Artikel
Sie sind seit November Vizepräsident der Arbeiterkammer Kärnten. Können Sie uns kurz ein wenig über Ihren persönlichen Werdegang erzählen und wie Sie in die Arbeiterkammerarbeit eingestiegen sind?
Nach dem Wehrdienst, bei dem ich die Pflegeassistenzausbildung absolvierte, begann ich 1991 im LKH Wolfsberg als Pflegeassistent zu arbeiten. 1994 absolvierte ich dann die Gewerkschaftsschule und habe dann begonnen, mich intensiver mit der Betriebsratsarbeit zu beschäftigen. Es war ein spannender, aber auch herausfordernder Einstieg – wenn man neu ist, möchte man viel verändern. Aber man lernt schnell, dass man oft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wird. 2011 kam ich dann als Kammerrat in die Arbeiterkammer.
Sie sind seit 2001 im Betriebsrat der Kabeg tätig. Welche Erfahrungen aus dieser Zeit können Sie in Ihrer Rolle als Vizepräsident der Arbeiterkammer einbringen?
Als Betriebsrat habe ich gelernt, dass es wichtig ist, zwischen den Interessen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber zu vermitteln. Diese Rolle als »Verbindungsglied« ist auch in meiner Funktion als Vizepräsident der Arbeiterkammer entscheidend. In Verhandlungen habe ich über die Jahre hinweg viel Erfahrung gesammelt – heute kann mich keiner mehr so leicht über den Tisch ziehen. Es geht darum, mit Überzeugung für die Rechte der Arbeiter einzutreten. Und wenn mir etwas nicht passt, dann sage ich das auch klar. Die Erfahrungen aus den schwierigen Verhandlungen – zum Beispiel beim neuen Kabeg-Gesetz aus den Jahren 2011/12 – sind dabei sehr wertvoll.
Was haben Sie damals beim Kabeg-Gesetz durchgesetzt?
Man wollte damals in Wolfsberg die Leistungen reduzieren, zum Beispiel die Unfallchirurgie und die Gynäkologie schließen, die Abteilung für chronisch Kranke privatisieren sowie viele Angebote reduzieren. Ich habe mit dem damaligen Landesrat Christian Ragger ein Acht-Punkte-Programm für das LKH Wolfsberg aufgestellt, und wir haben das auch durchgebracht.
Sie waren auch jahrelang politisch im Wolfsberger Gemeinderat tätig. Welche Parallelen sehen Sie zwischen Ihrer Arbeit dort und bei der Arbeiterkammer?
Der Gemeinderat und die Arbeiterkammer haben auf den ersten Blick vielleicht wenig gemeinsam, aber beide erfordern ein hohes Maß an Engagement für die Menschen. Im Gemeinderat habe ich oft für die Anliegen der Bevölkerung gekämpft, sei es um den Erhalt von Arbeitsplätzen oder um Verbesserungen im Gesundheitsbereich. Bei der Arbeiterkammer geht es ähnlich darum, die richtigen politischen Entscheidungen für die Menschen zu treffen – speziell für die Arbeitnehmer. Man muss immer versuchen, im Dialog mit verschiedenen Parteien und Interessensgruppen Lösungen zu finden, die am Ende allen zugutekommen.
Als Vizepräsident der Arbeiterkammer tragen Sie nun eine wichtige Verantwortung. Was sind Ihre Hauptaufgaben in dieser Position?
Zu meinen Hauptaufgaben gehört es, den Präsidenten zu vertreten, bei Veranstaltungen und Verhandlungen anwesend zu sein und die Kärntner Arbeiterkammer auch auf Bundesebene zu vertreten. In meiner Rolle werde ich mich besonders auf den Bereich Wolfsberg und Völkermarkt konzentrieren. Wichtig ist, dass wir als Arbeiterkammer immer die Interessen der Kärntner vertreten, zum Beispiel bei Gesprächen mit Vertretern des Landes oder in arbeitsrechtlichen Belangen. Ich sehe meine Aufgabe auch darin, für die Kollegen da zu sein, ihre Anliegen zu hören und Lösungen zu finden.
Wie stehen Sie zur 32-Stunden-Woche und der Erhöhung des Arbeitslosengelds?
Das ist derzeit nicht möglich.
Welche Themen stehen derzeit ganz oben auf Ihrer Agenda?
Eines der wichtigsten Themen ist der Arbeitsmarkt – insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels. Die Arbeiterkammer muss die Rechte der Arbeitnehmer stärken und vor allem im Gesundheitsbereich viel tun. Wir müssen sicherstellen, dass die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Aber auch Themen wie Lohnnebenkosten und Konsumentenschutz sind auf meiner Liste. Gerade bei den Lohnnebenkosten wird oft gesagt, dass man sie senken und den Kammerbeitrag abschaffen muss. Man darf nicht vergessen, dass der AK-Pflichtbeitrag einen wichtigen Teil unserer Arbeit finanziert, ohne den Angebote wie der Konsumentenschutz und die Rechtsberatung nicht möglich wären.
Sie haben gerade den Fachkräftemangel angesprochen, der auch im Gesundheitswesen ein riesiges Problem darstellt. Was können Sie tun, um diesem Mangel entgegenzuwirken?
Im Gesundheitsbereich ist der Fachkräftemangel besonders dramatisch. Ein großes Problem sehe ich darin, dass die Ausbildung der Pflegekräfte mittlerweile an die Matura gebunden ist – dadurch schließen wir potenzielle Bewerber aus. Wir müssen den Zugang zur Pflegeausbildung flexibler gestalten. Es darf nicht sein, dass Menschen aufgrund formaler Hürden keine Chance bekommen. Zudem müssen wir auch mehr in die Weiterbildung und in die Vereinbarkeit von Familie und Beruf investieren, vor allem für die Kollegen im unregelmäßigen Dienst. Die Einführung von Arbeitszeitmodellen wie der Vier-Tage-Woche, vor allem in der Pflege, ist hier ein wichtiger Punkt.
Welche Initiativen haben Sie als Betriebsrat angestoßen?
Ein Thema, das mir immer wichtig war, ist die Mittagspause. Bei einem Zwölf-Stunden-Dienst haben Kollegen die Pause oft nicht wahrgenommen, was gesundheitlich nicht gut ist. Deshalb habe ich durchgesetzt, dass alle ihre Pause auch in Anspruch nehmen. Auch bei Neubauten und Umstrukturierungen, etwa im LKH Wolfsberg, habe ich darauf geachtet, dass die Arbeitsbedingungen verbessert werden – von den Ambulanzen bis zu Dienstplänen. Ein stabiler Dienstplan und genug Erholung sind essenziell.
Die Lebenshaltungskosten steigen und viele Menschen haben Schwierigkeiten, über die Runden zu kommen. Wie kann die Arbeiterkammer in diesem Bereich helfen?
Die Arbeiterkammer ist in dieser Hinsicht sehr wichtig – wir müssen auf Missstände aufmerksam machen und die Politik drängen, mehr zu tun. Ein Bereich, in dem wir sehr aktiv sind, ist der Konsumentenschutz. Wenn Mieten zu hoch sind oder Betriebskosten nicht stimmen, helfen wir dabei, diese Missstände zu beseitigen. Wir setzen uns auch für Bildungszuschüsse und Fahrtkostenhilfe ein, um den Kärntnern das Leben zu erleichtern. Aber das Wichtigste ist, dass wir als Arbeiterkammer die politische Agenda mitbestimmen und Lösungen für die Probleme der Bevölkerung finden.
Welche Ziele möchten Sie in den kommenden Jahren als Vizepräsident der Arbeiterkammer erreichen?
Mein Ziel ist es, die Arbeiterkammer als Stimme der Arbeitnehmer zu stärken. Ich möchte vor allem im Bereich Gesundheit und Pflege noch mehr erreichen – bessere Arbeitsbedingungen, Fortbildungsmöglichkeiten und eine stärkere rechtliche Beratung. Ich möchte das Engagement der Arbeiterkammer in der Region ausbauen und den Kollegen in Wolfsberg und Umgebung noch mehr Gehör verschaffen. Ich bin nicht hier, um ein Amt zu besetzen, sondern um für die Kollegenschaft wirklich etwas zu bewegen.
// Zur Person
Manfred Pichler, 53, hat nach der Pflichtschule eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann absolviert. Beim Bundesheer machte er eine Pflegeausbildung und begann 1991 im LKH Wolfsberg als Pflegeassistent zu arbeiten. Seit 2001 ist er freigestellter Betriebsrat im LKH Wolfsberg, seit 2010 dessen Vorsitzender. Seit 2019 ist Pichler auch stellvertretender Zentralbetriebsrat der Kabeg.
Von 2003 bis 2024 saß Pichler für die SPÖ im Wolfsberger Gemeinderat. Und seit 2011 vertrat er die Gewerkschaft öffentlicher Dienst als Kammerrat in der Arbeiterkammer (AK) Kärnten. Seit November 2024 ist er Vizepräsident der AK Kärnten. Pichler ist mit Bernadette verheiratet, gemeinsam haben sie die Kinder Lisa und Laura.
0 Kommentare Kommentieren
Keine Kommentare gefunden!