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Im Jänner 2025 haben Sie sich beim Training in Kitzbühel das Kreuzband gerissen. In der Vorwoche haben Sie in Santa Caterina einen Europacup-Super‑G gewonnen. Hat Sie das selbst überrascht?
Ja, brutal sogar. Die Woche davor war ich das erste Mal wieder im Europacup‑Training. Davor war ich in der Reha‑Gruppe – nur Mädels und ich – und dort ist es mir im Training nicht gut gegangen. Ich war rund eine halbe Sekunde hinter den anderen. Aber dann stehst du am Start, legst plötzlich den Schalter um und es funktioniert. Ich war überrascht, aber natürlich richtig froh, dass es gleich so gut gegangen ist.
In den beiden darauffolgenden Europacup-Abfahrten gab es die Plätze acht und 15 für Sie. Welche Disziplin sehen Sie als Ihre stärkste, Abfahrt oder Super G?
Ich fahre eigentlich beides gut. In der Abfahrt hatte ich erst fünf oder sechs Trainingstage – das ist eigentlich gar nichts. Schnell wäre ich gewesen, aber ich habe Fehler gemacht. Im Vorjahr wurde ich in Bormio im Weltcup 14. im Super G und 23. in der Abfahrt. Der 14. Platz war mein bestes Ergebnis im Weltcup. Grundsätzlich bin ich nicht schlecht unterwegs, aber man will natürlich immer vorne mitfahren.
Warum hatten Sie nur so wenige Abfahrtstage?
Zusätzlich zum Kreuzband war auch der Meniskus gerissen. Das dauert alles sehr lang, bis alles wieder passt. Man kann nicht gleich mit Abfahrt starten. Zuerst startete ich mit Techniktraining, dann Riesentorlauf, dann Super‑G. Mein erster Schneetag war erst Anfang Oktober – da bleibt nicht viel Zeit.
Wie schnell haben Sie nach der Operation wieder mit dem Training begonnen?
Ich wurde zwei Tage nach der Verletzung operiert. Gleich nach der Entlassung aus dem Krankenhaus bin ich ins Olympiazentrum Linz übersiedelt und habe sofort mit dem Training begonnen. Ich gab zehn bis elf Monate Vollgas, damit ich wieder richtig fit werde.
Wie sah der Weg zurück konkret aus?
Nach so einer Operation versucht man sofort, die Muskulatur wieder zu belasten. Ich hatte sechs Wochen Krücken, musste wieder richtig gehen lernen. Dann begann ich mit Beintraining, das langsam gesteigert wurde, bis Kniebeugen und Sprünge möglich waren. Ich war viel auf dem Ergometer, machte kognitives Training – und von Tag eins an Oberkörpertraining. Es war ein langer Weg, aber ein konsequenter.
Wie verlief die Vorbereitung auf die Saison?
Normalerweise startet meine Trainingsgruppe im August auf Schnee, meistens in Chile. Da war ich noch zu Hause. Ich bin erst zwei Wochen vor den Weltcup-Rennen in Copper Mountain (USA) wieder richtig auf Schnee gefahren. Die Rennen in den USA habe ich ausgelassen, es gab wenig Schnee, das Training wäre nicht optimal gewesen. In Österreich waren die Bedingungen besser, also habe ich hier trainiert.
Spüren Sie heute noch etwas von der Verletzung?
Nein. Die Ärzte haben super Arbeit geleistet, und auch das Physio-Team im Olympiazentrum Linz war hervorragend. Ich bin komplett schmerzfrei.
In Gröden haben Sie im Vorjahr Ihre ersten Weltcup‑Punkte geholt. Am kommenden Wochenende stehen dort zwei Abfahrten und ein Super G auf dem Programm. Werden Sie alle Bewerbe fahren?
Die beiden Abfahrten werde ich in Angriff nehmen. Ob ich auch den Super‑G fahre, kläre ich noch mit den Trainern. Ich bin in beiden Disziplinen gut in Form, im Super‑G fühle ich mich aktuell ein bisschen wohler.
Wie gehen Sie mit dem Risiko in der Abfahrt um? Haben Sie irgendwelche Routinen vor einem Rennen?
Ich halte es simpel. Aufstehen, frühstücken, im Zimmer aufwärmen. Dann geht es zur Besichtigung der Strecke und es folgt das Einfahren, um ein gutes Gefühl für die Bedingungen zu bekommen. Am Start höre ich ein paar Lieder. Man sollte am Renntag nichts kompliziert machen.
Haben Sie die gesamte Strecke im Kopf?
Natürlich, das ist extrem wichtig. Es wäre brutal gefährlich, wenn man nicht wüsste, wie es runtergeht. Jede Welle, jeder Schlag, jede blinde Passage – das muss man kennen.
Wie ist es, sich nach einem Sturz wieder eine Abfahrt hinunter zu stürzen?
Stürze gehören dazu. Wir wissen, dass immer etwas passieren kann. Ich denke nicht daran. Ich stehe oben und denke: Jetzt habe ich zwei Minuten vor mir, die kann ich genießen und eine Gaude beim Skifahren haben.
Wie reagieren Sie auf kurzfristige Änderungen, die vom Trainerteam ins Starthaus durchgegeben werden?
Wenn die Trainer etwas funken, vertraue ich ihnen und setze es um. Das ist kein Problem.
Als Europacup‑Dritter in der vorjährigen Saison haben Sie heuer einen Fixplatz in der Abfahrt. Was erwarten Sie sich vom Weltcup‑Start in Gröden?
Ich erwarte mir gar nichts. Es ist mein erstes Weltcup‑Rennen nach der Verletzung. Ich will gut Ski fahren und Spaß haben. Der Rest kommt von allein.
Was machen Sie zwischen den Rennwochenenden?
Hauptsächlich Regeneration. Ein bisschen Zeit auf dem Ergometer, Mobilisation, den Körper runterfahren. Den Kopf freibekommen, mit Freunden etwas unternehmen, abschalten.
Wie groß ist eigentlich der Unterschied zwischen Europacup und Weltcup – einerseits von den Fahrern, andererseits von den Rennstrecken?
Von den Fahrern her gar nicht mehr so groß, weil ja auch viele Weltcup‑Athleten im Europacup fahren. Die Strecken sind der große Unterschied: Die sind im Weltcup länger, steiler, schwieriger. Jede Abfahrt hat ihre eigene Charakteristik.
Welche Ziele haben Sie für diese Saison?
Gut reinkommen, gesund bleiben. Wenn ich mich in der Abfahrt zu 100 Prozent wohlfühle, kann ich vorne mitfahren. Jetzt heißt es, sich an die schwierigen Abfahrten gewöhnen und Spaß haben.
Im Feber sind die Olympischen Winterspiele in Mailand. Ist das ein Thema für Sie?
Ja, auf alle Fälle, die Chance gibt’s noch. Das ist ein Ziel. Und ich möchte mich außerdem fix im Weltcup etablieren.
Nun steht Weihnachten vor der Tür. Wie werden Sie die freien Tage verbringen?
Ich werde die Zeit nutzen, etwas mit Freunden zu unternehmen. Weihnachten verbringe ich fix zu Hause. Am 24. Dezember daheim zu sein, das ist Pflicht.

Von Michael Swersina
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