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Bauernbundobmann Franz Zarfl: »Wenn Bauern aufgeben müssen, liegt das auch an der Gesellschaft« Ausgabe 18 | Mittwoch, 5. Mai 2021

Der neue Bezirksobmann des Bauernbunds Franz Zarfl (41) im Gespräch mit den Unterkärntner Nachrichten über die Herausforderungen der heimischen Landwirte, die Konkurrenz durch Verkaufsboxen, die Probleme, Nachfolger zu finden, und das Wirrwarr um Bio-Siegel.

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Unterkärntner Nachrichten Redakteur Michael Swersina Von Michael Swersina m.swersinano@spamunterkaerntner.at
Franz Zarfl betreibt seit 24 Jahren einen Bergbauernhof mit Land- und Forstwirtschaft in Preitenegg. Seit einigen Jahren hat der 41-jährige Landwirt neben dem Gründlandbetrieb mit Mutterkuhhaltung auch eine Bio-Geflügelmast, die er mit viel Leidenschaft führt. Fotos: privat, KK

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Sie wurden am Freitag, 30. April, erneut zum Bezirksobmann Wolfsberg des Bauernbunds gewählt. Können Sie sich unseren Lesern kurz selbst vorstellen?
Ich komme aus Preitenegg, bin mit Heidi verheiratet. Wir haben drei Kinder und bewirtschaften auf knapp 1.200 Metern Seehöhe einen Bergbauernhof. Diesen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bewirtschafte ich seit 24 Jahren. In der Landwirtschaft ist es ein Grünlandbetrieb mit Mutterkuhhaltung. Vor rund fünf Jahren habe ich mit der Bio-Geflügelmast ein zweites Standbein aufgebaut. 

Jetzt sind Sie als Landwirt beschäftigt genug. Warum tut man sich dann eine Führungsfunktion im Bauernbund an?
Ich habe die Funktion erstmals vor zwei Jahren nach dem Rücktritt von Anton Heritzer übernommen.  Ich habe meinen Betrieb mit 18 Jahren übernommen und erkannte, dass über die Probleme untereinander zu jammern nichts bringt. Ich habe meine Meinung immer nach außen getragen, und irgendwann ist man auf mich zugekommen und hat mich gefragt, ob ich diese Funktion übernehmen möchte. Das Lavanttal hatte immer starke Vertreter und große Persönlichkeiten. Ich hoffe, dass ich dem auch gerecht werden kann. 

Worauf möchten Sie in den nächsten Jahre Ihre Schwerpunkte setzen?
Das Wichtigste wird sein, den Dialog zur Gesellschaft zu suchen und finden. Es wird in diesem Bereich schon sehr viel geleistet. Die Gesellschaft braucht Aufklärung: Es hat oft den Eindruck, dass viele unter dem Motto »Geiz ist geil« leben. Unsere Strukturen erlauben das aber nicht. Wenn Höfe aufgegeben werden müssen, weil sie zu wenig Einnahmen haben, ist das traurig, liegt aber auch an unserer Gesellschaft. Denn auch sie und der Handel sind ein Mitgrund, dass viele Bauern ihren Betrieb aufgeben müssen.

Dabei hat gerade die Corona-Pandemie gezeigt, wie wichtig die Bauern vor Ort sind. Es ist in dieser Zeit aber auch die Wertschätzung gegenüber den Landwirten  gestiegen. Wertschätzung ist ganz wichtig: Es ist eine treibende Kraft, die die Bauern brauchen und antreibt. Ich verweise auf das Buch »Das Wunder der Wertschätzung« von Dieter Haller. Wenn man Wertschätzung vom Kunden erhält, dann zählt nicht immer nur der Preis, sondern es ist etwas ganz Besonderes. 

Wichtig ist, dass für den Bauern nach der ganzen geleisteten Arbeit unter dem Strich noch etwas übrig bleibt. Es muss auch einmal erwähnt werden, dass Landwirte, die Tierhaltung betreiben, 365 Tage im Jahr am Hof in Bereitschaft sind und arbeiten müssen.

Was hat die Corona-Zeit verändert?
Das Bewusstsein der Gesellschaft zur Regionalität hat sich verändert. Vergangene Woche wurde eine Umfrage veröffentlicht, bei der herauskam, dass 94 Prozent der Bevölkerung die Landwirtschaft als sehr positiv ansehen. Es sind in dieser Zeit auch neue Verkaufshütten entstanden. 

Sie haben es angeschnitten: Es gibt immer mehr Verkaufshütten. Nun möchte auch Billa mit solchen »Verkaufsboxen« punkten. Wie stehen Sie zu dieser Entwicklung?
Das Lavanttal ist von diesen Verkaufsboxen nicht betroffen. Das sind einfach gewöhnliche Container. Unsere Bauern sind bei den Hütten ja sehr kreativ, die passen auch sehr gut in das Landschaftsbild. Wir haben auch im Bauernbund schon darüber diskutiert, damit nicht wieder eine Handelskette unseren Bauern etwas aus der Hand reißt. In den Verkaufsboxen von Billa sind lediglich 75 Prozent regionale Produkte. Es muss dabei auch sehr genau darauf geachtet werden, wie man mit dem regionalen Produzenten umgeht. 

Wie viele Bauern gibt es im Lavanttal eigentlich?
Es gibt derzeit rund 1.700 aktiv bewirtschaftete Höfe im Bezirk. In der Vergangenheit war es so, dass oftmals ein Bauer mehrere Höfe führte. Das führte oft dazu, dass dann zwar die Ackerflächen bewirtschaftet wurden, der Hof aber verwaiste. Und das verändert auch unser Landschaftsbild. Daher ist ein flächendeckender Betrieb der Höfe sehr wichtig. Das hat auch eine immense Bedeutung für den Tourismus, was oft leider nicht erkannt wird.


Die Arbeit der Bauern ist sehr aufwendig,  aufgrund der Handelsketten gibt es immer geringere Gewinnspannen. Das führt auch dazu, dass es immer schwieriger wird, einen Nachfolger für den Bauernhof zu finden. Wie sieht dieser Trend im Lavanttal aus?
Schön langsam entsteht eine Trendwende. Ein Beispiel: Meine Frau wollte nie Landwirtin werden, mittlerweile hat sie große Freude an diesem Beruf. Auch unsere Kinder helfen schon am Hof mit. Das Miteinander in der Familie ist ein wesentlicher Faktor. Wir haben im Lavanttal zwei hervorragende Fachschulen für die Landwirtschaft. Wie bereits erwähnt, braucht es die Wertschätzung aus der Bevölkerung, dann werden sich auch wieder mehr junge Menschen bereit erklären, einen Bauernhof zu übernehmen. Wir haben im Lavanttal, darauf bin ich sehr stolz, eine aktive Jungbauernschaft. Ich sehe dem Ganzen sehr positiv entgegen.

Was sind die größten Herausforderungen für die Landwirtschaft im Lavanttal?
Der Bauernstand hatte immer wieder mit Herausforderungen zu kämpfen. Ein Bauer sät im Frühjahr, weiß aber nicht, ob er im Herbst ernten wird. Die Bauern waren aber immer anpassungsfähig. Die Frage ist nur, wie schnell geht der Klimawandel voran, wie lange brauchen die Bauern, um auf neue Herausforderungen reagieren zu können? 

Schlagwort Bio: Was genau ist eigentlich Bio?
Auch ich habe meine Betrieb vor einiger Zeit auf biologische Landwirtschaft umgestellt. Das Wesentliche ist, dass ein Biobauer das biologische Produzieren auch lebt und nicht nur macht, weil es sich auf die Brieftasche auswirkt. Die Herausforderung sind die vielen Biosiegel, da kennt sich kein Mensch mehr aus. Wir haben ein nationales Biosiegel, aber es existieren bereits in sämtlichen Supermärkten Biowaren. Und da gibt es verschiedene Standards. Der ist beim nationalen Biosiegel am höchsten und noch höher als beim europäischen Biosiegel. Ein Viertel der Flächen wird bereits biologisch bearbeitet. Im Lavanttal nimmt ein Großteil der landwirtschaftlichen Betriebe am Umweltprogramm der EU bezüglich der umweltgerechten Bewirtschaftung teil. Das ist die Vorstufe zur biologischen Bewirtschaftung.

Ein heißes Thema ist auch Glyphosat. Es wird seit Jahren ein Verbot diskutiert. Müsste hier schneller gehandelt werden?
In unserem Bezirk und in Kärnten ist es eigentlich nicht das große Thema. Der Großteil der heimischen Bauern bewirtschaftet die Flächen umweltgerecht. Es gibt Länder und andere Bereiche, in denen Glyphosat sehr häufig eingesetzt wird. Da müsste gehandelt werden. Bei uns wird es eher für andere Bereiche verwendet: Ich habe im Vorjahr den Einsatz entlang einer Eisenbahnlinie gesehen. Man darf nicht immer nur den Bauern in die Verantwortung nehmen.   

Landjugend und Bauernbund sind ja oftmals ein Sprungbrett in die Politik. Planen Sie, in die Politik einzusteigen?
Ich war selbst in der Landjugend aktiv, ich war schon politisch 18 Jahre lang in der Kommunalpolitik als Gemeinderat tätig. Es ist hier ganz wichtig, dass Funktionäre die Bauernschaft vertreten. Aber eine höhere politische Funktion ist auch zeitlich bedingt für mich nicht möglich.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Elisabeth Köstinger, der Landwirtschaftsministerin aus dem Lavanttal?
Ich habe sie schon jung und dynamisch in der Landjugend kennengelernt. Sie hat sich über die Landjugend hinaufgearbeitet. Sie ist für uns Bauern sehr wertvoll. Sie war auch im EU-Parlament. Dadurch konnte sie sehr viel Erfahrung sammeln.

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