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Tote Großmutter lag mit Kanülen in den Venen und offenem Mund im Sarg: Verwandte sind schockiertAusgabe 26 | Mittwoch, 24. Juni 2020

Die Enkelin der verstorbenen 85-Jährigen aus dem Bezirk Wolfsberg berichtet über den verstörenden Anblick der Toten und meint: »Als ob man gesagt hätte: Sie ist eh tot, ihr ist es egal.« Leiter der städtischen Bestattung schildert die Dinge aus seiner Sicht, Kabeg widerspricht ihm.

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Wolfsberg. Zur Trauer über den Tod der Großmutter kam der Schock, den das Äußere der Verstorbenen auslöste. Eine vor kurzem in Wolfsberg stattgefundene Beerdigung hat in der betroffenen Familie tiefe Bestürzung hinterlassen. Was die Mitglieder sehen mussten, wird ihnen für immer im Gedächtnis bleiben: ein geöffneter Mund, die Kanülen steckten noch in den Armen, das Erkennungsband des Krankenhauses baumelte am Handgelenk. »Meine Großmutter wurde unwürdig behandelt«, so die Enkelin.

Zu Grabe getragen wurde eine 85-jährige Dame aus dem Bezirk Wolfsberg. Die Seniorin war im LKH Wolfsberg verstorben, mit der Beerdigung wurde die Bestattung Wolfsberg, ein Unternehmen der Stadtwerke, beauftragt. 

»Meine Mutter war so geschockt, dass sie den Verabschiedungsraum verlassen musste«
Die Enkelin der verstorbenen 85-Jährigen

Die 35-jährige Enkelin der Toten, die nicht genannt werden will und auch darum bat, den Namen der Verstorbenen nicht anzuführen, berichtet den Unterkärntner Nachrichten: »Der letzte Anblick soll ein positiver sein. Als mein Großvater vor etwa zehn  Jahren starb, war alles in Ordnung. Aber meine Großmutter wurde lieblos behandelt.« 

Denn als die Angehörigen am offenen Sarg Abschied nahmen, waren sie über den Anblick ihrer geliebten Oma schockiert. »Es waren nicht nur der offene Mund und die medizinischen Vorrichtungen, die man nicht entfernt hatte«, sagt die Enkelin, »auch ihr Haar war unordentlich und das Gesicht nicht geschminkt. Wir hatten den Eindruck, sie wäre einfach in den Sarg gelegt worden, ohne sie auf irgendeine Weise herzurichten. Als ob man gesagt hätte: Sie ist eh tot, ihr ist es egal. So ist das aber nicht. Meine Mutter war so geschockt, dass sie den Verabschiedungsraum verlassen musste.«

Die 85-Jährige hatte zu Lebzeiten stets großen Wert darauf gelegt, dass bei Beerdigungen die Würde der Verstorbenen gewahrt wird. »Ihr war immer wichtig, dass alles passt. Aber bei ihr konnten wir nichts mehr machen, wir mussten sie so beerdigen, die Bestattung fand schon eine Stunde später statt«, erzählt die Enkelin, die auch mit dem Verabschiedungsraum nicht zufrieden war: »Es ist ein kahler Raum mit künstlichem Licht. Er wirkt kalt und nicht liebe- und pietätvoll.« Sie kann nun nicht verstehen, warum ihrer Großmutter nicht die Kanülen entfernt und der Mund geschlossen wurden, warum man sie für ihren letzten Weg nicht geschminkt und frisiert hatte.

Philipp Überbacher, Leiter der Bestattung, sagt dazu: »Es lagen einige Tage zwischen dem Tod der Dame und ihrer Beerdigung. In diesem Zeitraum schreitet die Veränderung, der natürliche Verfall voran. Wir haben unser Bestes gegeben und alles getan, was wir machen dürfen, leider können wir keine Wunder wirken. Die Verstorbene war nicht schön, das gebe ich zu, ich habe aber versucht, es den Angehörigen zu erklären, denn das Hauptproblem war die zwischen den beiden Ereignissen liegende Zeit.«

»Wir dürfen nicht«

Zu den an der Toten verbliebenen Kanülen sagt Überbacher: »Wir dürfen sie nicht entfernen. Wir dürfen die Verstorbenen waschen, kämmen, anziehen und schminken, aber Kanülen dürfen wir nicht einfach herausziehen. Wir hatten deswegen schon Diskussionen mit dem LKH, uns wäre es lieber, wenn diese Dinge dort entfernt werden würden. Der Bestatter darf solche Eingriffe nicht machen. Aber ich gebe niemandem die Schuld, auch der Kabeg nicht.« Gleiches gelte für den geöffneten Mund: »Wir können ihn natürlich schließen, aber wenn der Körper erstarrt ist, geht das oft nicht mehr. Und Knochen brechen dürfen wir nicht.«

Verteidigung

Die Kritik am Verabschiedungsraum kann Überbacher nicht nachvollziehen: »Der Raum ist sehr dezent, es gibt Hintergrundmusik und künstliches Licht, an den Seiten stehen Kerzen. Er ist sehr gut geeignet, anderswo habe ich schon ganz anderes gesehen.«

Weiter zu Nathalie Trost, Sprecherin des Kärntner Spitalserhalters Kabeg. Dürfen Bestatter tatsächlich keine Kanülen entfernen? »Ich kenne den konkreten Fall nicht«, so Trost, »generell gilt, dass das medizinische Equipment im Hinblick auf eine eventuelle Obduktion erst bleiben muss. Ist der Verstorbene aber freigegeben, kann er auch hergerichtet und die Ausrüstung entfernt werden. Mit anderen Worten: Sobald sich der Tote bei der Bestattung im Sarg befindet, liegt es in deren Verantwortung ...« 

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