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FF-Kommandant Gerak: »Unwetter oder Blackouts können auch die Stadt Wolfsberg jederzeit treffen« Ausgabe 28 | Mittwoch, 13. Juli 2022

Christoph Gerak (40) ist Kommandant des Abschnitts Mittleres Lavanttal, der Gemeinde Wolfsberg und der Freiwilligen Feuerwehr Wolfsberg. Er spricht über drohende Gefahren, den Ausrüstungsstand und die neuen Aufgaben, etwa das Einfangen von Schlangen.

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Wann, glauben Sie, könnte ein gewaltiges Unwetter oder ein Strom-Blackout die Stadt Wolfsberg erwischen?
Wenn man sich die aktuellen Entwicklungen ansieht, kann es jederzeit auch die Stadt Wolfsberg treffen. Wir hatten in den vergangenen Jahren immer wieder mit größeren Hochwasser-Ereignissen zu kämpfen, ob das in den Bereichen St. Margarethen, St. Marein, oder St. Stefan war. Wir beobachten, dass Gewitter punktueller und viel intensiver werden. Innerhalb von Minuten baut sich eine Gewitterzelle auf, die abregnet und binnen kürzester Zeit zu größeren Überflutungen führt. Das kann jederzeit auftreten. Wir hatten heuer bereits kleinere Überschwemmungen.

Die Lavant fließt mitten durch Wolfsberg. Muss man sich fürchten, geht von ihr Gefahr aus?
In den vergangenen zehn Jahren gab es einmal ein Ereignis in Frantschach-St. Gertraud, bzw. eine teilweise Überflutung im Allgäu und beim KUSS-Parkplatz. Aber größere Ereignisse hatten wir nicht. Die Wildbachverbauung achtet darauf, dass die Gefahr soweit wie möglich minimiert wird, dort gibt es auch qualifizierte Experten.   

Wie sieht es mit einem möglichen Blackout aus?
Ich bin kein Sicherheitsexperte und kann dazu keine Prognosen treffen. Aber es gibt Aufgaben, die die Feuerwehren in diesem Fall betreffen: Aufrechterhaltung der Kommunikation und die Zusammenarbeit mit den »Leuchttürmen«. Sollte es dazu kommen, werden unsere Rüsthäuser besetzt und wir werden versuchen, die Kommunikation mit analogem Funk aufrechtzuerhalten.

Ist die Wolfsberger Feuerwehr für solche Ereignisse gerüstet?
In der Stadtgemeinde Wolfsberg gibt es elf Feuerwehren mit rund 600 Männern und Frauen. Sie sind so ausgerüstet, dass sie bei Hochwassereinsätzen adäquat helfen können. Wir haben Schmutzwasser- und Elektrotauchpumpen, Sauger etc. Die Stadt Wolfsberg ist sehr darauf bedacht, dass die Feuerwehren sehr gut ausgerüstet sind. Wir sind sehr dankbar, dass wir mit Bürgermeister Hannes Primus und Feuerwehrreferent Christian Stückler sehr gutes Einvernehmen haben: Sie schauen auf unseren Ausrüstungsstand. Für Blackouts werden Vorbereitungen getroffen, Stromeinspeisungen mit Notstromaggregaten für die elf Rüsthäuser zu gewährleisten. Die Stadt Wolfsberg hat außerdem zwei große Notstromaggregate mit 98 Kilovolt-Ampere bestellt, die im Herbst geliefert werden.

Fehlt etwas bei der Ausrüstung, das gebraucht werden würde?
Unser Stand ist ausreichend. Es muss allerdings gewährleistet sein, dass ausfallende Ausrüstungsgegenstände ersetzt werden – was der Fall ist. Uns wird alles, was wir brauchen, zur Verfügung gestellt.

Haben sich die Einsätze der FF Wolfsberg in den vergangenen Jahren erhöht?
Ich bin seit 25 Jahren bei der Feuerwehr. In dieser Zeit ist die Zahl der  Einsätze stetig gestiegen. Alle elf Feuerwehren der Stadt Wolfsberg absolvieren pro Jahr zwischen 600 und 700 Einsätze, wenn Hochwasser herrscht, können es auch 800 sein. Bei der Feuerwehr Wolfsberg sind es 300 bis 400 Einsätze pro Jahr. Vor 25 Jahren war unsere Hauptaufgabe die Brandbekämpfung. Das hat sich gewandelt, hin zu technischen Einsätzen: Verkehrsunfälle, Hochwasser, Tierbergungen, Wohnungs- und Liftöffnungen etc. Ich formuliere es so: Die Hauptaufgabe der Feuerwehren ist die Lösung von Problemen, kleinere und größere. Teilweise beobachten wir, dass die Eigenverantwortung der Menschen sukzessive zurückgeht.

Das heißt, gibt es ein Problemchen, ruft man die Feuerwehr?
Vor 15 Jahren hat man noch selbst überlegt, wie man ein Problem lösen könnte. Jetzt ist es vielfach so, dass wir für alles zuständig sind. Wir helfen natürlich gerne, das ist unsere Aufgabe. Aber oft ist es so, dass eine Aufgabe mit Hausverstand auch von den Betroffenen selbst gelöst hätte werden können. Bei einer kleinen Wasserlache im Keller ist es beispielsweise nicht nötig, die Feuerwehr zu alarmieren. Oder man muss uns nicht zu einer Türöffnung rufen, nur weil man den Ersatzschlüssel von irgendwoher nicht holen möchte. Diese Dinge nehmen viel Zeit in Anspruch und sind eine Belastung für die Einsatzkräfte, die das freiwillig und unentgeltlich machen und am Morgen danach wieder arbeiten gehen müssen.

Für solche Einsätze müssen die Anrufer aufkommen.
Bei einem Elementarereignis beispielsweise wird natürlich nichts verrechnet. Türöffnungen aber schon, wenn dahinter keine anderen, etwa lebensbedrohliche Ereignisse stehen.

Was sind die größten Herausforderungen für die Feuerwehren?
Sie liegen im Bereich der neuen Technologien –, E-Autos, Photovoltaikanlagen –, dazu Hochwassereinsätze und Waldbrände – und dass man seine Mannschaft motiviert, dass sie sich ständig fortbildet, um auf die neuen Einsatzszenarien vorbereitet zu sein. An der Kärntner Landesfeuerwehrschule werden dazu sehr interessante Lehrgänge angeboten. Die Zeiten, als die Feuerwehr zu einem Brand fuhr und vier B- und zwei C-Schläuche auslegte und das Feuer löschte, sind lange vorbei. Weil sich die Einsätze wegen ausgesetzter Schlangen auch bei uns vermehren, hatten wir im Herbst die Reptilienexpertin Helga Happ im Haus, die die Kollegen im richtigen Umgang mit diesen Tieren schulte. Vor zehn Jahren war das kein Thema. Auch zur Elektromobilität hatten wir in Kooperation mit Christof Kaplaner von der Berufsschule Wolfsberg Schulungen: Wir sahen uns an, wo sind die Gefahren  bei E-Fahrzeugen, was sollen wir machen, was nicht?

»Die Hauptaufgabe der Feuerwehren ist heute die Lösung von Problemen, kleinere und größere«
Christoph Gerak, Kommandant

Wie sieht der Zulauf der Jugend zur FF Wolfsberg aus? Muss man sich Sorgen um die Zukunft machen?
2008 wurde eine Feuerwehrjugendgruppe gegründet, das war eine richtige Entscheidung. Wir haben derzeit bei fünf Feuerwehren Jugendgruppen installiert: Wolfsberg, Reideben, St. Johann, St. Stefan und St. Marein. Insgesamt gibt es 66 Mitglieder im Alter zwischen zehn und 15 Jahren, die von einem Team betreut und geschult werden. Das Ziel ist, dass sie mit 15 Jahren in den aktiven Dienst übertreten. Der Mitgliederstand der FF Wolfsberg hat sich dadurch sehr positiv entwickelt. Wenn wir die Arbeit unseres Jugendbeauftragten  Christoph Kogler und seiner Stellvertreterin Tanja Darmann von der FF St. Stefan, denen ich beiden herzlich danke, nicht hätten, täte es traurig aussehen. Das ist ganz wichtig.

Wie sieht der Stellenwert der Feuerwehr in der Gesellschaft aus?
Er ist hoch, weil die Bevölkerung froh ist, wenn wir helfen. Aber: Teils sind sich die Leute nicht bewusst, dass Freiwillige dahinter stehen, die ihre Freizeit opfern, um ihnen zu helfen. Oft wäre es nicht nötig, 122 zu wählen.

Wie gehen die Kameraden mit traumatischen Erlebnissen um?
Wir sprechen intern darüber. Wir schauen auch darauf, dass Kollegen, die noch nicht so lange dabei sind, mit erfahrenen Kameraden im Einsatz stehen. Danach arbeiten wir die Ereignisse mit Gesprächen auf. Wir kommen zu Verstorbenen, seien es Suizide, Verkehrsopfer oder anderes, ganz schlimm sind Unfälle mit Kindern – diese Dinge bleiben im Hinterkopf. Aber man kann damit so umgehen, dass es einen nicht belastet. Andernfalls könnte man dieser Aufgabe nicht nachgehen.

Wie steht es mit der Bereitschaft von Unternehmen, Mitglieder der Feuerwehren für Einsätze zur Verfügung zu stellen?
Es gibt Betriebe, die ihre Leute zu Einsätzen gehen lassen. Sie werden aber immer weniger, was verständlich ist: Wenn man nur einen oder zwei Mitarbeiter hat und wir zu 300 und 400 Einsätzen pro Jahr fahren, wird der Betrieb einmal sagen: Wo arbeitest du eigentlich? Daher sind wir sehr froh, dass Leute bei der Stadt Wolfsberg beschäftigt sind, die im Alarmfall einrücken dürfen. Das ist sehr wichtig, sonst wäre es für uns schwierig.

// Zur Person
Prof. Mag. Christoph Gerak wurde 1982 in Wolfsberg geboren. Nach der Matura an der HLW Wolfsberg studierte er Geschichte und Geografie an der Universität Klagenfurt. Heute ist er Administrator und stellvertretender Direktor am BRG/BORG Klagenfurt. Er lebt in St. Thomas.
Gerak gehört seit 25 Jahren der Freiwilligen Feuerwehr Wolfs- berg mit ihren heute 114 Mitgliedern – 72 Aktive, 29 in der Feuerwehrjugend – an. Er absolvierte zwischen 2.500 und 3.000 Einsätze. Seit 2015 ist er Kommandant der FF Wolfsberg und Gemeindefeuerwehrkommandant. 2021 wurde er zum Kommandanten des Abschnitts Mittleres Lavanttal gewählt.

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