Seit 1887 | Das unabhängige Wochenblatt für Unterkärnten

Lagerhaus-Obmann Glawischnig: »Heimische Bauern können das Lavanttal im Notfall versorgen« Ausgabe 13 | Mittwoch, 30. März 2022

Johann Glawischnig (57) spricht mit den Unterkärntner Nachrichten über drohende Versorgungskrisen und Zukunftsaussichten für die Landwirtschaft aufgrund des Kriegs in der Ukraine, wie heimische Bauern die Corona-Krise erlebten und worauf sie künftig setzen.

E-Mail

0 Kommentare

Meist gelesen

Artikel

Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine wird immer wieder von einer drohenden Versorgungskrise gesprochen. Steuern wir darauf zu? 
Man kann noch nicht genau abschätzen, was auf uns zukommen wird. Aber man bemerkt schon bei der Betriebsmittelbeschaffung, wie zum Beispiel beim Dünger, dass es Lieferengpässe gibt. Auch bei der Wickelfolie für Silageballen gibt es Engpässe und Preissteigerungen. Im Großen und Ganzen merken wir eine Verknappung noch nicht, da auch viel vorproduziert wurde. Was allerdings die Futtermittel betrifft, muss man sagen: Es ist noch keine Erntezeit. Aber so wie es aussieht, wird es in der Ukraine heuer nicht viel zu ernten und anzubauen geben. Die Infrastruktur ist zerstört, da wird in Zukunft noch einiges auf uns zukommen.

Könnte das Lavanttal von der heimischen  Landwirtschaft ausreichend mit Lebensmitteln versorgt werden?
Ich glaube, das ist kein Problem. Wenn man bedenkt, wie viel Getreide bei uns umgeschlagen wird, könnte man das schon bewältigen. Es herrscht ein gutes Klima und es gibt sehr gute Böden. 

Die Ukraine ist weltweit einer der größten Getreideexporteure. Wie wirkt sich der Krieg darauf aus? 
In naher Zukunft ist aus der Ukraine nicht viel erwarten. Die ukrainischen Häfen existieren nicht mehr. Mit Schiffen konnten die Güter noch transportiert werden, das ist nun nicht mehr möglich. Außerdem ist im ganzen Land  so ziemlich alles zerstört, was auf Lager war. Auch der Anbau wird wegen der Kriegshandlungen schwierig. Es wird sicher Verknappungen geben und der Hunger wird weltweit massiv ansteigen. Besonders schlimm wird es für Afrika. Die Länder dort importieren sehr viel aus der Ukraine, da sind Hungersnöte vorprogrammiert. Bei uns ist nicht zu erwarten, dass wir hungern werden müssen.

Wie steuert man in Österreich dem Exportausfall aus der Ukraine entgegen?
Wir sind von der EU verpflichtet, Anbauflächen still zu legen. Fünf Prozent der Flächen sind Diversitätsflächen, die immer wieder brach liegen. Das wurde bereits aufgehoben und somit stehen wieder mehr Flächen zur Verfügung. Energiemäßig ist natürlich fossile Energie der Hauptenergieträger in der Landwirtschaft. Gas und Öl werden überall benötigt. Im Lavanttal haben wir das Glück, dass das Lagerhaus in Jakling mit Fernwärme arbeiten kann. Es wird bei den Landwirten aber dazu kommen, dass sie versuchen werden, ihre Energiequellen umzustellen.

Ist der Ukraine-Krieg der Grund für die Preissteigerungen bei landwirtschaftlichen Produkten oder war es der Zwang zu Brachflächen?
Der Krieg hat natürlich seinen Anteil dazu beigetragen. Aber die Preissituation bei Mais und Getreide ist stark börsennotiert und Preise sind zum Teil börsengetrieben. In diesem Jahr trägt sicher auch der Krieg Mitschuld, im Vorjahr lag der Grund für die Preissteigerungen an Missernten und den Börsen. 

Es ist ein Teufelskreis. Ein Beispiel: Im Vorjahr gab es für die Produzenten einen guten Maispreis, der Schweinepreis war aber extrem niedrig. Dann sind Schweinemäster hergegangen und haben, statt Ferkeln zu kaufen, den Mais, den sie als Futter hatten, verkauft. Dadurch kam es zu einer Verknappung von Schweinefleisch auf dem Markt und das hat dann die Preise in die Höhe getrieben.

Wie sehen die Überlebenschancen für kleine Landwirte aus?
Für die reinen Marktfruchtbetriebe (Anm.: Mehr als 50 Prozent des Betriebseinkommens stammen aus dem Verkauf von Marktfrüchten. Marktfrüchte sind landwirtschaftliche Ernteerzeugnisse, die ohne Veredelung dem Markt zugeführt werden, wie z. B. Brotgetreide) wird es sicher schwierig werden. Die kleinen Bauern haben sich aber mittlerweile zum Teil schon auf Nischenprodukte, wie zum Beispiel Bio und Selbstvermarktung umgestellt. Das wird in Zukunft immer wichtiger werden und es wird für Kleine wohl die einzige Möglichkeit zum Überleben werden.

Auch im Lavanttal gibt es immer mehr Verkaufshütten. Laufen deren Geschäfte gut? 
Die Verkaufshütten sind ja aus der Not während der Corona-Krise entstanden. Ich finde, es war eine tolle Idee. Ich kenne auch einige Landwirte persönlich, die solche Hütten betreiben. Das Geschäft läuft bei ihnen sehr gut. Ich kenne in Lavamünd zum Beispiel zwei Landwirte, die solche Hütten betreiben, und sie machen beide ein gutes Geschäft.

Billa wollte ja mit eigenen Regional-Boxen ein ähnliches Modell einführen. Davon hört man nichts mehr. Woran liegt das?
Ich glaube, diese Regionalboxen wurden von den Menschen nicht so angenommen, wie es sich der Konzern erhofft hatte. Die Leute gehen wohl eher in Hofläden oder Selbstvermarktungshütten der heimischen Bauern. Da wissen sie, wer dahinter steckt. Bei Billa ist es ein Konzern.

Wie sieht es eigentlich mit dem Angebot an Bio-Produkten im Lavanttal aus?
Die Palette an Produkten ist sehr umfangreich. Von Fleisch über Öle, Mehlprodukte bis hin zu Backwaren ist mittlerweile alles auch schon biologisch erhältlich. Es sind vielfach die kleinen Betriebe, die biologisch produzieren und vermarkten. Die große Frage dabei wird sein, wie es mit den Preisen weitergeht, wenn die Rohstoffpreise weiter steigen. Bio ist sowieso schon hochpreisig, jetzt geht es darum, wie viel können die Preise noch steigen, damit es für den Konsumenten noch leistbar ist. Der Zuspruch zu biologischen Produkten nimmt zwar stetig zu. Letztendlich schauen die meisten Menschen aber nach wie vor auf den Preis.

Sie sind selbst auch Landwirt und produzieren unter anderem Sonnenblumenöl, wovon viel aus der Ukraine importiert wird. Macht sich das nun bezahlt?
Sonnenblumenöl produziere ich bereits seit über 20 Jahren. So wie ich es mache, ist es eine Jauntaler Spezialität. Sonnenblumen sind zwar einfach anzubauen, aber unter dem Strich bleibt nicht viel übrig. Wenn man es selbst vermarktet, geht es einigermaßen. Natürlich wird es durch den Krieg in der Ukraine auch in diesem Bereich zu einer Verknappung kommen.

Wie wehren sich die Landwirte eigentlich gegen den Preisdruck der Supermarktketten?
Bei Geschäften mit den Supermarktketten bzw. den Konzernen kann ein kleiner Bauer nicht viel verdienen. Die versuchen nun, ihre Produkte direkt an den Mann zu bringen oder regional, wie zum Beispiel über die Bauernecken im Lagerhaus, zu verkaufen. Einige haben während der Corona-Krise auch Verkaufshütten errichtet.

Ein weiteres Problem ist nach wie vor die Corona-Pandemie. Wie hat sich die Krise auf die Lavanttaler Landwirte bzw. Direktvermarkter ausgewirkt?
Vor der Pandemie war immer alles verfügbar. Durch Corona sind immer wieder Engpässe entstanden, die Verfügbarkeit aller Produkte war nicht mehr so gegeben. Wir Bauern erlebten in dieser Zeit einen großen Zuspruch aus der Bevölkerung. Für die Direktvermarktung hat sich die Krise aber auch positiv ausgewirkt. Das Einkaufsverhalten der Menschen hat sich geändert, viele sind wieder zu Nahversorgern oder Direktvermarktern einkaufen gegangen.

Wie ist eigentlich das Lagerhaus Lavanttal durch die Krise gekommen und wie sehen sie der aktuellen Krise entgegen?
Das Lagerhaus Lavanttal ist sehr gut aufgestellt, wir sind sehr vielfältig und decken viele Bereiche wie die Landwirtschaft, Energie, Obst, Haus und Garten etc. ab.  Wir haben auch 2021 ein tolles Ergebnis geschrieben, trotz Lieferengpässen usw. Natürlich gibt es nicht mehr immer alles, was es vor der Krise gab. Das gewisse Produkte ausfallen ist klar, aber dann kann man auf Alternativen umsteigen.

0 Kommentare Kommentieren

Keine Kommentare gefunden!

Liebe Leserinnen und Leser, in diesem Kommentarbereich prüfen wir alle Beiträge, bevor sie veröffentlicht werden. Ihr Kommentar erscheint, sobald er gesichtet wurde.

Bitte melden Sie sich an, um die Beiträge zu lesen oder zu kommentieren.AnmeldenHier Registrieren