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Gerhard Leeb: »Künftig wird es wahrscheinlich am leichtesten sein, eine Rallye in Afrika zu fahren«Ausgabe 16 | Mittwoch, 19. April 2023

Der langjährige Organisator der Lavanttal-Rallye, Gerhard Leeb (71), spricht über die Anfänge des Ereignisses, wie sich der Sport im Laufe der Jahrzehnte verändert hat und ob Rallyesport in Zeiten des Umweltschutzes und der Klimaerwärmung noch zeitgemäß ist.

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Unterkärntner Nachrichten Redakteur Michael Swersina Von Michael Swersina m.swersinano@spamunterkaerntner.at
Bild links: Gerhard Leeb (r.) erhielt vom damaligen Bürgermeister Gerhard Seifried anlässlich »30 Jahre MSC Wolfsberg« einen Toyota Corolla als Torte überreicht. Bild rechts: Gerhard Leeb am Steuer eines Simca 1100 Ti bei der Skoda-Rallye in der damaligen Tschechoslowakei.

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1977 gab es den ersten Rallye-Staatsmeisterschaftslauf im Lavanttal. Wie hat es mit dem Rallyesport im Lavanttal begonnen?
Begonnen hat eigentlich alles im Jahr 1970. Zwei Freunde und ich haben damals die Scuderia Kreleto gegründet. Kreleto ist eine Kombination der Nachnamen der Gründungsmitglieder Krenn, Leeb und Tosoni. Wir waren seinerzeit sehr viel in Italien unterwegs und sind auch bei Rallyes in der Tschechoslowakei und Ungarn mitgefahren. Ab 1971 haben wir dann auch nationale Rennen in Wolfsberg gemacht. Allerdings ging es dabei mehr um Geschicklichkeit als um Geschwindigkeit. 1975 haben wir den Verein dann in MSC Wolfsberg umbenannt, und 1977 konnten wir erstmals einen Staatsmeisterschaftslauf in Wolfsberg austragen.

Wie ist die Premiere verlaufen?
Bei der ersten Auflage hatten wir 23 Starter. Das Rallyezentrum war am Flugplatz in St. Marein untergebracht. Es war alles recht einfach zu organisieren und von den Auflagen und Vorgaben her wesentlich einfacher als heute. Das Budget lag vielleicht bei 30.000 Schilling (Anm.: nach heutiger Währung rund 2.200 Euro).

Mittlerweile ist die Lavanttal- Rallye die älteste in Österreich. Viele Fahrer sagen, es ist eine der schönsten Rallyes, die es gibt.

»Sie ist so fad. Alleine wenn man sich das Surren anhört, das hat mit Motorsport nichts zu tun«
Gerhard Leeb zur Formel E

Die Lavanttal-Rallye war jahrelang die Mitternachtsrallye. Warum war damit in den 1980ern Schluss? 
Es war seit der ersten Auflage die Mitternachtsrallye. Ursprünglich war der Start der Veranstaltung um Mitternacht, und bereits um sechs oder sieben Uhr in der Früh kam das erste Fahrzeug ins Ziel. Da wurde oft die ganze Nacht gefahren, bis sich schließlich die Jäger aufregten. Also haben wir uns mit ihnen in den 1980er-Jahren darauf geeinigt, bis maximal 22 Uhr zu fahren. Das war ein guter Kompromiss.

Woher kommt eigentlich Ihre Begeisterung für den Rallyesport?
Mein Vater war immer sehr motorsportbegeistert. In meiner Kindheit ging die Semperit-Rallye immer in unserer Nähe, am Magdalensberg und am Klippitztörl, vorbei. Da hat mich mein Vater immer zum Zuschauen mitgenommen, und das hat mich sehr fasziniert. Außerdem war mein Onkel Hans Leeb Bezirksobmann des ÖAMTC. Und in dieser Funktion hat er die legendären Koralm-
Bergrennen veranstaltet. Da konnte ich schon als Jugendlicher mitarbeiten, und so hat sich die Faszination für den Motorsport immer weiter entwickelt.

Sie sind selbst Rallyes gefahren. Wie ist Ihre Karriere verlaufen?
Ich bin nur vier oder fünf Jahre lang hinter dem Steuer gesessen. Hauptsächlich war ich bei Veranstaltungen im Ausland dabei. Das lag auch daran, dass wir von einigen ehemaligen Ostblock-Ländern immer wieder Einladungen zu Rallyes bekamen und dabei auch die Kosten für Sprit, Unterkunft und Verpflegung vom Veranstalter übernommen wurden. Ich war aber nicht der einzige Lavanttaler, einige Jahre lang waren fünf Teams des MSC aktiv. Wir sind aber nicht nur Rallyes gefahren, sondern auch sehr viele Autoslaloms. 

2008 kam es zu einem tödlichen Unfall bei der Lavanttal-Rallye, dem einzigen in der über 45-jährigen Geschichte. Was ging damals in Ihrem Kopf vor?
Die Rallye wurde nach dem Unfall natürlich sofort abgebrochen, das war für mich überhaupt kein Thema. Man ist nach so einem Vorfall natürlich auf dem Scheideweg und überlegt, ob man sich das noch einmal antut, eine Rallye zu veranstalten. Aber es waren damals unglückliche Umstände. Der Fahrer erlitt einen Aorta-Riss, da hätte auch ein Arzt direkt vor Ort nicht mehr helfen können. Der Beifahrer blieb bei dem Unfall unverletzt.

Sie haben über 40 Jahre lang die Lavanttal-Rallye organisiert. Was waren die Highlights?
In so vielen Jahren gibt es viele Höhen und Tiefen. Etwas ganz Besonderes war es, als 2013 der zweifache Weltmeister Walter Röhrl mit einem Audi Quattro S1 als Vorausauto mit dabei war. Ein Highlight war sicher auch die Rallye 2008 mit einem Teilnehmerrekord von 148 Startern, leider kam es dabei zum tragischen Unfall.

Wie hat sich der Rallyesport im Laufe der Zeit verändert?
Früher war es eher ein exklusiver Sport. Im Laufe der Zeit konnten es sich aber immer mehr Leute leisten, an Rallyes teilzunehmen. Der Höhepunkt war 2005 erreicht. Damals waren die WRC-Autos (Anm.: World Rallye Cars sind die höchste Fahrzeugklasse im Rallyesport) am Zenit. Danach ging es wieder abwärts, da sich die WRC-Autos kaum jemand leisten konnte. Es wurde dann versucht, etwas Neues aufzubauen. 2006, 2007 waren fast nur Mitsubishis bei den Veranstaltungen dabei. Das sind  super Autos, aber für Außenstehende war nicht zu sehen, welche genauen Spezifikationen die Fahrzeuge hatten und warum gewisse Leute so überlegen waren. Mittlerweile sind bei den Rallyes fast nur noch Skodas zu sehen. 

Wie haben sich die Fahrer verändert?
Es ist natürlich alles viel professioneller geworden. Es gibt rund 15 Fahrer, die die gesamte Meisterschaft fahren. Unter den Top Ten sind nur diejenigen, die viele Rallyes fahren, das sind dann aber Profis. Daneben gibt es noch Fahrer, die nur Bewerbe in ihrem Bundesland fahren. 

Permanent wird heute über Klimaerwärmung, Umweltschutz, Feinstaub usw. diskutiert. Ist Motorsport noch zeitgemäß?
Es ist schwer zu sagen, was zeitgemäß ist und was nicht. Ich denke, man wird den Motorsport so lange ausüben, so lange es möglich ist. Wenn man es nicht mehr machen kann, muss man sich ohnehin anpassen. Am leichtesten wird es wahrscheinlich sein, eine Rallye-WM irgendwo in Afrika zu fahren.

Aber ich denke, man kann alles in Zweifel ziehen und wird für alles negative Aspekte finden, wenn man will. Wir hatten bereits vor Jahrzehnten Diskussionen mit den Grünen. Ich sagte immer: Wir haben ein Wochenende mit 100 Autos, und dann schauen wir uns einmal an, was die für einen Ausstoß haben. Es gibt viele andere Veranstaltungen, die jedes Wochenende stattfinden und zu denen die Zuschauer auch mit dem Auto anreisen, wie zum Beispiel bei Fußballspielen, heiligen Messen usw.

Außerdem darf man den wirtschaftlichen Faktor nicht vergessen. In den 2000er-Jahren ließen wir alles erheben und wir hatten über 5.000 Übernachtungen.

Mittlerweile gibt es auch E-Motorsport-Veranstaltungen. Warum werden die von den Menschen nicht so gut angenommen? 
Weil sie so fad sind. Allein wenn man sich die Geräusche anhört, dieses Surren – das hat mit Motorsport nichts zu tun. Es fehlen die Motorgeräusche, der Benzingeruch, der Reifenabrieb usw. Das ist ganz etwas anderes als bei der Formel 1. Es gab auch vor zwei Jahren Versuche, E-Autos bei der Rallye einzusetzen. Das ist bei den Zuschauern aber überhaupt nicht gut angekommen.

Zusätzlich zur Lavanttal-Rallye haben Sie auch ab 1991 die Rundstreckentrophy am damaligen A1-Ring, der heute Red Bull-Ring heißt, organisiert? Wie ist es dazu gekommen?
Es gab damals in Kärnten ein Rallyeverbot und wir haben uns Alternativen überlegt. Wir mussten in die Steiermark auswandern, und die Rallye wurde in der Gegend  rund um den damaligen A1-Ring in Spielberg ausgetragen. In dieser Zeit kannte ich den Ringleiter des A1-Rings sehr gut, und als seinerzeit die Truck-Grand-Prixs am Ring aufgelöst wurden, hat er mich gefragt, ob ich nicht ein Rundstreckenrennen veranstalten möchte. Seither gibt es diese Trophy.

Sie wurden 2016 mit der goldenen Ehrennadel der Stadt Wolfsberg ausgezeichnet. Was bedeutet diese Auszeichnung für Sie?
Das war anlässlich 40 Jahre Lavanttal-Rallye: Da habe ich die Ehrennadel der Stadt bekommen und auch den Goldenen Lorbeer des Landes Kärnten. Bereits beim 25er-Jubiläum des MSC erhielt ich die  Sportehrennadel in Gold der Stadt Wolfsberg. Es ist schön, wenn man sieht, dass an jemanden gedacht wird und daran, was er geleistet hat. Aber es sind halt Titel ohne Mittel. Mir wäre lieber gewesen, wenn der MSC Wolfsberg ein paar tausend Euro bekommen hätte.

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