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Weizenpreis klettert immer weiter in die Höhe: Wer davon profitiert und wer das Nachsehen hat Ausgabe 7 | Mittwoch, 16. Februar 2022

Laut der Wolfsberger Landwirtin Helga Leopold haben die Produzenten wenig von den hohen Preisen: Mehreinnahmen werden von höheren Kosten »gefressen«. Schweinefleischproduktion ist jetzt ein Minusgeschäft. Mühlenbetreiber: Gewinn geht an Spekulanten.

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Lavanttal. Dass alles teurer wird, ist kein Geheimnis. Und dabei ist natürlich das Getreide nicht ausgenommen. Wurden im Vorjahr noch 180 bis 200 Euro für eine Tonne Weizen bezahlt, sind es nun 250 bis 260 Euro. Das bedeutet, die Preise für Brot und Gebäck werden sich in Kürze merkbar erhöhen, die Rede ist laut Medienberichten von bis zu 15 Prozent.

Wer nun glaubt, diese Nachricht sei für Landwirte ein Grund zum Jubeln, liegt falsch. Denn auch sie haben mit Preissteigerungen zu kämpfen, dazu ist fraglich, ob die kommende Ernte so groß ausfallen wird wie in der Vergangenheit.

»In den höheren Erlösen müssen höhere Kosten für Energie etc. untergebracht werden«
Helga Leopold, Landwirtin

Die frühere Kammerrätin der Landwirtschaftskammer und Landwirtin Helga Leopold meint zum zuletzt in die Höhe geschossenen Preis: »Die österreichischen Bauern leben schon lange damit, dass weltweite Ernteausfälle oder Übermengen Einfluss auf den Getreidepreis haben. Das hat mitunter zu unverschämt tiefen Preisen geführt. Die Tonne Weizen kostete vor einigen Jahren nicht einmal 150 Euro.« Wenn nun Getreideproduzenten mehr Geld für ihr Produkt bekommen, habe das laut Leopold für andere Landwirte Nachteile: So müssen Veredelungsbetriebe, etwa Schweine- oder Hühnermäster, mehr für das Futter bezahlen. »Des einen Freud, des anderen Leid«, sagt Leopold. Die Folge: Derzeit könne Schweinefleisch nicht kostendeckend produziert werden. Die Wolfsbergerin: »Wegen gestiegener Getreidepreise, der zuletzt geschlossenen Gastronomie und Billigfleisch aus Deutschland ist diese Sparte momentan ein Verlustgeschäft. Pro Kilogramm Schweinefleisch gibt es 1,40 Euro für den Produzenten.«

Keine goldene Nase

Doch auch die Getreideproduzenten verdienen sich laut Leopold derzeit keine goldene Nase: »Die Weizenproduktion ging in Österreich 2021 gegenüber dem Vorjahr um acht Prozent zurück – wenn man selbst von Mindererträgen betroffen ist, nützt der höhere Preis wenig. In den höheren Erlösen müssen außerdem höhere Kosten für Energie, Betriebsmittel und Baustoffe untergebracht werden.« Dazu müssten die Folgen der höheren Preise für Konsumenten relativiert werden: »In einer Semmel machen die Rohstoffkosten, also das Mehl, einen Cent aus. Wenn es zur Verteuerung von Gebäck kommt, sind steigende Kosten bei Herstellung und Logistik –Personal, Energie, Verpackung – verantwortlich. Während steigende Getreidepreise in ärmeren Ländern zu Hunger, Unruhen und Migration führen, sind die Auswirkungen bei uns für Konsumenten wenig spürbar«, sagt Leopold.

Was den Bauern derzeit große Sorgen bereite, seien die von der EU-Kommission vorgesehenen Rahmenbedingungen für die nächste Programmperiode: der »Green Deal«, der zur Klimaneutralität führen soll. Leopold: »Das könnte zu Ernterückgängen von zehn bis 20 Prozent führen – was sich natürlich auch auf die Preise auswirken würde.«

Christian Salzmann, dessen Familie die Frühauf-Mühle in St. Andrä betreibt, sieht die Weizenbauern nicht als Profiteure der stark gestiegenen Preise: »Sie haben fast nichts davon, der Gewinn wird woanders abgeschöpft, etwa an der Börse, wo mit Getreide spekuliert wird. Der Weizenpreis hat sich von Juli bis Dezember 2021 nahezu verdoppelt.« Hätte Salzmann diese Entwicklung vorhergesehen, hätte er anders reagiert: »Als kleinere Mühle kaufen wir kleinere Mengen Getreide, da es für uns sonst totes Kapital ist. Wenn ich gewusst hätte, was kommt, hätte ich den Silo bis oben gefüllt.« Dazu kommen die nun höheren Papierpreise, die die Verpackungen verteuert haben, sowie die massiv gestiegenen Strompreise.

Keine Entspannung zu erwarten

Der St. Andräer erwartet bei den Weizenpreisen in nächster Zeit keine Entspannung: »Sollten Österreich und die EU keine Gegenmaßnahmen setzen, sind die Zeiten des billigen Brots wohl vorbei. Entscheidend wird auch die heurige Ernte sein, bei der ich keine Rekorde erwarte: Der Düngermangel ist ein großes Thema.« Die Menschen müssten nun sensibilisiert werden, mit Brot und Fleisch achtsamer umzugehen. Auch das Faktum, dass Jahr für Jahr große Flächen an Acker- oder Wiesenflächen für immer verbaut und damit versiegelt werden, trage langfristig nicht zur Entspannung der Getreideknappheit bei ...

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