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Wolfsberg. Der Vorhang zu und alle Fragen offen, kann man Bertolt Brecht nach den drei Freisprüchen im Stadtwerke-Prozess (wir berichteten) zitieren. Denn am Landesgericht Klagenfurt machte nicht nur ein hochrangiger Mitarbeiter des Wolfsberger Unternehmens im Zeugenstand keine hervorragende Figur, es kamen auch Mängel in der seinerzeitigen Betriebsführung ans Licht.
Mit den von Richter Uwe Dumpelnik gefällten Freisprüchen, die laut Staatsanwaltschaft mittlerweile rechtskräftig sind, ist die Causa keineswegs abgeschlossen. Denn wie geht es jetzt mit dem zivilrechtlichen Schadenersatzprozess weiter, den die Stadtwerke gegen die beiden früheren Mitarbeiter angestrengt haben? In einer am 20. August 2019 eingebrachten Klage war von einer Schadenssumme von 391.408 Euro die Rede, die später auf rund 600.000 Euro ausgeweitet wurde. Wird diese Forderung aufrecht erhalten und damit eine eventuelle weitere Niederlage in Kauf genommen, die erhebliche Anwalts- und Gerichtskosten nach sich ziehen würde?
Wie wollen die Stadtwerke im arbeitsrechtlichen Verfahren gegen einen der jetzt Freigesprochenen vorgehen, der Ansprüche auf Kündigungsentschädigung stellt? Sein mitangeklagter Ex-Kollege hat einen diesbezüglichen Prozess bereits gewonnen und 55.813,56 Euro brutto vom früheren Arbeitgeber erhalten (wir berichteten).
»Der Prozess hat neue Erkenntnisse beigebracht, die nun intern bewertet werden«
Christian Schimik, Stadtwerke-Geschäftsführer
Oder: Wird die Zusammenarbeit mit jener Firma, die die vor Gericht behandelte Baustelle in der Sajovitzsiedlung 2016 und 2017 ausschrieb und kontrollierte, fortgesetzt? Immerhin ist sie weiter für die Stadtwerke tätig, obwohl die damaligen Baukosten von 294.000 Euro auf 1,4 Millionen Euro kletterten?
Und: Ist die Baufirma, die das Projekt Sajovitzsiedlung abwickelte und deren Geschäftsführer ebenfalls freigesprochen wurde, tatsächlich für Ausschreibungen der Stadtwerke gesperrt? Wenn ja, darf der Betrieb künftig wieder daran teilnehmen?
Schließlich: Wird es innerhalb der Stadtwerke nun personelle Konsequenzen geben?
Zuletzt: Wie hoch sind die Kosten, die den Stadtwerken durch die Prozesse bisher entstanden sind? Sind sie durch Versicherungen gedeckt?
All diese Fragen richteten die Unterkärntner Nachrichten auch an Stadtwerke-Geschäftsführer Christian Schimik, der den Posten im Juni 2020 übernahm – rund ein Jahr, nachdem die Affäre ans Licht gekommen war. Dessen schriftliche Antwort: »Unternehmensinterne Angelegenheiten, wie zum Beispiel die Personal- oder die Vergabepolitik, werden von den Wolfsberger Stadtwerken nicht öffentlich kommentiert, da es einerseits eben interne Dinge sind und andererseits die aktuelle Gesetzeslage, wie zum Bespiel die DSGVO (Anm.: die Datenschutz-Grundverordnung), eine Weitergabe solcher Informationen an die Öffentlichkeit untersagt.«
Die Sicht des Geschäftsführers
Für Schimik stellt sich die Sachlage so dar: »Aufgrund der im Jahr 2019 festgestellten Unstimmigkeiten – auch das Gericht hat von nicht zeitgemäßer Ausschreibung bzw. nicht optimaler Auftragsvergabe gesprochen – haben sich die Wolfsberger Stadtwerke nach der Analyse der Situation und nach der Abstimmung mit den Rechtsberatern damals entschieden, unternehmensinterne Veränderungen vorzunehmen (Anm.: Gemeint ist die Entlassung der beiden jetzt freigesprochenen Mitarbeiter). Zusätzlich war es notwendig, die Vergangenheit zu beleuchten und sie transparent aufzuarbeiten.«
Da auch die Möglichkeit einer strafrechtlichen Dimension bestand, so Schimik weiter, wurde vom Unternehmen eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht. Das Kärntner Landeskriminalamt führte »ausführliche« (Zitat Schimik) Ermittlungen gegen mehrere Personen. Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt beauftragte einen Sachverständigen mit der Ermittlung der Höhe des Schadens und erhob Anklage gegen drei Personen – »gegen zwei ehemalige Mitarbeiter der Wolfsberger Stadtwerke und den Geschäftsführer eines Bauunternehmens«.
Schimik: »Im Rahmen eines umfangreichen Prozesses wurde – wie es in einem Rechtsstaat glücklicherweise üblich ist – die Situation von vielen Seiten beleuchtet und objektiviert.« Der Gerichtsgutachter habe zwar einen Schaden festgestellt und der Richter erklärt, dass das Vorgehen der ehemaligen Mitarbeiter nicht zeitgemäß gewesen wäre. »Eine vorsätzliche Schädigungsabsicht der Angeklagten konnte im Strafprozess jedoch nicht festgestellt werden«, so der Geschäftsführer.
Aufgrund des den Wolfsberger Stadtwerken entstandenen Schadens traten diese als Privatbeteiligte dem Strafverfahren bei und brachten eine Schadensersatzklage gegen jene zwei Mitarbeiter ein, gegen die auch die Staatsanwaltschaft Anklage erhob.
Schimik: »Der Strafprozess hat neue Erkenntnisse beigebracht, die nun unternehmensintern bewertet und berücksichtigt werden, um das weitere Vorgehen zeitnah und überlegt im Sinne des Unternehmens festzulegen.«
Das letzte Wort ist in der Causa »Stadtwerke-Affäre« noch nicht gesprochen ...
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