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Stolpersteine als Gedenken in WolfsbergAusgabe | Mittwoch, 27. Februar 2019

Die Grünen beantragten im Gemeinderat die Installierung von Messing-Platten vor jenen Häusern, in denen die späteren Opfer zuletzt lebten oder arbeiteten. Der Bürgermeister ist dafür, die FPö ebenfalls.

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Wolfsberg. »Stolpersteine« möchten die Wolfsberger Grünen in der Bezirkshauptstadt verlegen. Die Bürger sollen nicht wortwörtlich, aber im übertragenen Sinn über sie stolpern.

Hinter der Bezeichnung verbergen sich kleine, im Boden verlegte Gedenktafeln, die an das Schicksal jener Menschen erinnern sollen, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, vertrieben und/oder ermordet wurden. In Wolfsberg waren sechs Juden betroffen: Emma und Adolf Gross, Hermine Singer, Hans Singer, Lotte Roth und Anny Junek.

In der Gemeinderatssitzung am 14. Februar brachten die beiden Grüne-Mandatare Susanne Dohr und Reinhard Stückler einen Antrag zur Verlegung der Steine ein. Darin heißt es: »Die Messing-Oberseiten der Stolpersteine tragen Namen und Lebensdaten der Opfer und die Inschrift ›Hier wohnte‹ oder ›Hier arbeitete‹. Sie werden vor den letzten freiwilligen Wohn- oder Wirkungsstätten der Opfer in das Gehsteigpflaster eingelassen und sind damit eine besondere und sehr persönliche Form des Erinnerns.« Ihr Zweck sei ein »unmittelbarer Impuls zum Nachdenken, wenn man über einen solchen Stein ›stolpert‹« und soll »wider das Vergessen« wirken.

Gemeinderätin Dohr sagt: »Wir möchten das gemeinsam mit dem Historiker Alexander Verdnik und der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft mit ihrem Vorsitzenden Ulrich Habsburg-Lothringen machen. Die Kosten von 120 Euro pro Stolperstein will die Österreichisch-Israelische Gesellschaft übernehmen.«
Der Wolfsberger Bürgermeister Hans-Peter Schlagholz (SPÖ) sagt zum Antrag: »Ich werde ihn befürworten. Mir geht es nicht nur um Erinnerung, sondern auch um Mahnung. Dass Menschen in der Lage waren, so bestialisch mit anderen umzugehen, darf nicht vergessen werden. Das ist mir sehr wichtig.«
Und die freiheitliche Fraktion? Die persönliche Meinung von FPÖ-Gemeinderat Michael Swersina lautet so: »Dieses dunkle Kapitel der österreichischen Geschichte ist abgeschlossen. Man soll es nicht ständig wieder aufrühren.«

»Legen uns nicht quer«
Dennoch wird die FPÖ-Fraktion für den Antrag der Grünen votieren – unter Auflagen. »Wenn die Mehrheit des Gemeinderats denkt, dass man den Opfern gedenken soll, werden wir uns nicht querlegen und den Antrag unterstützen«, sagt Swersina.

Die Stolpersteine sind eine Erfindung des deutschen Künstlers Gunter Demnig, der mit ihrer Verlegung 1992 begann. Bisher wurden sie in 24 europäischen Ländern angebracht und sind das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Im Oktober des Vorjahrs setzte Demnig in Frankfurt am Main den 70.000. Stein.

Sechs Personen
In den 1930er Jahren lebten in Wolfsberg sechs Menschen, die dem jüdischen Glauben angehörten: Emma und Adolf Gross mit ihren Töchtern Lotte und Anny, sowie Hermine Singer und ihr Sohn Hans. Die Familie Gross betrieb einen Gemischtwarenhandel, der »arisiert« wurde, das heißt, für wenig Geld in die Hände eines NS-Sympathisanten wanderte. Die Familie floh in die Tschechoslowakei, die Eltern Emma und Adolf kamen 1942 im KZ Auschwitz um. Auch Hermine und Hans Singer verließen die Stadt. An das Schicksal der Wolfsberger Juden erinnert eine Gedenktafel am Rathausplatz.

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