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St. Andrä hat ein Budgetloch von 2,7 Millionen Euro – gestritten wird aber ums Tempo und »Kleingeld« Ausgabe | Mittwoch, 25. November 2020

600.000 Euro weniger Kommunalsteuer und 1,1 Millionen weniger Ertragsanteile reißen ein gewaltiges Loch in die St. Andräer Kasse. Das regte die Gemeinderäte aber nicht auf. Sie zankten um 430 Euro für eine Pflegekoordinatorin und eine 50-km/h-Beschränkung.

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St. Andrä. Über 430 Euro pro Monat für eine Pflegekoordinatorin konnten die Gemeinderäte trefflich streiten. Dass St. Andrä laut dem ersten Nachtragsvoranschlag 2020 aber ein Minus von 2,690.100 Euro verkraften muss, regte niemanden sonderlich auf. Vielmehr wurde in der Sitzung des Gemeinderats am 18. November darauf gehofft, dass die kommenden Jahre wieder »fett« sein werden.

»Der Nachtragsvoranschlag sieht trüb aus«, brachte es Gemeinderat Christian Taudes (ÖVP) auf den Punkt. »Dank« der Corona-Pandemie entgehen St. Andrä nicht nur 600.000 Euro Kommunalsteuer. Die Gemeinde fällt auch um 1,1 Millionen Euro Ertragsanteile um. War schon vor Covid-19 ein Budget-Minus von 498.000 Euro vorgesehen, hat sich der Abgang mittlerweile auf rund 2,7 Millionen Euro vergrößert. 

Keine Panik

Für Stadtrat Jürgen Ozwirk (FPÖ) kein Grund zur Panik: »Alle zehn Jahre haben wir eine Wirtschaftskrise, die aber nur drei Jahre dauert. Der nächste Gemeinderat wird damit viel Arbeit haben, aber wenn  wir mit Konsens arbeiten, ist das Minus zu schaffen.« Auch SPÖ-Vizebürgermeister Andreas Fleck plädierte: »Wir müssen positiv in die Zukunft schauen. Wenn wir nicht investieren, wird die Lage noch schlimmer.« Daher wird nicht nur rund eine Million Euro in die Sanierung von Straßen gepumpt, auch die Industrie- und Gewerbezone St. Andrä soll um sechs Hektar erweitert werden, um neue Betriebe anzusiedeln.

Bürgermeisterin Maria Knauder (SPÖ) war ebenfalls der Ansicht, »gemeinsam schaffen wir es«. 1,4 Millionen Euro seien vom Land mit dem zweiten Hilfspaket zu erwarten, die Investitionen in der Gemeinde müssten weiter fortgesetzt werden. Nur Gemeinderat Günther Drescher (siehe S. 4) streute Sand ins Getriebe. »Wir hatten die vergangenen Jahrzehnte ein enormes Wirtschaftswachstum. Habt ihr erwartet, dass es ewig so weiter geht? Ich lese aus dem Budget: Die Kleinheit des Geistes – ohne jemanden beleidigen zu wollen.« Angenommen wurde der Nachtragsvoranschlag trotzdem  einstimmig.

Gleiches galt für den »Straßensanierungskatalog«. Besonders reparaturbedürftig sind die Burgstaller, Pöllinger und Lammer Straße, denen Priorität eins eingeräumt wurde und die saniert werden. Priorität zwei haben die Kienberger und Godinger Straße. Allerdings: Sollte der Gehweg nach Wimpassing (siehe unten) vorher errichtet werden können, wird ihm der Vorzug vor den beiden genannten Straßen eingeräumt. 

Der für Tiefbau zuständige Vizebürgermeister Gerald Edler (FPÖ) meinte, er sei froh »dass wir wenigstens einen kleinen Teil unseres desolaten Straßennetzes sanieren können«. Stadtrat Heinz Schlatte (ÖVP), keineswegs ermüdet von mehreren verbalen Gefechten mit Gemeinderat Drescher, bezeichnete den Straßenzustand als »zum Teil erschreckend. Heute beschließen wir den Tropfen auf den heißen Stein. Nur für die Straßen auf die Saualm bräuchten wir acht Millionen Euro.« ÖVP-Gemeinderat Manfred Probst hatte dazu gleich eine Idee: »Das gehört höheren Orts geregelt. Anteile der Kfz- und Mineralölsteuer sollen zur Straßensanierung an die Gemeinden gehen.«

Apropos Straßen: Die führten in der Sitzung zu einem veritablen Streit, denn an mehreren Stellen soll das Tempo der Autofahrer eingebremst werden. Problemlos ging das im Bereich Farracher Straße / Ettendorfer Straße, wo künftig statt 100 nur mehr 50 gefahren werden darf, wie einstimmig beschlossen wurde.

Zurück in den Bauausschuss geschickt wurde der Antrag, Tempo 50 in der alten Bahnhofstraße in Jakling einzuführen. Die St. Andräer Polizei hat sich dagegen ausgesprochen, weil dort – bei abgeernteten Feldern – gute Sicht herrsche. Jetzt soll ein anderer Weg gefunden werden, um die Geschwindigkeit zu drosseln. 

Dann ging es los. Die FPÖ hatte beantragt, auf der Packer Straße in Richtung Wimpassing das Ortsgebiet zu verlängern, um 50 km/h verordnen zu können. Auf der B 70 ist das aber nicht ohne weiteres möglich, weshalb der Antrag abgelehnt werden sollte. Das regte Vizebürgermeister Edler auf, der die Gefährlichkeit der derzeitigen Situation betonte. Sein Kollege Fleck meinte erst sanft: »Wir werden dir helfen und schauen, dass dort ein Gehweg kommt.« Danach »betonierte« er Edler fürchterlich, weil der zugesagt habe, Unterschriften von vier Anrainern einzuholen, die für das Projekt Grund abtreten müssen. Bisher liege aber noch keine vor. »Du musst dich mehr einbringen«, so Fleck zu Edler. Der konterte, Fleck sei seinerzeit Obmann jenes Ausschusses gewesen, der eine erste Gehweg-Variante geplant hatte, die aber platzte. Er, Edler, habe bereits drei Unterschriften zusammen, die vierte werde er im Jänner beibringen. Schlatte kommentierte: »Wir sind im Wahlkampf angekommen.« Der 50er-Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt, jetzt soll der Gehsteig-Bau vorangetrieben werden.

Wieder gibt es Streit

Unter Punkt 6 der Tagesordnung wurde die Aufnahme einer Pflegekoordinatorin für die Gemeinden St. Andrä und St. Paul behandelt. Die Kosten sollen mit der Nachbargemeinde im Verhältnis 3:1 geteilt werden, St. Andrä muss 430 Euro monatlich aufwenden. Bürgermeisterin Knauder nannte den Namen der künftigen Koordinatorin, die ältere Menschen über Hilfsmöglichkeiten aufklären und ehrenamtliche Helfer organisieren soll. Stadtrat Schlatte stapfte wütend zum Rednerpult und beschwerte sich, zuvor sei keine Rede davon gewesen, dass es bereits eine fixe Kandidatin für den Job gebe. »Wir haben eine Budgetkrise und wollen zusätzliches Personal beschäftigen«, so Schlatte. Darauf wurde er von Knauder darauf hingewiesen, dass es mehrere Info-Veranstaltungen zum Thema gegeben habe und es jetzt »bequem« sei zu sagen, man hätte von nichts gewusst. Der Antrag wurde gegen Schlatte angenommen.

Beschlossen hat der Gemeinderat auch die Beteiligung am geplanten Technologiepark in St. Paul (wir berichteten) und die zehnjährige Vergabe der acht Gemeindejagden, für die zwischen 4.500 und 12.000 Euro pro Jahr bezahlt wird. Der Antrag, die Kurzparkzone während des Lockdowns aufzuheben, wurde an den Ausschuss verwiesen.

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