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Diane Tiefenbacher: »Wenn man viel von der Welt gesehen hat, schätzt man die Lebensqualität im Tal«Ausgabe 51 | Dienstag, 21. Dezember 2021

Diane Tiefenbacher (38) ist die neue Bezirksstellenleiterin der Wirtschaftskammer Wolfsberg. Mit den Unterkärntner Nachrichten spricht sie über ihre Aufgaben, die Stärken des Lavanttals, welche Potenziale nun genutzt werden müssen und ihre Liebe zu den Bergen.

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Können Sie sich unseren Lesern kurz selbst vorstellen?
In habe an der Alpen-Adria-Universität in Klagenfurt Geografie studiert mit der Spezialisierung auf Wirtschaftsgeografie. Im Zuge des Studiums habe ich auch mehrere Auslandssemester absolviert. Eines davon zum Beispiel in Newcastle in Australien, für ein weiteres war ich dann in Perugia in Italien. Nach einem Praktikum bei der europäischen Institution »Versammlung der Regionen« habe ich an der Universität in Klagenfurt meinen Doktor gemacht. Danach arbeitete ich bei bei der österreichischen Raumordnungskonferenz, die beim Bundeskanzleramt angesiedelt ist.

Wie bzw. wann kamen Sie wieder zurück nach Kärnten?
Im Jahr 2014 bot sich die Möglichkeit, den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung als Programmverantwortliche in Kärnten zu koordinieren, und diese Möglichkeit nahm ich gerne an. Ich war dabei für sämtliche Fragen, die die Regionalwirtschaft betreffen, zuständig und habe grenzüberschreitende Arbeitsprojekte koordiniert.

Und von dort kamen Sie nun zur Wirtschaftskammer in Wolfsberg?
Im Jahr 2016 wurde mein Sohn Raphael geboren, nach einer kurzen Karenzzeit war ich dann in der Privatwirtschaft tätig. Als ich nun die Stellenausschreibung für die Bezirksstellenleiterin der Wirtschaftskammer Kärnten in Wolfsberg sah, habe ich mir gedacht, dass wäre für mich eine interessante Aufgabe. Ich kenne die Vorgaben von Behördenseiten, ich kenne aber auch die Sicht der Unternehmer. Und so habe ich mich schließlich beworben.

Seit wann sind Sie nun offiziell im Amt?
Nun schon einen Monat, seit dem 22. November.

Wie gut kennen Sie die Lavanttaler Unternehmen und die wirtschaftliche Situation im Lavanttal?
Natürlich kenne ich viele Unternehmen bzw. Unternehmer aus dem Bezirk. Ich freue mich aber jetzt schon darauf, sobald es die Corona-Situation zulässt, gemeinsam mit dem Bezirksobmann der Wirtschaftskammer, Gerhard Oswald, eine Tour durch das Lavanttal zu machen, um viele Unternehmer, aber auch die Bürgermeister persönlich kennenzulernen. Der Start als Bezirksstellenleiterin mitten im Lockdown ist eine schwierige Situation, aber ich bin davon überzeugt, dass wir das meistern werden.

Worauf wollen Sie in Zukunft die Schwerpunkte Ihrer Arbeit als Bezirksstellenleiterin legen?
Ich möchte natürlich einen starken Fokus auf das Thema Wirtschaftsentwicklung im Lavanttal,  aber auch auf die Zusammenarbeit mit anderen Stakeholdern im Lavanttal legen. Es gibt sehr viele Potenziale, ich möchte beispielgebend nur die Koralmbahn und den interkommunalen Gewerbepark nennen, die es nun gilt gemeinsam zu nutzen, damit sich die Region gut entwickeln kann. Dafür müssen entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden, um gute Betriebe ins Lavanttal zu bekommen. Eine große Herausforderung wird es aber auch werden, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Wobei man sagen muss, dass das Lavanttal dabei wesentlich besser aufgestellt ist als die meisten anderen Bezirke. Auch müssen wir Konzepte entwickeln, um der Abwanderung entgegenzutreten.

Weil Sie gerade die Abwanderung angesprochen haben: Das ist ja österreichweit, mit Ausnahme der Großstädte, ein großes Problem. Was kann man dagegen tun?
Das ist eine sehr spannende Frage. Es braucht eine intelligente regionale Entwicklung. Im Lavanttal haben wir sehr viel Potenzial. Wir liegen an der A2 und haben eine direkte Anbindung an die Koralmbahn.
Nun gilt es, attraktive Rahmenbedingungen für Unternehmen und Familien zu schaffen, damit sie sich im Bezirk Wolfsberg ansiedeln. Es gilt, ein gutes Angebot an Ausbildungsplätzen zu schaffen, entsprechende Kinderbetreuung und attraktive Arbeitsplätze. Unser Ziel muss es sein, die Lavanttaler, die nach Graz oder Wien gehen, um zu studieren, nach ihrem Abschluss wieder zurück ins Lavanttal zu holen. Dabei ist nicht nur die Wirtschaftskammer, sondern es sind auch die Politik, das Regionalmanagement und die Unternehmer gefordert, um einen guten Wirtschafts- und Lebensraum zu schaffen. Hinzu kommen noch neue Technologien, die in vielen Berufen bzw. Wirtschaftsbereichen ein ortsungebundenes Arbeiten ermöglichen.

Wo sehen Sie eigentlich die Stärken des Lavanttals?
Ich finde, dass das Lavanttal sehr gut aufgestellt ist. Wir haben einen sehr starken Produktionssektor, um den uns viele andere Bezirke beneiden. Es gibt aber auch sehr viele starke Gewerbe- und Handwerksbetriebe und gut ausgebildete Leute im Tal. Das sind sicher Faktoren, auf die man aufbauen kann. Und es gibt auch eine Vielzahl an gut laufenden mittelständischen und kleinen Betrieben.

Wo sehen Sie Schwächen?
Na ja, verbessern kann man natürlich immer etwas. Wichtig wird es sein, mehr Fachkräfte zu bekommen und die Lehre attraktiver zu machen. Man muss aber ehrlich sagen, dass es in Bezug auf eine attraktive Lehre im Lavanttal schon viele Angebote und Maßnahmen gibt. Wichtig wäre im Bereich der Digitalisierung noch ein wenig mehr zu machen. Denn gerade dabei muss man aufpassen, dass vor allem Klein- und Mittelbetriebe im Gewerbe und Handwerk nicht den Anschluss verpassen. Sie haben schon den interkommunalen Gewerbepark und die Koralmbahn angesprochen.

Welche Chancen sehen Sie in diesen beiden Jahrhundertprojekten für den Bezirk?
Das sind Projekte, die auf alle Fälle genutzt werden müssen. Jetzt muss rasch gehandelt werden, damit wir bis 2026, wenn die Koralmbahn in Betrieb gehen soll, alles auf Schiene bringen. Das Lavanttal rückt dann als Region gemeinsam mit Deutschlandsberg ins Zentrum eines Wirtschaftsgroßraums von Graz bis Klagenfurt. Wir müssen uns gemeinsam mit Deutschlandsberg in diesem etablieren, die interkommunale Zusammenarbeit muss funktionieren.

Ein großes Projekt im Lavanttal ist auch das Lithium-Projekt. Wie stehen Sie dazu?
Wenn alle rechtlichen Rahmenbedingungen auch für Gesellschaft und Natur – Stichwort UVP – geklärt und eingehalten sind, ist jede wirtschaftliche Tätigkeit dahingehend begrüßenswert.

Thema Frauen in der Wirtschaft: Warum schaffen es nur wenige Frauen in die höchsten Positionen?
Wir Frauen müssen sehr viele Dinge unter einen Hut bringen, angefangen bei der Kinderbetreuung bis hin zum Haushaltsmanagement. Das müssen wir alles neben einem Job erledigen.
Ein Problem ist auch die Kinderbetreuung, die nicht immer ausreichend ausgebaut ist. Und das hält Frauen oftmals davon ab, mehr als einen Teilzeitjob anzunehmen.

Wie sieht es mit der Kinderbetreuung im Bezirk aus?
Es gibt ein recht gutes Angebot. Aber natürlich könnte man es noch ausbauen. Wichtig wäre, dass es in Zukunft vielleicht mehr Angebote bei der betrieblichen Kinderbetreuung gibt.

Kommen wir zu etwas Persönlichem. Sie sind eine begeisterte Wanderin. Welche besonderen Berge haben Sie erklommen?
Besonders war sicher im Jahr 2011 die Nord-Süd-Überquerung des Kilimandscharo von Kenia nach Tansania oder die Besteigung des Cotopaxi in den Anden in Ecuador.  Der ist mit seinen 5.897 Metern der höchste Berg, den ich bislang bestiegen bin.

Und in Österreich?
Natürlich war ich schon am Großglockner. In Kärnten bin ich gerne in den Karawanken und so weiter unterwegs. Und natürlich auf der Koralpe. Das ist ja mein Hausberg und den nutze ich auch immer wieder zum Training für größere Berge.

Wie haben Sie es dann während Ihrer Zeit in Wien – ohne Berge – ausgehalten?
Es gibt auch dort einige sehr schöne Möglichkeiten in der näheren Umgebung. Vor allem den Schneeberg sollte  man nicht unterschätzen.

Was machen Sie neben dem Wandern und Bergsteigen sonst noch in Ihrer Freizeit?
Eigentlich so ziemlich alles, was man im Freien machen kann. Ich bin jeden Tag mit meinem Sohn draußen. Auch Reisen unternehme ich sehr gerne. Ich war bereits in den USA, Kanada, Australien, Thailand uvm. Leider sind Reisen derzeit coronabedingt nicht möglich.

Sie sind sehr viel herumgekommen. Was bedeutet das Lavanttal für Sie?
Das Lavanttal ist meine Heimat, ich bin in Wolfsberg geboren und aufgewachsen, meine Familie lebt hier, es ist ein wunderschöner Lebensraum, eine sehr schöne Region, und jeder kann froh sein, wenn er hier seinen Lebensmittelpunkt haben kann. Wenn man viel herumgekommen ist und viel von der Welt gesehen hat, beginnt man erst die Lebensqualität zu schätzen, die man im Lavanttal hat. Ich bin sehr  froh, dass mein Sohn hier aufwachsen darf.

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