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Energiepionier Franz Dorner: »Ohne Anlagen für erneuerbare Energie wird es nicht gehen« Ausgabe 37 | Mittwoch, 15. September 2021

Der Lavanttaler Energielandwirt Franz Dorner (63) spricht im Interview mit den UN über Windkraftprojekte im Lavanttal, wie er zur erneuerbaren Energie kam, Pläne für die Zukunft und warum man ohne erneuerbare Energie in Zukunft nicht auskommen wird.

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Unterkärntner Nachrichten Redakteur Michael Swersina Von Michael Swersina m.swersinano@spamunterkaerntner.at
Bild links: Franz Dorner auf dem Weg zur UVP-Verhandlung für den Windpark am Bärofen. Nach dem positiven UVP-Bescheid werden nun zahlreiche Einsprüche behandelt. Rechts: Dorner war der erste, der im Lavanttal eine großflächige PV-Anlage errichtete. Foto: UN (1), Timo Jaworr (1)

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Sie haben sehr früh mit erneuerbarer Energie angefangen und 2006 die erste großflächige Photovoltaik-Anlage im Lavanttal errichtet. Wie sind Sie dazu gekommen, sich mit erneuerbarer Energie zu beschäftigen? 
Bereits 1998 bis 2000 habe ich einen Hühnerstall gebaut und versucht, dafür Wärme und Energie billig zu bekommen. Das war aber ein Irrweg, die Ölpreise sind gestiegen und ich machte mir Gedanken über Alternativen. Ich habe dann auf eine Hackschnitzelheizung umgestellt und erstmals Überlegungen angestellt, mit dem Wind etwas zu machen. Im Bereich Windkraftanlagen war man damals aber noch sehr unprofessionell unterwegs, und so habe ich das verworfen. 2002 dachte ich mir dann, ich habe so große Dachflächen, ich werde sie für Photovoltaik nutzen. 

Aber bis zum Bau der Photovoltaikanlage hat es dann noch einige Jahre gedauert. Warum?
Es war damals sehr kompliziert mit den Genehmigungen. Es hat zweieinhalb Jahre gedauert, bis  ich die Baugenehmigung für die PV-Anlage am Dach hatte. 

Und dann wurde endlich mit dem Bau begonnen?
So einfach war es nicht. Dann war die Problematik, dass es mit der Niederspannungsleitung, die ich am Hof hatte, nicht funktionierte. Ich musste eine 1,2 Kilometer lange 220-kV-Leitung und einen eigenen Trafo bauen. Ich habe dabei rund 250.000 Euro ins Netz investiert. Das ist eine sieben Kilometer lange Leitung, die ich bis zum öffentlichen Netz eingekabelt habe. Mit dieser Leitung ist auch für die Zukunft vorgesorgt, da kann noch viel gebaut werden. Es war aber ein sehr großer finanzieller Aufwand, und es hat rund vier Jahre gedauert, bis endlich mit dem Bau begonnen werden konnte.

Wie sind Sie danach zur Windkraft gekommen? 
Als die Photovoltaik-Anlage funktionierte, habe ich geschaut, was man noch in Richtung erneuerbarer Energie machen könnte. Die Handalm und der Bärofen sind ja optimal für Windkraft. Ich habe mir das bereits 2001 einmal angeschaut, bin dann aber zur Photovoltaik gekommen. 2009 habe ich beim Referat für Raumordnung nachgefragt, ob ich dort einen Windpark errichten könnte. Bezüglich der Handalm sagte man mir, dass es nicht möglich sei, sehr wohl aber am Bärofen.

Sie sind bei zwei Windparkprojekten – Bärofen und Steinberger Alpe – im Lavanttal mit dabei. Am Bärofen gibt es jede Menge Einsprüche. Wie ist der Stand der Dinge? 
Naturschutzorganisationen und Bürgerinitiativen haben jetzt Einsprüche beim Bundesverwaltungsgericht angemeldet, die jetzt von Sachverständigen bewertet werden. In den nächsten Monaten wird es eine Verhandlung und auch ein Ergebnis geben.

Auf der Steinberger Alpe wird ja bereits gebaut. Da gibt es nun aber auch Widerstand. Was ist da los? 
Ich habe dabei die Ableitungsverhandlungen mit den Grundeigentümern vom Windpark bis zum Umspannwerk geführt. Da konnte alles im Vorjahr abgeschlossen werden und der Bau ist bereits im Gange. Jetzt wird auch die Ableitung in Angriff genommen, da ist ja viel Koordinationsarbeit notwendig. Die Verträge mit den Grundeigentümern wurden abgeschlossen. Es profitieren ja alle massiv davon. Die ganze Kelag-Leitung wird eingegraben, 200 Strommasten kommen weg, wodurch die Versorgungssicherheit massiv steigen wird. 

Auch am Bärofen werden die Leitungen eingekabelt, womit die Versorgungssicherheit auch für die Liftgesellschaft, die immer über Probleme klagte, gesteigert wird. Von den Windparks profitiert die gesamte Region. 

Wie optimistisch sind Sie, dass am Bärofen den Einsprüchen nicht stattgegeben wird? 
Ich war bei allen Begehungen für das UVP-Verfahren mit dabei. Mehr als 30 Experten haben über eineinhalb Jahre alles geprüft. Es wurden Nachjustierungen vorgenommen. Ich bin vollkommen optimistisch, dass wir auch beim Bundesverwaltungsgerichtshof Erfolg haben werden. 

Die Windkraftprojekte werden sehr emotional diskutiert. Haben Sie schon persönliche Anfeindungen erlebt? 
Man bekommt schon viele Nachrichten und wird natürlich darauf angesprochen. Ich war gerade erst auf der Steinberger Alpe und habe dort zwei Leute vom Alpenverein getroffen, die mir sagten, dass sie es mir wünschen, dass wir den Windpark endlich bauen. Ich höre eigentlich nur Positives. Es kommt ganz selten vor, dass es negatives Feedback gibt. Die Menschen wissen mittlerweile ganz genau, dass es ohne erneuerbare Energie nicht geht. Kärnten hat ja nur 55 Prozent erneuerbare Energie, der Rest ist fossil. Dann importieren wir noch immer eine Milliarde Kilowattstunden Strom. Wir wissen, wie gefährlich Atomstrom ist.

Was ist der große Vorteil der Windenergie? 
Beim Bau einer 3,5-Megawatt-Anlage verbrauche ich maximal 1.000 Quadratmeter an Standfläche. Man braucht wenig Platz und hat eine irrsinnige Leistung. Mit den 3,5 Megawatt versorge ich 2.000 Haushalte.  Oder zum Beispiel mit dem Windpark Bärofen kann ich 30.000 E-Autos versorgen.

Wenn es von der Regierung heißt, 2030 sind die Ziele festgelegt, der komplette Strom muss aus erneuerbarer Energie kommen, bedeutet das, dass wir ein Minimum von 1.000 Windkrafträdern brauchen, die ganzen Dachflächen und Parkplätze und tausend Hektar Freifläche für Solarenergie benötigen usw.

Welche Nachteile gibt es bei der Windkraft? 
Dass man die Anlagen sieht. Ohne Windkraft wird die Energiewende aber nicht funktionieren.

Warum sind alle Windparkprojekte im Tal auf der Koralpe? 
Auf der Koralpe gibt es die Radarstation, die Skilifte. Die Koralpe ist ja kein freies Gebiet. Die Saualpe ist frei, und das soll sie auch bleiben. Man soll es auf ein paar Standorte konzentrieren. 

Haben Sie auch schon weitere Projekte in Aussicht? 
Ich mache derzeit mein eigenes Projekt. Ich habe bei mir 2,1 Megawatt PV genehmigt. Ich baue jetzt einen Speicher mit 700 Kilowatt Leistung. Das ist für die Eigenversorgung, damit ich auch in der Nacht meinen Strom habe – und das ist auch für ein Blackout gut. Ich baue einen umweltfreundlichen Salzwasserspeicher. Mit diesem Speicher kann ich meinen Betrieb und 80 weitere Haushalte voll versorgen.

Wie wird sich der Strompreise entwickeln? 
Der Atomstrompreis war in der Vergangenheit bei 2,5 bis 3 Cent je kWh, am 1. September lag er bei über zehn Cent. Die Netztarife werden massiv steigen. Wenn man jetzt bei der erneuerbaren Energie alles verhindert, wird sich das nicht spielen. Deutschland stellt jetzt sechs Atomkraftwerke außer Betrieb und steigt aus der Braunkohle aus. Der Strompreis steigt massiv, um das Dreifache. Auch die Netztarife werden in Zukunft massiv ansteigen. Hier ist die Bundesregierung gefordert, der Ausbau der Windkraft und der Photovoltaik muss enorm gesteigert werden. Ansonsten wird der Strompreis für Endkunden in Österreich auch auf 30 Cent je kWh steigen, wie es in Deutschland der Fall ist.

Sie sind Geflügelbauer. Kommen Ihre Einnahmen aus diesem Bereich oder den Energieprojekten?
Den Hühnerbetrieb habe ich mit meiner Familie aufgebaut, er ist heute am modernsten Stand und EMAS-zertifiziert. Aber mittlerweile hat auch die Energie eine große Bedeutung im Betrieb.

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