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Überfall in Wolfsberg vor 40 Jahren: Das damalige Opfer erzählt, was passierte und wie es weiterging Ausgabe 3 | Mittwoch, 15. Januar 2025

Raimund Schauer berichtet, wie er als Mitarbeiter einer Tankstelle im Jänner 1985 mit einem Hammer geschlagen wurde. Dank seiner Hilfe wurde der Täter schnell gefasst. Nachdem er seine Strafe verbüßt hatte, tanzte er mit Schauers Frau – und entschuldigte sich.

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Wolfsberg. Nach jedem Jahreswechsel denkt Raimund Schauer (78) an ein Ereignis zurück, das sich nun vor genau 40 Jahren zutrug: Am Mittwoch, 2. Jänner 1985, wurde der damalige Mitarbeiter der Tankstelle Primus in Zellach Opfer eines Überfalls. Er erhielt mit einem Hammer einen Hieb auf den Kopf, »der auch blöd ausgehen hätte können«, wie er heute zu den Unterkärntner Nachrichten sagt. 

An jenem Tag betrat gegen 20.15 Uhr ein damals 20-Jähriger den Verkaufsraum der Tankstelle und fragte nach einem Mopedreifen, den er im Auftrag seines Vaters besorgen sollte. »Ich war gerade mit der Abrechnung beschäftigt«, erzählt Schauer. »Ich sah aber nach und sagte ihm den Preis des Reifens. Weil er ihm zu teuer war, ging der Mann.«

»Er hat ja seine Strafe bekommen. Wenn ich ihn getroffen habe, war unser Umgang normal«
Raimund Schauer, Überfallopfer

Nach etwa 15 Minuten war er wieder da und wollte das Ersatzteil doch kaufen. Das damalige Opfer: »Ich greife nach dem Reifen, bemerke einen Schatten hinter mir und bewege den Kopf. Das war wohl mein Glück.« Denn in diesem Augenblick fuhr ein Hammer aus Hartplastik nieder und traf Schauer am Kopf – durch dessen Reaktion aber nicht mit voller Wucht. 

»Ich hatte eine Platzwunde am Hinterkopf und war etwas benommen«, erzählt Schauer. Trotzdem sprang er auf die Beine und verfolgte den Täter, der nach dem Schlag ohne Beute geflüchtet war. 

»Dann habe ich mir gedacht, vielleicht hat er einen Komplizen, und drehte um.« Schauer verständigte seinen Chef, der wiederum die Gendarmerie benachrichtigte. Sein Arbeitgeber brachte ihn ins LKH Wolfsberg, wo die Wunde genäht wurde. 

Es folgte ein Großeinsatz der Exekutive, der vergeblich blieb. Zugleich wurde Schauer, der wieder nach Hause entlassen worden war, von Beamten einer genauen Befragung unterzogen. »Am nächsten Tag war ich um 8 Uhr wieder in der Arbeit«, erinnert er sich.

Ein Thekengespräch

Abgehakt war die Geschichte für ihn aber nicht, denn er wusste: Er kannte den Täter aus der Vergangenheit. Jahre zuvor hatte der mehrfach die Tankstelle mit einem Moped besucht. In einem Gasthaus sprach Schauer drei Wochen später mit einem Bekannten darüber, der ihm schließlich sagte: »Das ist der und der.« Der damals 38-jährige Schauer meldete die Information, kurz darauf klickten beim 20-Jährigen die Handschellen. Bei einer Gegenüberstellung erkannte ihn Schauer sofort wieder: »Er hat sich bei mir für den Überfall entschuldigt.« 

Das Gericht verurteilte den damals 20-Jährigen zu drei Jahren Haft. »Ich habe 10.000 Schilling Schmerzensgeld bekommen«, sagt der in St. Michael lebende Schauer – nach heutiger Kaufkraft etwa 1.800 Euro. 

Doch wie es in einer Stadt wie Wolfsberg so ist: Man sieht sich immer wieder. Nachdem er die Strafe abgesessen hatte, lebte der Täter, der zur Zeit des Überfalls arbeitslos war, weiterhin im Lavanttal. Schließlich kam es zu einem kuriosen Zusammentreffen, berichtet Schauer: »Ich war mit meiner Frau in einem Lokal, er war auch dort. Dann hat er mit meiner Frau getanzt – und sich auch bei ihr noch einmal entschuldigt.« 

Nachgetragen hat ihm Schauer den Hammerschlag nicht: »Natürlich hätte es für mich auch anders enden können. Aber er hat ja seine Strafe bekommen. Wenn ich ihn später getroffen habe, war unser Umgang normal.« Und soweit der 78-Jährige weiß, ließ sich der Täter danach nichts mehr zuschulden kommen und verdiente seine Geld als Handwerker. Vor einigen Jahren ist er verstorben.

33 Jahre an der Tankstelle

Schauer arbeitete 33 Jahre lang bei der Tankstelle Primus: »Traumatisiert war ich nach dem Überfall nicht, ich habe ja auch sonst allerlei Sachen mit den Kunden erlebt.« Als das Unternehmen seine Tätigkeit einstellte, ging der Wolfsberger in Pension. Und jedes Jahr erinnert er sich im Jänner an jenen Mittwoch im Jahr 1985 ...

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