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100 Euro pro Monat für öffentliche Toilette führte zu langer Debatte im Wolfsberger Gemeinderat Ausgabe 19 | Mittwoch, 7. Mai 2025

Dass Politik ein mühsames Geschäft sein kann, zeigte die jüngste Sitzung. Elf Minuten lang wurde über die Frage diskutiert, warum in einem 100-Euro-Antrag zu einem WC in St. Michael der Vermerk »ohne Bedeckung« stand. Es ging den Beteiligten ums Prinzip.

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Unterkärntner Nachrichten Redakteur Horst Kakl Von Horst Kakl kaklno@spamunterkaerntner.at
Der Pfarrhof in St. Michael (rechts), der auch als Begegnungszentrum genutzt wird. Um ihn barrierefrei zugänglich zu machen, wurde eine Rampe angebaut. Und hier befindet sich auch die Toilette (links), die zuletzt für eine lange Diskussion im Gemeinderat gesorgt hat. Letztlich wurde es geschafft, sie ist öffentlich zugänglich.UN

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Wolfsberg. Dass es in Zeiten der Geldnot schwierig ist, selbst kleinste politische Entscheidungen über die Bühne zu bringen, wurde in der jüngsten Sitzung des Wolfsberger Gemeinderats am 24. April eindrucksvoll bewiesen. Elf Minuten lang wurde über die Frage diskutiert, ob die Stadt wohl 100 Euro für ein öffentliches WC werde aufbringen können – und woher die Summe genommen werden soll.

Anlass der kuriosen Diskussion war eine öffentliche Toilette im Pfarrhof St. Michael – ein Wunsch der Bürger und eine freiwillige Leistung der Stadt, die bekanntlich bei diesen Ausgaben strikt sparen muss. Die Abmachung sieht so aus: Wolfsberg bezahlt dem Verein »St. Michael aktiv« 100 Euro pro Monat, der sich im Gegenzug um das WC kümmert. Allerdings: Diese 100 Euro sind im laufenden Budget nicht vermerkt, es gibt also keine »Bedeckung«, wie es im Polit-Deutsch heißt. Und weil die Wolfsberger FPÖ zuletzt angekündigt hat, gegen alle Punkte zu stimmen, für die das notwendige Geld nicht eingeplant ist, kam es zur Debatte, die die Sitzung ein wenig in die Länge zog.

»Warum schreibt man nicht hinein, dass das Geld vom Kontokorrentrahmen genommen wird?« 
Harald Trettenbrein, Ersatzgemeinderat

Nachdem FPÖ-Stadträtin Isabella Theuermann den Amtsvortrag verlesen und die fehlende Bedeckung betont hatte, meldete sich Vizebürgermeisterin Michaela Lientscher (SPÖ) zu Wort.

In ihrer Eigenschaft als Medizinerin hob sie die Notwendigkeit der Reinigung von Toiletten hervor, da es sonst zur Übertragung von Krankheiten kommen könnte. »Ich habe das auch im Stadtrat angesprochen«, sagte Lientscher, »und wollte ein Umdenken (Anm.: bei der FPÖ) bewirken, denn hier können die Sparmaßnahmen nicht angewandt werden, weil es eine Notwendigkeit ist – wenn auch eine freiwillige Leistung.«

Es geht los ...

Ersatzgemeinderat Harald Tret-tenbrein (FPÖ) kündigte danach zwar die Zustimmung seiner Fraktion an – im Ausschuss und im Stadtrat hatten die Freiheitlichen noch dagegen votiert –, da die Reinigung keine freiwillige Leistung, sondern eine »Pflichtaufgabe« sei. Er wollte aber auch wissen, warum ein so wichtiger Punkt keine Bedeckung besitze.

Der amtsführende Vizebürgermeister Alexander Radl (SPÖ) widersprach: »Es ist eine freiwillige Leistung.« Hier sei das Geld aber sinnvoll verwendet. Und: »Den 100er im Monat werden wir hoffentlich noch auftreiben.«

Trettenbrein war damit nicht zufrieden: »Ich bitte um eine Erklärung, wann es bedeckt wird und woher die 100 Euro kommen?« Radl: »Der Betrag war im Budget nicht vorgesehen. Wir werden ihn aber zahlen müssen, dann wird das Minus eben etwas größer werden.« Diese Antwort war  Trettenbrein abermals zu detailarm. Er fragte: »Warum schreibt man in den Antrag nicht hinein, dass das Geld vom Kontokorrentrahmen (Anm.: Die Stadt hat einen Überziehungsrahmen von zehn Millionen Euro) genommen wird? Warum schreibt man, keine Bedeckung? Das ist fahrlässig.« Wieder Radl: »Das Geld wird da sein, wir werden es zahlen müssen, eventuell mit dem Kontokorrentkredit.« 

»Den 100er im Monat werden wir hoffentlich noch auftreiben« 
Alexander Radl, Vizebürgermeister

Nun schaltete sich Stadtrat Josef Steinkellner (ÖVP) ein und erläuterte, dass die Ertragsanteile vierteljährlich an die Stadt ausbezahlt werden, weshalb es von April bis Juni zu »Liquiditätsproblemen« komme: »Später stehen diese Einnahmen aber zur Verfügung, wir sind nicht zahlungsunfähig.«

Trettenbrein gab nicht auf: »Wenn diese Ausgaben vom Kontokorrentrahmen bedient werden, kann man das doch in den Antrag hineinschreiben. Würde immer drinstehen, woher das Geld genommen wird, wären hier viele Beschlüsse einstimmig.«

Radl dazu: »Aber das ist eh logisch.« Was er nicht sagte: Stünde stets der Kontokorrentrahmen als Geldquelle in den Anträgen, böte das der FPÖ immer neue Angriffsflächen gegen die SPÖ. Man könnte ihr vorwerfen, nur auf »Pump« zu leben ...

Beruhigungsversuch

Grüne-Gemeinderat Reinhard Stückler wollte beruhigen: »Diese 100 Euro sind nicht im Budget vermerkt, weil man von dieser Ausgabe bei der Erstellung noch nichts wusste. Daher steht jetzt im Antrag ›keine Bedeckung‹.« Und auch Finanzstadtrat Christian Stückler (SPÖ) musste sich zu Wort melden: »Wir werden diesen Betrag im ersten Nachtragsvoranschlag berücksichtigen.« Erst jetzt waren alle zufrieden. Der Beschluss, die 100 Euro »WC-Gebühr« zu bezahlen, fiel einstimmig. Politik kann ein mühsames Geschäft sein – für die Beteiligten und die Zuhörer ...

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