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Časti Schober: »Ich würde niemals aus Parteiräson etwas mittragen, mit dem ich nicht kann – nie«Ausgabe 29 | Mittwoch, 19. Juli 2023

Er hatte eine Vielzahl von Ämtern inne, jetzt ist der Wolfsberger Johann Schober (65) in Pension, er kann aber nicht »daheim sitzen«. Daher ist er nun Obmann der »Sozialen Betriebe Kärnten«, der einen Shop am Hohen Platz betreibt. Dort will nicht jeder bezahlen ...

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Leiter des AMS Wolfsberg, Geschäftsführer von »Gemeinnütziges Personalservice Kärnten GmbH«, Initiator der Lavanttaler Beschäftigungsinitiative, Obmann vieler Vereine, jetzt Pension. Wie sieht der nächste Karriereschritt aus?
Seit rund zwei Wochen bin ich ehrenamtlicher Obmann der »Sozialen Betriebe Kärnten«, SBK. Ich hatte dieses Amt bereits inne und übernahm es jetzt wieder von Kurt Lasnig, auf Wunsch des AMS und der SBK-Geschäftsführerin Elisabeth Niederer, weil ich ja schon wusste, wie es geht. SBK entstand vor etwa zehn Jahren, es ist ein sozialökonomischer Betrieb und ein arbeitsmarktpolitisches Projekt. Wir geben Langzeitarbeitslosen, die uns vom AMS zugewiesen werden, ein befristetes Dienstverhältnis,um sie wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, und befassen uns dabei mit Textilen und Sport, vor allem Fahrrädern. Wir werden vom Land, dem AMS sowie den Städten Wolfsberg, Klagenfurt und Villach gefördert, erwirtschaften aber selbst 42 Prozent.

Ruhestand ist nicht das Ihre?
Ich kann daheim nicht herumsitzen, ich bin nicht der Garten-Typ. Bei der SBK gibt es aber viele Perspektiven, dafür habe ich andere Ideen hintangestellt. Es ist ein gut aufgestelltes Unternehmen mit 80 Mitarbeitern. Da habe ich jetzt ehrenamtlich recht viel zu tun. Früher mussten sich Arbeitslose anstellen, um einen Job zu bekommen, jetzt stellen sich die Firmen an, um Leute zu bekommen. Es gibt aber weiter Menschen, die sich schwer tun, eine Beschäftigung zu finden – aufgrund ihres Alters oder körperlicher Einschränkungen. Für die sind wir da, für die müssen wir etwas finden. Bei uns erhalten sie Arbeit und werden wertgeschätzt.

SBK hat im Mai den Bekleidungsshop »Second Soul« am Hohen Platz eröffnet, in dem Menschen Arbeit gegeben wird. Wie läuft das Geschäft?
Hervorragend angelaufen, der Startumsatz war größer als in Klagenfurt und Villach. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass sich bekannte Lavanttaler dort Kleidung gekauft und öffentlich getragen haben – das war gute Werbung. Ich wollte immer so einen Shop auch in Wolfsberg haben, es hat aber nie richtig gepasst. Bei einem Grillfest sprach SBK-Geschäftsführerin Niederer den Wolfsberger Bürgermeister Hannes Primus darauf an. Ich hatte damals noch keine Funktion im SBK, erzählte ihm aber auch die Hintergründe. Primus sagte, das ist eine tolle Geschichte. Meine Headline ist: Es sind nicht alle Leute – wie ich – auf die Sonnenseite gefallen. Für sie da zu sein ist schön, dafür brauche ich kein Geld. Es reicht, wenn man sieht, wie sich diese Menschen entwickeln. So lange ich atme, werde ich das machen.

»Second Soul« verkauft recycelte und umgearbeitete, teils auch selbst hergestellte Kleidung. Welche Reaktionen der Kundschaft gibt es?
Es ist sehr gut angelaufen. Die Botschaft ist auch, neben dem sozialen Aspekt, dass Kleidung, die wir hier im Lavanttal sammeln, im regionalen Kreislauf wieder verwendet wird – aus alt mach neu. Nachhaltiger geht es nicht, der Re-Using-Gedanke wird sehr gut angenommen.

Aber leider gibt es einen kleinen Prozentsatz von Kunden – die meist zur wohlhabenden Schicht zählen –, die unsere Mitarbeiter fragen: »Ihr werdet vom AMS gezahlt, die Kleidung stammt von uns: Warum verlangt ihr Geld dafür?« In einem Fall ging es um ein Stück, das fünf Euro kostete. Aber: Die Kleidung wird von uns gesammelt, sortiert, aufbereitet, teilweise auch umgearbeitet. Dazu zahlt das AMS nur einen Teil, unser selbst erwirtschafteter Anteil beträgt 42 Prozent. Wenn wir einen gewissen Prozentsatz nicht selbst erarbeiten, hören die SBK auf zu bestehen. Man geht nicht in den Shop, um billig einzukaufen, sondern weil man die gemeinnützige Idee unterstützt. Wir müssen auch Miete zahlen, wie jeder andere Betrieb.

Wie sieht die Erfolgsrate aus?
40 Prozent unserer Mitarbeiter finden wieder Arbeit in der Wirtschaft, nachdem sie bei uns waren. Wir befassen uns auch mit Fahrrädern: Wir reparieren und verleihen sie, servicieren Räder für die Städte Klagenfurt und Villach.

Haben Sie weitere Pläne im Lavanttal?
Man kann gebrauchte Kleidung auch im »Second Soul« abgeben. Dazu haben wir derzeit an sechs Standorten im Bezirk Container aufgestellt, in denen wir Altkleider sammeln; vier in Wolfsberg, einer in St. Stefan und einer in St. Andrä. Diese Zahl wollen wir bis Ende nächsten Jahres verdreifachen, um die Erlöse zu steigern und uns von Förderungen unabhängiger zu machen. Der Bedarf ist enorm, die Menschen spenden sehr viel Kleidung. Teils sind es neue Sachen, die man lediglich bügeln muss. Man kann – und soll – aber auch beschädigte Stücke einwerfen, es ist egal, wenn eine Hose zerrissen ist. Wir sortieren aus und verwerten den Stoff. Mit den neuen Containern wollen wir zwei Ziele erreichen: mehr Wirtschaftlichkeit und mehr Arbeitsplätze. Außerdem werden wir Container aufstellen, die nicht von oben zu befüllen sind, sondern in der Mitte eine Öffnung haben: für kleinere Menschen oder solche mit körperlichen Einschränkungen, damit sie sich leichter tun.

»Man geht nicht in den Shop, um billig zu kaufen, sondern um die Idee zu unterstützen«
Johann Schober, SBK-Obmann

Bei der Eröffnung des Shops am Hohen Platz wurde vor dem Wolfsberger Rathaus eine Kunstinstallation mit dem Titel »Wings for Re-Use« aufgebaut. Jetzt ist sie wieder da.
Auf allgemeinen Wunsch haben wir sie wieder vor dem Rathaus installiert. Sie soll etwa bis Ende November bleiben.

Neben »Second Soul« hat SBK am Hohen Platz 1 einen weiteren Raum angemietet. Warum?
Um darin unser Bewerber-Studio unterzubringen, das bereits läuft: Teilnehmer von AMS-Maßnahmen, die sich bei Firmen bewerben wollen, werden darin beraten, unentgeltlich eingekleidet und für das Bewerbungsschreiben fotografiert. Die Kleidung können sie danach natürlich behalten.

Gibt es Probleme für SBK?
Eine Herausforderung für alle Institutionen, nicht nur für uns, ist die Kürzung des Budgets durch Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher. Ich würde es anders machen und mehr auf Synergien setzen. Um hier etwas zu bewirken, will ich mit dem Land Kärnten zusammenarbeiten.

Sie können mit jedem. Eine Gesprächsbasis zu finden ist für Sie kein Problem. Warum haben Sie keine politische Karriere angestrebt?
Ich war in den 1980er Jahren Obmann der Jungen SPÖ und habe damals Hans-Peter Schlagholz beerbt. Ich bin aber für die Politik ungeeignet, weil mir der politische Ehrgeiz fehlt, weil ich unabhängig sein will und mir nichts einreden lasse. Das merkten auch meine früheren Chefs: Wenn Blödsinn angeordnet wurde, habe ich das einfach nicht gemacht. Manchmal hatte ich Unrecht, meistens aber schon. Ich würde niemals aus Parteiräson etwas mittragen, mit dem ich nicht kann – nie.

Sie waren Obmann des Wolfsberger Tierschutzvereins und haben den Bau des neuen Heims mitinitiiert. Was sagen Sie dazu, dass es jetzt wieder voll ist bis unters Dach?
Damals haben wir die Bauphase 2 mitgeplant, mit dem erweiterten Hundebereich. Dann kamen die Pandemie und die angespannte Budgetsituation. Man müsste wieder etwas tun, auch mit einer Erweiterung des Personals, vielleicht mit Hilfe des AMS und anderer Institutionen. Ich hätte Ideen, ich will mich aber keinesfalls in den Vordergrund drängen. Tierheim-Leiter Florian Schlagholz macht einen Top-Job.

Wie kommen Sie zu Ihrem Spitznamen Časti und warum schreibt man ihn, wie man ihn schreibt?
Ab der ersten Schulklasse wurde ich »Tschasti« genannt. Ich war ein Eishockey-Freak, und 1972 wurde die Tschechoslowakei, die ČSSR, Weltmeister. Seit damals schreibt man meinen Spitznamen mit C und Hatschek.

Johann »Časti« Schober wurde am 5. Februar 1958 in Wolfsberg geboren. Seit 1984 ist er mit seiner Frau Anita verheiratet, sie haben einen Sohn, Christopher (23). Schobers Karriere ist geprägt von vielen Stationen: Er startete 1981 beim Arbeitsmarktservice Wolfsberg, war danach Mitarbeiter der EDV GmbH, von 1994 bis 1998 wieder beim AMS. Es folgten weitere Aufgaben, etwa bei den Wörtherseefestspielen, ehe er ab 2005 das AMS Wolfsberg leitete. Von 2013 bis heuer war er Geschäftsführer bei »Gemeinnütziges Personalservice Kärnten GmbH«. Er initiierte die Lavanttaler Beschäftigungsinitiative (LBI) und ist Träger etlicher Auszeichnungen.

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