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Nach vier Staatsmeistertiteln mit Simon Wagner und den zwei Siegen bei der Lavanttal-Rallye beenden Sie Ihre aktive Laufbahn. Wie kam es dazu?
Ehrlich gesagt, kam alles ganz überraschend. Im Dezember habe ich noch meine Fahrlizenz erneuert, in der festen Absicht mit Simon Wagner weiterzufahren. Kurz darauf erhielt ich einen Anruf von Simon, der mir mitteilte, dass er in Zukunft mit Anna Ostlender fahren wird. Eine konkrete Begründung gab es nicht. Er meinte lediglich, dass ich viel zu tun hätte mit Familie und Beruf und dass er in dieser Saison noch mehr fahren wolle als zuvor, was zeitlich schwierig für mich wäre. Vergangenes Jahr war für mich sehr ereignisreich: Ich habe die Abendmatura abgeschlossen, im Mai kam mein Sohn zur Welt, im Juni verlor ich meinen besten Freund. Trotz all dieser Herausforderungen haben wir es geschafft, den Staatsmeistertitel zu holen und in der Europameisterschaft unsere bisher besten Ergebnisse zu erzielen. Keine Rallye ist ausgefallen, und wir haben stets unser Bestes gegeben.
Werden wir Sie in Zukunft mit einem neuen Partner bei Rallyes sehen?
Das kann ich noch nicht mit Sicherheit sagen. Angebote gibt es bereits, die ersten eine Stunde nachdem bekannt wurde, dass Simon und ich getrennte Wege gehen. Die Saison beginnt richtig im März, und ich halte mir alle Optionen offen. Ob ich Rallye komplett abhake, weiß ich noch nicht.
Werden Sie bei der diesjährigen Lavanttal-Rallye in irgendeiner Form dabei sein?
Als Teilnehmer wohl nicht, aber ich werde dennoch involviert sein. Ich unterstütze den Obmann des MSC Lavanttal, Helmut Klösch, bei der Organisation und werde mich um die Sponsorenbetreuung kümmern. Den Sponsoren einen Einblick hinter die Kulissen zu geben und sie mit meinem Wissen zu unterhalten, wird sicher Spaß machen. Außerdem bin ich seit 30 Jahren beim MSC und als Vizepräsident immer aktiv dabei. Es ist schön, auf diese Weise dem Sport verbunden zu bleiben.
Für die Lavanttal-Rallye ist alles unter Dach und Fach?
Ja, es gibt noch ein paar Kleinigkeiten bei den Streckenführungen, aber sonst ist alles durch. Großteils wird sie wie im Vorjahr ablaufen, und es wird auch wieder eine Nachtsonderprüfung geben.
Wie blicken Sie auf Ihre Karriere zurück? Welche Momente waren für Sie besonders bedeutsam?
Ohne arrogant klingen zu wollen, denke ich, dass es kaum besser hätte laufen können. Ich werde dieses Jahr 47 und bin ehrlich gesagt nicht der typische Beifahrer. Normalerweise sind Beifahrer klein und leicht, etwa 1,50 Meter groß und 45 Kilo schwer. Ich bin 1,86 Meter groß und wiege mit Ausrüstung um die 90 Kilo. Bei den nationalen Rennen, wenn man alles gewinnt, rechnet ohnehin keiner nach, was durch das höhere Gewicht verloren ging. Aber wenn es um Zehntelsekunden geht, ist das Gewicht ein wichtiger Faktor. Das war auch immer wieder ein Thema im Team, da Gewicht im Rallye-Sport eine große Rolle spielt. 20 Kilo weniger können pro Kilometer eine Zehntelsekunde ausmachen. Doch am Ende zählt nicht nur das Gewicht, sondern auch das Fachwissen und die Harmonie mit dem Fahrer. Viele glauben, der Beifahrer liest nur vor, aber tatsächlich umfasst der Job viel mehr: Von der detaillierten Vorbereitung über die Streckenplanung bis hin zur strategischen Abstimmung.
Was machen Sie jetzt nach dem Ende Ihrer aktiven Rallye-Karriere? Gibt es neue Projekte?
Ich bin seit 15 Jahren selbstständig und habe vergangenes Jahr meine Firma nach Eitweg verlegt und den Betrieb meines verstorbenen Freundes übernommen. Es ist schön, jetzt mehr Zeit für die Familie zu haben. Meine Tochter wird im März drei Jahre alt, mein Sohn im Mai ein Jahr.
Die vergangenen 30 Jahre war ich fast jedes Wochenende unterwegs. Jetzt genieße ich es, mehr Zeit mit meinen Liebsten zu verbringen und mich auf meine beruflichen Projekte zu konzentrieren.
Wie hat sich der Rallye-Sport seit Beginn Ihrer Karriere verändert?
Die technischen Entwicklungen sind enorm. Jedes Jahr denkt man, den Zenit erreicht zu haben, doch es geht immer noch schneller, besser und präziser. Oft sind die Fortschritte physikalisch kaum zu erklären. Als ich anfing, war alles einfacher. Man fuhr hin, buchte ein Zimmer und legte los. Heute ist der Sport viel professioneller. In der Rallye-Europameisterschaft waren wir die einzigen in den Top 20, die nebenberuflich fuhren. Die anderen sind Profis. Das hat es für uns natürlich schwieriger gemacht, mitzuhalten.
Welche Herausforderungen gab es als Beifahrer und wie sind Sie damit umgegangen?
Die größte Herausforderung war stets, überall das Beste zu geben. Der zweite Platz fühlt sich oft wie der erste Verlierer an. Dass wir die Jänner-Rallye nie gewinnen konnten, ärgert mich noch heute. Es ist die einzige österreichische Rallye, bei der uns der Sieg verwehrt geblieben ist. Aber es gab viele schöne Momente: Zwei Siege bei der Lavanttal-Rallye, insbesondere der erste kurz nach der Geburt meiner Tochter, oder der dritte Platz bei der Azoren-Rallye 2022 (Anm.: ein Europameisterschaftslauf), obwohl wir im Vorfeld keine Möglichkeit hatten, auf Schotter zu testen. Auch die Teilnahme an der »Arctic Rallye« in Lappland im Vorjahr auf Schnee und Eis mit extremen Temperaturen von minus 35 Grad war eine besondere Erfahrung.
Wie haben Familie und Freunde auf das Aus mit Simon Wagner reagiert?
Mein Umfeld sieht es mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Einerseits sind sie erleichtert, dass ich mich nicht mehr den Gefahren des Sports aussetze. Andererseits wissen sie, dass Rallye seit 30 Jahren meine Leidenschaft ist. Sie unterstützen mich aber in meinem neuen Lebensabschnitt.
Wie haben Sie die Balance zwischen Rallye-Sport, Beruf und Privatleben gehalten?
Es war nicht immer einfach, aber alles ist machbar, wenn man es wirklich will und mit Leidenschaft dabei ist. Man setzt sich seine eigenen Limits.
Parallel zur Rallye habe ich die Abendmatura an der HTL gemacht und eine zweite Firma aufgebaut. Es gab keinen, an dem ich mich orientieren konnte, aber mit Disziplin und guter Organisation lässt sich viel erreichen.
Wenn Sie noch einmal die Chance hätten: Was würden Sie in Ihrer Karriere anders machen?
Nichts, ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich während meiner Zeit als Co-Pilot erreicht habe. Jede Erfahrung hat mich geprägt und weitergebracht.
Welche Pläne haben Sie für die kommenden Jahre, sowohl beruflich als auch persönlich?
Ich möchte mich verstärkt auf meine Unternehmen konzentrieren und die Zeit mit meiner Familie genießen. Dem Rallye-Sport bleibe ich natürlich auch weiterhin in organisatorischer Funktion treu.
Wie sehen Sie die aktuellen Entwicklungen im Motorsport, insbesondere hinsichtlich Technik, Sicherheit und Umweltschutz?
Die technischen Fortschritte sind beeindruckend, doch ich betrachte einige Entwicklungen auch kritisch. Im Bereich Umweltschutz gibt es viele Diskussionen, aber ich bin überzeugt, dass der Motorsport oft Vorreiter für neue Technologien ist, die später auch im Alltag Anwendung finden.
Beispielsweise wäre der CO₂-Ausstoß, wenn die Formel-1-Fahrzeuge 24 Stunden lang am Red Bull Ring fahren würden, geringer als der eines einzigen Flugs von Wien nach New York mit einer Boeing. Motorsport trägt viel zur Entwicklung effizienterer Technologien bei.
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