Seit 1887 | Das unabhängige Wochenblatt für Unterkärnten

Harte Bandagen im Gemeinderat: »Mir fehlen die Worte, was du von dir gibst!«Ausgabe 26 | Mittwoch, 30. Juni 2021

Wolfsberger Rechnungsabschluss 2020 fiel mit einem Minus von 4,2 Millionen Euro besser aus als gedacht. FPÖ-Stadträtin Theuermann stieß mit einer »Schimmel-Rede« – und wegen ihres Handys – auf viel Kritik.

E-Mail

0 Kommentare

Meist gelesen

Artikel

Wolfsberg. FPÖ-Stadträtin Isabella Theuermann las ihre Brandrede vom Blatt ab – danach hatte sie ihre Munition mehr oder minder verschossen. Im Zentrum der Sitzung des Wolfsberger Gemeinderats am 24. Juni stand der Rechnungsabschluss 2020. Das Coronajahr endete im Ergebnishaushalt, der Aufwendungen von 77 Millionen Euro auflistet, mit einem Abgang von 6,8 Millionen  Euro. Weil aber 2019 ein Überschuss von 2,6 Millionen erzielt wurde, verringert sich das 2020er Minus auf exakt 4,169.568 Euro.

Die Gründe für das Minus

Bürgermeister Hannes Primus (SPÖ) listete die Gründe dafür auf: 2,5 Millionen weniger Ertragsanteile, 500.000 Euro weniger Kommunalsteuer, um 1,3 Millionen mehr Umlage an das Land. »Wolfsberg ist noch immer eine Vorzeigestadt«, so Primus, »wir brauchen aber Unterstützung des Landes, um finanziell wieder auf die Beine zu kommen.« 

Nachdem Finanzstadtrat Christian Stückler (SPÖ) sich über das »respektable Ergebnis« gefreut hatte und auch die ÖVP damit zufrieden war, ergriff Theuermann das Wort und das vorbereitete Manuskript.

Sie kritisierte, dass die vorhandenen Mittel »nicht für die Gesundheit und Barrierefreiheit betagter Menschen« verwendet werden, weshalb Blau den Rechnungsabschluss ablehnen werde. Gemeindewohnungen würden trotz vier Millionen Euro Rücklagen nicht saniert, stattdessen das Geld »anderweitig verwendet«. So gebe es in den Gebäuden in der Industriestraße, in denen der Altersschnitt der Bewohner 80 Jahre betrage, keine Aufzüge. Theuermann: »Ist es ein Statement der SPÖ, nicht mehr in alte, gebrechliche Menschen zu investieren?« Dazu müssten viele Menschen in schimmelbefallenen Gemeindewohnungen leben. »Würden Sie ihrer Familie eine verschimmelte Wohnung zumuten?« fragte sie Primus und setzte fort, es sei sein Wahlversprechen gewesen, für alle Bürger da zu sein, er würde sich aber bei problematischen Projekten »verrennen« ...

Der Bürgermeister reagierte giftig. »Mir fehlen die Worte, was du in deiner Lesestunde von dir gibst«, sagte er und verbat sich, seine Familie in die politische Debatte zu ziehen. Wenn Schimmel in einer Wohnung gemeldet werde, werde die Gemeinde sofort aktiv. Er habe im Vorfeld gewettet, dass die FPÖ den Abschluss ablehnen werde: »Ich habe verloren, denn die Gründe sind diesmal nicht das Museum oder die ›Wolfsberg News‹, sondern die Wohnungen.« Als Theuermann zum Telefon griff, steigerte Primus die Stimme: »Tu das Handy weg! Spiel nicht die ganze Zeit damit!« 

Es waren nicht die einzigen Hiebe, die Theuermann einstecken musste. Gemeinderätin Waltraud Beranek (ÖVP) sagte: »Was hat das heruntergelesene Referat mit dem Rechnungsabschluss zu tun? Haben wir jetzt sechs Jahre Dauerwahlkampf?« Klaus Penz (SPÖ) empörte sich darüber, dass Theuermann einen betroffenen Gemeindewohnungsmieter in die Sitzung mitgebracht hatte: »Schämen Sie sich nicht, die Leute so herzunehmen?« Dann wieder Primus: »Ihr werdet jetzt euren Leuten draußen erklären müssen, dass ihr mit dem Abschluss auch die Förderungen für die Vereine ablehnt.« Von der Stadträtin kam nur mehr eine kurze Gegenwehr ...

Die Liveübertragungen

Heftiger diskutiert wurden auch die Anträge von FPÖ und Grüne, die Sitzungen des Gemeinderats live im Internet zu übertragen, was schon im Ausschuss einstimmig – also auch von der FPÖ – abgelehnt worden war. Begründung: Die Kärntner Allgemeine Gemeindeordnung (K-AGO) lasse es nicht zu.

Die Grüne-Ersatzgemeinderätin Elisabeth Vallant kämpfte in immer neuen Wortmeldungen für die Einführung, Theuermann kündigte lediglich an, die FPÖ werde im Landtag eine Resolution einbringen, um eine Änderung des K-AGO herbeizuführen. Primus: »Das kann ja der Herr (Anm.: LAbg. Harald) Trettenbrein machen.« Und zu Theuermann: »Du musst froh sein, wenn gewisse Dinge, die du hier sagst, nicht öffentlich werden.« Vizebürgermeister Alexander Radl (SPÖ) amüsierte sich darüber, dass die FPÖ im Ausschuss den eigenen Antrag abgelehnt hatte. Theuermann: »Ihr könnt euch gerne lustig machen über Kollegen, die noch nicht lange im Ausschuss sitzen.« Die Liveübertragung wurde von SPÖ und ÖVP abgelehnt.

Gleich erging es den FPÖ-Anträgen zur Vergrößerung der Wolfsberger Müllinseln, zur Einführung eines E-Car-Sharings, zur Etablierung von E-Leih-Scootern und zum Einbau von Personenliften in den Wohnblöcken Industriestraße 1 und 3. Zu letzterem Punkt meldet sich Theuermann nicht einmal mehr zu Wort.

Ebenfalls keine Mehrheit fand der freiheitliche Dringlichkeitsantrag, eine Resolution an den Landtag zu verabschieden, in dem eine Änderung der K-AGO vorgeschlagen wird, um Liveübertragungen zu ermöglichen. Die FPÖ ließ es (fast) kommentarlos über sich ergehen ...

// Kommentar von Horst Kakl

Dem ist nicht so, Herr Bürgermeister 

Es ist wieder ein Gerücht zu vermelden, das auf Ereignissen in der jüngsten Sitzung des Wolfsberger Gemeinderats (siehe Artikel rechts) fußt. An deren Ende brachte die FPÖ einen Dringlichkeitsantrag ein, der besagte, Bürgermeister Hannes Primus (SPÖ) möge Gespräche mit dem Land aufnehmen, um das Skigebiet auf der Koralpe zu erhalten (siehe Seite 12). Dessen Betreiber Dietmar Riegler hatte einige Stunden zuvor – genauer am 24. Juni um 15.06 Uhr – via E-Mail mitteilen lassen, er wolle oben nicht weitermachen. Wir stellten die Meldung flugs ins Internet – und die Freiheitlichen lasen sie offenbar. Primus erfuhr laut eigenen Angaben erst fünf Minuten vor der Sitzung, die um 17 Uhr begann, von Rieglers Vorstoß. Nachdem er den Antrag verlesen hatte, wunderte er sich über die blaue Hurtigkeit und fragte sinngemäß: Gibt es eine Zusammenarbeit zwischen den Unterkärntner Nachrichten und der FPÖ? Der Verfasser dieser Zeilen spürte bei Primus Worten einen Stich in der Lebergegend und ärgerte sich ein bisserl. Das ist aber wieder vorbei: Wer austeilt, muss auch einstecken können. 

Als der Schreiber, der einst bei der »Kärntner Tageszeitung« gearbeitet hat, 2018 zu den Unterkärntner Nachrichten kam, hieß es: Um Gottes Willen, jetzt wird das Blatt einen Linksschwenk hinlegen. Dem war nicht so. Nun heißt es, es gebe eine Zusammenarbeit mit der FPÖ. Nein, Herr Bürgermeister, auch dem ist nicht so. Es gilt weiterhin, was der Verfasser in seinem ersten Kommentar in den Unterkärntner Nachrichten am 19. September 2018 geschrieben hat: »Ja, ich habe für die KTZ gearbeitet. Nein, ich besitze kein Parteibuch. Nach meiner Auffassung haben Medien zwei Aufgaben: Zum einen immer auf der Seite der Bürger zu stehen. Zum anderen den Mächtigen auf die Finger zu schauen. Leisten sie gute Arbeit, gibt es Lob. Ist ihre Arbeit schlecht, müssen sie Kritik einstecken. Dabei spielt es keine Rolle, welcher Partei sie angehören.« Alles klar?

0 Kommentare Kommentieren

Keine Kommentare gefunden!

Liebe Leserinnen und Leser, in diesem Kommentarbereich prüfen wir alle Beiträge, bevor sie veröffentlicht werden. Ihr Kommentar erscheint, sobald er gesichtet wurde.

Bitte melden Sie sich an, um die Beiträge zu lesen oder zu kommentieren.AnmeldenHier Registrieren