Populismus vor, denn im Stadtrat komme von ihr »nichts«. Die Dringlichkeit wurde abgelehnt, der Antrag wanderte in den Ausschuss.

Beschlossen wurde dagegen ein Dringlichkeitsantrag der ÖVP, laut dem die Stadtwerke einen Müllkalender für die Abholung des »Gelben Sacks« erstellen und ihn an alle Haushalte schicken werden. Außerdem wird er auch in den »Wolfsberg News« veröffentlicht. 

Beim Prüfbericht zur Hundefreilaufzone in der Schleifenstraße wechselten die Gegner: Hier hieß es ÖVP und Grüne gegen SPÖ. Susanne Dohr (Grüne), Obfrau des Kontrollausschusses, kritisierte die hohen Kosten von 12.000 Euro pro Jahr und forderte einen alternativen Standort. Gemeinderat Johann Weber (ÖVP) bereute seine Zustimmung im Jahr 2019 bitter und meinte: »So schnell wie möglich heraus aus dem jetzigen Vertrag. Nie mehr würde ich dafür stimmen.« Primus sagte, er habe bereits mit möglichen neuen Verpächtern Kontakt, auch mit den Grundinhabern der jetzigen Fläche werde er sprechen. 

Die gute Nachricht

Die gute Nachricht zum Schluss:  Das IST-Mobil wird weitergeführt, wenn auch künftig unter der Bezeichnung »Sammeltaxi«. Denn den Zuschlag erhielt nicht mehr IST-Mobil, sondern die Graz-Köflacher Bahn und Busbetrieb GmbH, die ab 1. April in Wolfsberg, Frantschach-St. Gertraud und St. Andrä das Anruf-Sammeltaxi-System startet. Waren bei IST-Mobil bisher rund 900.000 Euro zu zahlen, fährt die neue GmbH um 493.000 Euro. Wolfsberg zahlt davon heuer 86.000 Euro, im nächsten Jahr 114.000 Euro Dazu wird das Angebot größer: Die Betriebsstunden werden ausgeweitet, Freitag und Samstag bis 22 Uhr, Fahrten zu Events werden angeboten. Fünf Kilometer Strecke kosten fünf Euro, danach werden 1,50 Euro für jeden weiteren Kilometer verlangt. 

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