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Sie sind Provokativpädagogin. Was kann man sich darunter vorstellen?
Eine Provokativpädagogin provoziert ganz bewusst, rüttelt wach, durchbricht festgefahrene Muster und geht mutig neue Wege mit Herz, Hirn und Humor. Wir alle wissen ja, wie unser Schulsystem, genauso wie alle anderen Systeme die über Jahrzehnte im Einsatz sind, festgefahren sind. Provokativpädagoginnen verwenden reformpädagogische Ansätze. Diese werden nicht nur in der Schule wirksam, sondern im ganzen Leben. Es ist mir ganz wichtig, dass die Kinder einen guten Unterricht bekommen, die Eltern gut versorgt werden und es auch den Lehrern sehr gut geht.
Sie sind ja bereits vor Jahren an der Volksschule St. Johann neue Wege gegangen und haben das Unterrichtsfach Glück eingeführt. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
Das war eigentlich schon meine erste Provokation, denn das Glücklichsein im Schulalltag stößt auf Widerstand. Ich las irgendwo, dass ein Zahnarztbesuch mit dem Schulbesuch gleichgestellt wird, und das hat mich sehr berührt. Im Rahmen meines Studiums an der Donau-Uni in Krems habe ich erkannt, dass wir etwas tun müssen, damit wir mit den Kinder heutzutage umgehen können. Die erste Provokation war es, ein Unterrichtsfach zu kreieren, mit dem es gelingt, wieder Freude in den Schulalltag zu bringen. Und das habe ich mit dem Schulfach Glück geschafft. Wir sind gezielt mit positiven Inhalten, Glücksübungen, Ermutigungsübungen, Kommunikationsübungen und Wuttraining andere Wege in der Schulkultur gegangen, damit die Kinder neben der Schulbildung auch lernen, wie das Leben geht.
Wie wurde das von den Eltern und Schülern aufgenommen?
Wenn ich ganz ehrlich bin, war es ein gespaltenes Verhältnis. Wir hatten sehr großen Zuspruch, aber wir hatten natürlich auch Bedenken. Es gab auch Gegner, vor allem aus dem Kollegenkreis anderer Schulen, die meinten: »Glücklichsein in der Schule, so ein Blödsinn, das machen wir eh tagtäglich.« Aber dem ist nicht so. Es braucht in der Schule Zeit und einen Raum, wo wir das praktizieren. Es geht darum, wie gelingt Leben? Wie kann ich tägliche Herausforderungen besser in den Griff bekommen, wie komme ich aus Krisen heraus, wie gehe ich mit Geld um, wie gehe ich mit schlechten Noten um? Darum geht es beim Glücksunterricht.
Mittlerweile haben Sie auch ein Buch unter dem Titel »Hilf deinem Glück auf die Sprünge« geschrieben. Was war Ihre Motivation, ein Buch zu schreiben?
Ich möchte fast sagen, ich war mit diesem Buch schon viele Jahre hochschwanger, dass heißt, in meinem Kopf, in meinen Gedanken und meinem Tun war das Buch schon fertig. Dann hatte ich ein Interview bei Radio Kärnten und war zu Gast in der Barbara-Karlich-Show, und da hat man mich gefragt, warum ich eigentlich kein Buch schreiben. Ich habe mich dann in den Semesterferien vor zwei Jahren hingesetzt und schrieb in sieben Tagen sieben Kapitel. Das war eine sehr intensive Zeit. Ich habe für das Buch alle Themen des Lebens aufgegriffen. Nicht nur das Schulthema, auch das Beziehungsthema, Krisen, Ziele und das Leben grundsätzlich beleuchtet. Das Buch ist ein Ratgeber, es hilft herauszufinden, wer bin ich, was will ich und was fühlt sich stimmig an.
Arbeiten Sie bereits an einem weiteren Buch oder bleibt es bei dem einen?
Ich schreibe immer wieder, ich liebe es zu schreiben. Ich schreibe viel auf. Ich denke, es wird sicher nicht bei diesem einen Buch bleiben. Aber wann es so weit ist, kann ich beim besten Willen nicht sagen.
Sie waren Direktorin der Volksschule St. Johann. Derzeit sind Sie in einem Sabbatical. Warum haben Sie sich ein Sabbatical genommen?
Ich war Direktorin mit großer Leidenschaft und bin für jedes Erlebnis sehr dankbar. Ich hatte ein großartiges Team, großartige Kinder und großartige Eltern. Zu meinem 50er habe ich mir selbst ein großes Geschenk gemacht: Ich wollte eine Auszeit, ich wusste aber nicht, wohin die Reise geht. Ich wollte mich in diesem Sabbatical neu orientieren. Mir sind in dieser Zeit drei wunderbare Unternehmer in mein Leben gekommen. Ich habe die Gelegenheit beim Schopf gepackt.
Bei diesen drei Unternehmern handelt es sich um Erich Graf, Gerhard Oswald und Gerhard Hanschitz, die eine christliche Privatschule im Lavanttal initiieren wollten. Warum waren Sie sofort mit von der Partie?
Wer mich kennt, weiß, dass ich sehr umtriebig bin. Heute sagt man bei Kindern oft, sie haben ADHS oder sind hyperaktiv. Bei mir kam diese Phase später. Ich war als Kind ehr brav und angepasst. Durch das Studium der Provokativpädagogik bin ich aufgewacht und versuche, neue Wege einzuschlagen. Wie bin ich zu diesen drei Unternehmern gekommen? Ich war offen für Neues, und diese drei Herren haben eine Bildungsmanagerin gesucht. Sie waren von meiner Idee, Schule in einem altehrwürdigen Kloster neu zu denken, sofort begeistert. Es ist ein Mammutprojekt, aber es macht mir so viel Freude. Schule neu zu denken in Verbindung mit Wirtschaft und Kirche finde ich genial.
Was heißt Schule neu denken?
Das Neue ist, dass wir vom Reden ins Tun kommen. Wir werden keine neuen Lehrpläne machen, es gibt einen guten österreichweiten Lehrplan. Wir gehen einerseits den kompakten Weg der Wissensvermittlung und andererseits wagen wir neue Schritte Richtung Lebensateliers, EDLE-Fächer, Kooperation mit der Wirtschaft und christliche Werte.
Was sind EDLE-Fächer?
EDLE ist eine Abkürzung für Englisch, digitale Kompetenz, Lebenskultur und Erleben. Es gibt einen fächerübergreifenden Englischunterricht, bei der digitalen Kompetenz wird gelehrt, mit Technologien umzugehen, bei Lebenskultur fließt viel von meinem Glücksunterricht in das Programm ein, es geht aber auch um Dinge des täglichen Lebens. Und das Erleben heißt einfach, wir tun es.
An wen richtet sich das Angebot des Lavantinums?
Wir haben mit heutigem Stand Anmeldungen von Reichenfels bis Grafenstein. Wir sprechen nicht nur St. Andrä an, sondern wir möchten eine Schule für die Region werden. Ich möchte mit dieser Schule kein Schulsystem schlecht machen. Ich will grenzüberschreitend aufmachen und eine Schule anbieten, die zusätzlich etwas anbietet. Ich sehe das Lavantinum als Bereicherung und nicht als Konkurrenz.
Mit wie vielen Klassen wird gestartet?
Es wird neun Klassen geben, davon drei Volksschulklassen und sechs Mittelschulklassen.
Sie waren auch Vizebürgermeisterin in St. Paul für die SPÖ. Was hat Sie zum Einstieg in die Kommunalpolitik bewegt?
Ich wurde zu einem Vortrag der SPÖ St. Paul eingeladen und danach gefragt, ob ich auch politisch aktiv werden möchte. Ich habe diese Herausforderung angenommen und bin von null zur Vizebürgermeisterin aufgestiegen. Ich habe die großartigen Möglichkeiten, aber auch die Schattenseiten der Politik kennengelernt, und dafür bin ich sehr dankbar. Auch diese Periode der sechsjährigen Tätigkeit als Vizebürgermeisterin hat mich sehr geprägt und hat mich zur Einsicht gebracht, dass Schule frei von Politik sein soll.
Warum sind Sie vor der Wahl im Februar ausgestiegen?
Ein Tag hat nur 24 Stunden, es wäre sich einfach zeitlich nicht mehr ausgegangen.
Sie waren für die SPÖ tätig, sind mit einem ÖVP-Gemeinderat verheiratet. Wird zu Hause viel diskutiert und gestritten?
Es wird viel diskutiert, auch kontroversiell. Das ist sehr spannend, wir haben unterschiedliche Meinungen. Wenn man darüber wertschätzend und respektvoll diskutiert, kann man danach wieder gemeinsam am Mittagstisch Platz nehmen.
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