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Raphaela Egger: »Wir sehen den Plastikmüll als wichtigen Rohstoff, neue Produkte zu kreieren«Ausgabe 3 | Mittwoch, 20. Januar 2021

Die Wolfsbergerin Raphaela Egger (35) im Gespräch mit den Unterkärntner Nachrichten über ihr Unternehmen »Plasticpreneur«, zum dezentralen Kunststoffrecycling, beim Verein »Product Life Institute Austria« und warum ein politisches Amt nichts für sie ist.

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Sie sind eine vielseitig beschäftigte Frau. Können Sie sich unseren Lesern kurz vorstellen? 
Ich bin Mitgründerin von »Plasticpreneur«, das ist ein Social Business, dass Anfang des Jahres 2020 gemeinsam mit drei Partner gegründet wurde. Ich bin auch Obfrau des »Product Life Institute Austria« (PLIA), einem gemeinnützigen Verein, und an der Fachhochschule Joanneum als externe Lehrende tätig. Außerdem bin ich auch noch selbstständig.

Wie ist es zur Gründung von »Plasticpreneur« gekommen? 
Angefangen hat alles 2016. Damals war Mitgründer Sören Lex in Uganda in Afrika, wo er zwei großen Herausforderungen begegnete. Nämlich der hohen Arbeitslosigkeit und dass es fast keine Ausbildungsmöglichkeiten gab, sowie dem vielen Plastikmüll. Da hat er sich überlegt, was man dagegen machen könnte. Er dachte zunächst, dass wir Produkte entwickeln, die wir in Österreich verkaufen könnten, etwa Ski-Bambus-Stöcke. Während dieses Entwicklungsprozesses sind Boris Rauter und ich dazugestoßen und haben Maschinen entwickelt. Dabei sind wir zur Erkenntnis gelangt, dass wir mehr erreichen könnten, wenn wir den Fokus auf Maschinen legen und nicht auf die Produkte. Dann kam Florian Mikl dazu und wir waren komplett. Im Jänner 2020 gründeten wir das Unternehmen »Plasticpreneur«. 

Was macht »Plasticpreneur« genau? 
Bislang haben wir vier Plastik-Recycling-Maschinen entwickelt. Das sind aber keine großen industriellen Maschinen, sondern kleine, kompakte Geräte, die im »circular design« designt wurden. Das heißt, sie sind leicht bedienbar, leicht reparierbar, leicht transportierbar und sehr nachhaltig. Sie sind so klein, dass sie teilweise sogar per Paket verschickt werden können. 

Mit diesen Maschinen wird in einem ersten Schritt Plastikmüll gesammelt, gereinigt und zu Granulat geschreddert. In einer weiteren von uns entwickelten Maschine wird danach das Granulat in Produkte gepresst. Diese Produkte designen wir selbst in Zusammenarbeit mit den Menschen im jeweiligen Land. Wir sehen den Plastikmüll als wichtigen Rohstoff, aus dem man neue Produkte kreieren kann, die lokal benötigt werden. Bis Mitte 2019 haben wir die Maschinen fertig entwickelt, danach CE-zertifiziert. Bis jetzt haben wir unsere Maschinen in über 45 Länder verschickt, wo sie aktuell im Einsatz sind. 

Also werden die Maschinen weltweit benutzt? 
Ja, sie sind auf fünf Kontinenten im Einsatz. Maschinen stehen in fast allen Ländern Europas und in vielen Ländern Afrikas, aber auch auf den Galapagosinseln, Sri Lanka und Antigua. Also in unterschiedlichsten Ländern. Denn der Kunststoffmüll ist fast in allen Ländern auf der Erde ein großes Problem. 

Was kostet so eine Maschine? 
Es fängt bei der kleinsten Maschine mit rund 1.500 Euro an, bis zu den größeren, die etwa 6.000 Euro kosten. Wir haben gestaffelte Preise, die sich nach den Ländern richten. Organisationen aus einkommensschwachen Ländern zum Beispiel erhalten günstigere Preise.

Sie haben mit »Plasticpreneur« kürzlich eine Auszeichnung der UNIDO (Organisation für industrielle Entwicklung) erhalten. Was war das genau für eine Auszeichnung und was bedeutet sie für Sie? 
Es war der »Global call for innovative ideas and technologies versus Covid-19 and beyond«. Da waren wir einer von vier Gewinnern aus über 8.000 Einreichungen. Die Auszeichnung bekamen wir für einen Faceshield, den wir am Anfang des Jahres aufgrund der Covid-19-Situation entwickelt haben. Diesen haben wir dann zunächst in Österreich entwickelt. Es war nie unser Ziel, den Faceshield in Österreich langfristig zu verkaufen. Wir haben damit Projekte in anderen Ländern finanziert und Maschinen ins Ausland geliefert. 

Mit den Maschinen konnte vor Ort Schutzausrüstung hergestellt werden, und sie können auch dafür verwendet werden, andere Gegenstände zu produzieren. 

Ihr unterstützt auch soziale Projekte in Afrika. In welchen afrikanischen Staaten seid ihr tätig und um welche Art von Projekten handelt es sich? 
Mit dem Erlös versuchen wir Projekte vor Ort zu unterstützen, wie zum Beispiel bei einem Flüchtlingslager im Westen von Kenia. Mein Kollege war mit einer Maschine vor Ort, hat die Leute eingeschult, so dass sie nun dort produzieren können. Wir werden in den nächsten Monaten ein großes Projekt in Ghana durchführen und ein großes Demonstrationsprojekt in Uganda. Wir haben auch in Asien eine Gruppe von Frauen unterstützt, die mit unseren Maschinen dort nützliche Gegenstände herstellt. Wir möchten das dezentrale Kunststoffrecycling möglich machen.

Ein Spruch sagt: »In jeder Krise liegt eine Chance.« Welche Chance sehen Sie in der Covid-19-Krise? 
Uns hat es gezeigt, dass die lokale Herstellung von Produkten sehr viel Sinn macht. In unserer globalen Welt sind wir es gewohnt, schnell etwas zu importieren. Das war durch die Coronakrise nicht mehr möglich. Da waren wir sehr froh, dass wir dazu beitragen konnten, dass die Menschen zum Beispiel in Uganda sich vor Ort Schutzausrüstung herstellen konnten und nicht von anderen abhängig waren. 

2018 waren Sie auch bei der Gründung des »Product Life Institute Austria« dabei. Was macht dieser Verein? 
Es ist ein Verein zur Förderung der zirkularen Wirtschaft. Wir entwickeln interdisziplinär mit vielen Menschen zusammen innovative Bildungsformate, wie zum Beispiel das »Educational Summer Lab« im Lake Side Park in Klagenfurt, um Menschen auf die Müllproblematik aufmerksam zu machen. 

Sie halten auch Workshops für Kinder zum Thema Müllvermeidung. Wo finden diese statt? 
Es sind Schulworkshops im Rahmen des »Educational Lab«. Diese werden entweder im Lake Side Park oder an den interessierten Schulen abgehalten. Wir schauen uns gemeinsam mit den Kindern Begriffe wie »zirkularer Wirtschaftskreislauf« an und versuchen, es den Kindern anschaulich zu erläutern. 

Was unterrichten Sie an der FH Joanneum? 
Schon wieder ein Lab: das »Future Design Lab«. Dabei beschäftigen wir uns mit neuen Designansätzen, die dazu beitragen sollen, etwas Positives für unsere Zukunft zu erreichen. 

Ihr Vater betreibt erfolgreich ein Einrichtungshaus in Wolfsberg. Das Sie das Unternehmen übernehmen war nie ein Thema? 
Wir haben schon sehr früh herausgefunden, dass ich eher in Richtung Innovation und Kreativität gegangen bin. Und meine Eltern haben mich dabei immer sehr unterstützt. Und deswegen bin ich nun da, wo ich jetzt bin. 

In Ihrer Jugend waren Sie im Wolfsberger Jugendrat sehr aktiv. Haben Sie sich nie überlegt, einmal in die Politik zu gehen? 
In der Pubertät habe ich immer gesagt, ich kann nicht nur zeichnen, ich kann auch reden. Ich war Klassensprecherin, Schulsprecherin usw. Ich konnte mich aber nie für eine Partei entscheiden. Ich fühle mich den Menschen, der Natur, den Tieren sehr verbunden und möchte dabei etwas Positives für die Welt erreichen. Ich habe aber gemerkt, dass die Parteistrukturen und die ganzen Systeme sehr einschränkend sind.  

Sie sind sehr beschäftigt. Was machen Sie, um einmal abzuschalten? 
Ich habe es in Wolfsberg so geliebt, dass ich in 20 Minuten auf der Koralm bin und mich einfach nur bei der Waldrast hinsetze, in die Ferne schaue und genieße. Ohne Berger, Wasser wäre nichts für mich. Deswegen lebe ich so gerne in Kärnten.

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