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Gemeinderat Wolfsberg: Erst wurde Hitler hinausgeworfen, danach die Parkgebühren verdoppeltAusgabe 51 | Freitag, 20. Dezember 2019

Adolf Hitler ist nach einem einstimmigen Beschluss des Wolfsberger Gemeinderats nicht mehr Ehrenbürger von Reisberg. Streit gab es bei der Anhebung der Parkgebühren, die in Zukunft einen Euro statt 50 Cent kosten. Die ÖVP fordert jetzt die Einstellung der Stadtzeitung „Wolfsberg News“. Und: Das „Orpheo“ hat einen neuen Betreiber.

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Wolfsberg. Erwartungsgemäß einstimmig sprach sich der Wolfsberger Gemeinderat für die Aberkennung der Ehrenbürgerschaft von Adolf Hitler, Reichskanzler von Nazi-Deutschland, aus. Wie berichtet war dem „Führer“ diese Auszeichnung von der Gemeinde Reisberg im Juni 1932 verliehen worden. Da Reisberg 1964 Teil von St. Marein wurde und St. Marein 1973 zu Wolfsberg gegliedert wurde, mussten sich jetzt die Mandatare der Bezirkshauptstadt mit der leidigen (und peinlichen) Angelegenheit befassen.

In der Sitzung am Freitag, 20. Dezember 2019, berichtete der Wolfsberger Bürgermeister Hans-Peter Schlagholz (SPÖ) von unterschiedlichen Auffassungen, die in der Causa bestehen: Hier die Meinung, eine Ehrenbürgerschaft erlösche mit dem Tod des Ausgezeichneten, da die Ansicht, eine Ehrenbürgerschaft müsse widerrufen werden. „Jetzt gehen wir auf Nummer sicher“, so der Bürgermeister, der meinte, er habe stets gedacht, das Thema sei „längst erledigt“.

Während sich FPÖ-Stadtrat Johannes Loibnegger erfreut über den Antrag zeigte, fragte sein Parteikollege Daniel Megymorecz, warum der Antrag so benannt sei: „100 Jahre Volksabstimmung, Widerruf der von der Gemeinde Reisberg verliehenen Ehrenbürgerschaft an Adolf Hitler“. „Was hat das mit der Volksabstimmung zu tun?“, so Megymorecz. Schlagholz bot eine Titeländerung an, die später vom Gemeinderat auch beschlossen wurde. Grüne-Gemeinderat Reinhard Stückler kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an, forderte aber zugleich, die Arbeit der Straßennamen-Kommission zu Ende zu bringen. Sie hatte vor mehreren Jahren die Vervollständigung des nach einem früheren Stadtpolitikers benannten Gassersteigs gefordert. Stückler: „Es soll klargestellt werden, welcher Gasser gemeint ist, denn es gibt auch belastete Personen dieses Namens. Ich schlage darüber, aber auch über andere Straßennamen, informelle Gespräche vor.“ Danach wurde Hitlers Ehrenbürgerschaft mit den Stimmen aller Gemeinderäte aufgehoben.

Heißer her ging es beim Thema Parkgebühren. Sie werden in Wolfsberg nun von 50 Cent pro Stunde auf einen Euro angehoben – und damit verdoppelt. Vizebürgermeister Ewald Mauritsch (SPÖ) zitierte aus dem Masterplan des Landes aus dem Jahr 2014, in dem es hieß, die Möglichkeit, einen Parkplatz zu finden, sei entscheidend bei der Wahl des Beförderungsmittels. Fahrräder und öffentlicher Verkehr seien aber zu forcieren. Mauritsch betonte auch, das ab nun mit einem Euro zwei Stunden geparkt werden könne, denn die erste Stunde bleibe weiterhin kostenlos. FPÖ-Gemeinderat Megymorecz sagte: „Jedes Jahr vor Weihnachten erhöht die SPÖ die Gebühren. Wir sind keinesfalls dabei.“ Lakonische Antwort von Schlagholz: „Ja, isso.“ Stadtrat Steinkellner meinte: „Wir können und wollen da nicht mitgehen. Billiges Parken ist eine Art von Wirtschaftsförderung“, zu der die ÖVP stehe. Sein Fraktionskollege Johann Weber sagte, die Erhöhung der Parkgebühr sei nach der

„harten Zeit“, die der Hohe Platz nach dem langen Umbau hinter sich habe, „ein starkes Stück“. Der Handel solle die Möglichkeit haben, sich zu erholen. Und: „Wir müssen die Bürger jetzt in die Innenstadt bringen – und sie nicht daraus vertreiben.“ Die ÖVP stimme nicht zu. Es folgte eine Korrektur von SPÖ-Mandatar Hannes Primus: „Am Hohen Platz ist 30 Minuten Parken erlaubt“ – Gebühren gebe es dort. Die Wirtschaftsförderung sei auch mit einem Euro gegeben, die Stadt habe mit der kostenlosen Parkstunde in zehn Jahren rund zwei Millionen Euro verloren. „Jetzt gehen wir von 25 Cent auf 50 Cent pro Stunde. Das ist billig wie nirgends sonst“, so Primus.

Der Konter von Weber sorgte für erstauntes Schweigen im Sitzungssaal. Der Gemeinderat sagte: „Es geht also nur darum, dass die Stadt Geld braucht. Dann beantragen wir die Einstellung der Stadtzeitung „Wolfsberg News“, die wir nicht brauchen, die aber auch große Kosten verursacht.“ Der Bürgermeister: „Der Antrag wird dem Ausschuss zugewiesen und dort sehr gewissenhaft behandelt werden. Die News sind aber ein Teil unseres Wirtschaftsservice, daher wäre die Einstellung anti-wirtschaftlich.“ Letztlich wurde mit den Stimmen der SPÖ und Grünen die Erhöhung beschlossen. Siemens wird mit einem Kostenaufwand von 4.600 Euro beauftragt, die Parkautomaten umzuprogrammieren.

Ebenfalls auf der Tagesordnung stand der Wolfsberger Voranschlag für das Jahr 2020. Laut dem vortragenden Gemeinderat Jürgen Maier (ÖVP) musste nun erstmals das System des Drei-Komponenten-Haushalts angewandt werden – ein kniffliges Unterfangen. Die Unterteilung erfolgt in Ergebnis-, Finanzierungs- und Vermögenshaushalt. Die Wolfsberger Erträge werden kommendes Jahr bei 68,533.800 Euro liegen, die Ausgaben bei 72,873.300 Euro. Macht auf den ersten Blick ein Minus von 4,339.500 Euro. Laut Schlagholz müssen aber lediglich 336.300 Euro aus Rücklagen zugeschossen werden, da es sich beim Rest um Rückstellungen und weitere buchhalterische Posten handelt. Er betonte auch die Mühen und finanziellen Aufwendungen, die die Erstellung nach dem neuen System gekostet hat – und beklagte wortreich die finanzielle Last, die der Gemeinde – derzeitiger Schuldenstand: 10,6 Millionen Euro – durch Abgaben an Land und Bund aufgebürdet werde. Folgen ließ er eine lange Liste jener Ausgaben, die Löcher ins Wolfsberger Budget brennen, aber notwendig seien: Kindergärten – Abgang von 3,1 Millionen Euro. Schülertransport – Kosten von 420.000 Euro. Essen auf Rädern – 69.000 Euro Beitrag der Stadt. Sieben Volksschulen – 2,3 Millionen Euro.

Im Vorfeld hatte die ÖVP-Fraktion dem Voranschlag nicht zugestimmt, sondern mit Enthaltung votiert. In der Sitzung sagte Stadtrat Josef Steinkellner (ÖVP): „Alle Pflichtausgaben sind gedeckt, wir kommen unseren Aufgaben nach. Daher werden wir nun zustimmen.“ Nach einem Loblied (fast) aller Parteien auf die Wolfsberger Finanzabteilung und deren Leiterin Andrea Mauritsch, die das Budget 2020 trotz der Hürden zustande gebracht hatte, wurde es einstimmig verabschiedet.

Abgelehnt wurden zwei Anträge von ÖVP und FPÖ. Die Türkisen wollten – wie berichtet – mit Filtern gegen den Gestank vorgehen, der zeitweise aus dem Wolfsberger Kanalsystem dringt. Er wurde als zu teuer zurückgewiesen. Laut Vizebürgermeister Mauritsch würden Kosten von 490.000 Euro pro Filterwechsel entstehen, was den Gebührenzahlern nicht zuzumuten sei. Die ÖVP bestritt diese Summe, scheiterte aber. Nicht besser ging es den Freiheitlichen, die forderten, die Kosten, die durch eine schadhafte Mauer bei der Schoßbachbrücke entstanden sind, rund 3.500 Euro, vom Eigentümer einzutreiben. Die

Straße unter der Brücke war zuletzt – wie berichtet – monatelang gesperrt, nachdem in einer Mauer Risse aufgetreten waren. Schließlich reparierte die Stadt die Mauer auf eigene Kosten. Bürgermeister Schlagholz wandte sich gegen den Vorstoß der FPÖ, da der Besitzer „nicht gänzlich dagegen“ sei, einen Sanierungsbeitrag zu leisten, er aber zuvor wissen wolle, wie es mit der geplanten Verbauung des Schoßbachs weiter gehe. Gegen die Stimmen der FPÖ und der Grünen wurde der Antrag abgelehnt.

Erfolg hatte der Bürgermeister mit einem Dringlichkeitsantrag: Der Gemeinderat wird eine Petition an die ÖBB und das Land Kärnten – namentlich an LH Peter Kaiser sowie die Landesräte Daniel Fellner, Sara Schaar sowie Sebastian Schuschnig – richten, in dem gefordert wird, auf den nicht elektrifizierten Bahnstrecken des Lavanttals elektrische Zuggarnituren mit batteriebetriebenen Zusatzausstattungen, den sogenannten „Cityjet Eco“, einzusetzen. Frantschach-St. Gertraud, St. Paul und Reichenfels plädieren ebenfalls dafür. Die Petition wurde einstimmig beschlossen.

Eine weitere gute Nachricht ganz am Ende. Das „Orpheo“ im Wolfsberger Trattl-Park, das nach dem Rückzug des Pächter-Ehepaares Marion und Wolfgang Resch verwaist war, hat einen neuen Wirt. Aus einem Hearing ging der Betreiber des „Stones“, Lukas Peinsitt, als Gewinner hervor. Der Gemeinderat beschloss einstimmig, ihm einen Vertrag für vier Jahre zu geben, samt Option auf ein fünftes Jahr.

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