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Wolfsberg. Der für die Raumordnung zuständige Landesrat Daniel Fellner (SPÖ) war bei der Präsentation hocherfreut: Nachdem seit dem Jahr 2003 um ein neues Raumordnungsgesetz für Kärnten gerungen worden war, hatte der Gesetzesentwurf am 23. März die Regierungssitzung passiert – »endlich«, wie Fellner meinte. Eine Kernaussage des neues Gesetzes: Neue Einkaufszentren (EKZ) mit mehr als 600 Quadratmetern dürfen künftig nur noch in Orts-und Stadtkernen errichtet werden.
»Man könnte darin ein Schlupfloch sehen, dass weitere Ansiedlungen vor den Toren ermöglicht«
Daniela Schatz-Hornof, Immobilien-Expertin
Damit sind die Zeiten, als sich neue Betriebe vorzugsweise auf der »grünen Wiese« ansiedelten, vorbei – was nicht nur für Begeisterung sorgt, etwa beim Wolfsberger Bürgermeister Hannes Primus (SPÖ). Gleichzeitig reiben sich Besitzer von großen Immobilien in den Lavanttaler Ortszentren die Hände: Sie sehen sich als Gewinner der neuen Regelung, rechnen mit höheren Quadratmeterpreisen und damit einer Wertsteigerung ihres Besitzes.
Leider nein
Zweifel an dieser Hoffnung hegt die Wolfsberger Immobilien-Expertin Daniela Schatz-Hornof. Sie sagt: »Ich glaube nicht, dass die Preise in den Gemeindekernen aufgrund des neuen Gesetzes stark steigen werden. Es ist verzwickt. Einerseits sind kaum Flächen vorhanden, deren Größe die Errichtung von Einkaufszentren erlauben würde. Andererseits verursacht der Abriss bestehender Gebäude, um Platz für solche Projekte zu schaffen, hohe Kosten.« Natürlich werde es Firmen geben, die diese Ausgaben nicht scheuen. Laut Schatz-Hornof ist aber die Chance, einen potenten Investor zu finden, gering. Und wo keine Nachfrage, gibt es auch keine Preissteigerung. Die Wolfsbergerin will auch nicht daran glauben, dass neue Ansiedlungen künftig nur mehr in den Ortskernen stattfinden werden. »Nehmen wir an, ein großer Autohändler will sich auf der grünen Wiese niederlassen. Dann wird er Grund bekommen, denn die 600-Quadratmeter-Regel gilt ja nur für Einkaufszentren.«
Tatsächlich steht in der Regierungsvorlage des neuen Raumordnungsgesetzes: »Einkaufszentren sind nur in Orts-oder Stadtkernen zulässig.« In Paragraf 32, Absatz zwei, wird danach definiert, was als Einkaufszentrum zu betrachten ist: »Verkaufslokale des Kraftfahrzeug- und Maschinenhandels, des Baustoffhandels (ausgenommen Baumärkte) sowie des Möbelhandels und des Brennstoffhandels, von denen keines in seinem Warenangebot Lebensmittel führt, gelten erst ab einer wirtschaftlich zusammenhängenden Verkaufsfläche von 2.500 Quadratmetern als EKZ II«.
»Die Gemeinde hat sich in einer Stellungnahme eher negativ zur neuen Raumordnung geäußert«
Hannes Primus, Bürgermeister von Wolfsberg
Die Immobilien-Expertin kommentiert den Passus so: »Man könnte darin ein Schlupfloch sehen, durch das weitere Ansiedlungen möglich werden.«
Bürgermeister ist skeptisch
Bürgermeister Primus sieht der Umsetzung der Vorlage, die erst vom Landtag beschlossen werden muss, mit Skepsis entgegen: »Bei EKZ I, also Einkaufszentren, die auch Lebensmittel anbieten, sind wir nicht betroffen. Denn da haben wir die gesetzlich möglichen Flächen so gut wie erreicht.«
Die kommende Zeit verspricht »spannend« zu werden, sagt Primus: »Es wird immer schwieriger, Gründe an der Peripherie zu widmen – auch Bauland, auf dem private Häuser errichtet werden sollen. Wir haben die Zersiedelung nicht gewollt, es wurde aber bereits viel Infrastruktur gebaut, Kanal, Wasser und so weiter. Es wird aber schwieriger werden, die Wünsche der Menschen zu erfüllen, gerade beim Hausbau.« Wolfsberg habe sich daher in seiner Stellungnahme zur Änderung der Raumordnung »eher negativ geäußert, weil es für uns eine Einschränkung bedeutet«, so Primus.
Dass es aber nicht weitergehen kann wie bisher, ist klar. In Kärnten gingen zuletzt rund 3,3 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche durch Verbauung verloren – jeden Tag. Das heißt, Tag für Tag wurden Flächen im Ausmaß von fünf Fußballfelder zubetoniert. Abgesehen von den Auswirkungen auf die Natur, wird damit die Versorgung mit heimischen Lebensmitteln gefährdet. So betrug in Österreich im Jahr 2018 der Selbstversorgungsgrad bei Getreide nur noch 90 Prozent, bei Gemüse 40 Prozent.
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