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IT-Polizist Baumgartner: »Nach einem ruhigen Jahresstart steigen Internetdelikte nun rasant an«Ausgabe 6 | Mittwoch, 8. Februar 2023

Die Cyber-Betrügereien boomen wieder, egal ob die Tochter-Sohn-Masche, Anlagebetrug oder Verschlüsselungstrojaner. Jede Woche erwischt es Menschen, darunter auch immer öfters Lavanttaler, die im Internet oder via Smartphone von Gaunern abgezockt werden.

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Wolfsberg. »Das neue Jahr hat ganz seltsam begonnen. Zunächst war es so ruhig, wie schon lange nicht mehr – und dann ging es auf einmal mit zahlreichen Fällen los. Die reichen von Sex-Erpressung über Anlagebetrug bis hin zur Tochter-Sohn-Masche«, erzählt der Wolfsberger IT-Polizist Christian Baumgartner über Cyber-Crime im Lavanttal. 

Erst in der Vorwoche wurde ein 59 Jahre alter Mann aus Wolfsberg von seiner vermeintlichen »Tochter« per SMS zur Überweisung von einigen tausend Euro überredet. Verdacht schöpfte der Mann erst, als das Geld überwiesen war. »Im Vorjahr gab es österreichweit rund 1.000 Fälle der Tochter-Sohn-Masche«, sagt Baumgartner. Jede Woche werden mehrere Personen mit verschiedenen Tricks abgezockt.

»Viele der Betrüger sitzen im Ausland, das sind dann langwierige Prozesse, um an sie ranzukommen«
Christian Baumgartner, Polizist

So verlor erst kürzlich ein  Wolfsberger auf einer Internetplattform, auf der er Schneeketten für ein landwirtschaftliches Nutzfahrzeug »gekauft« hatte, mehrere Hundert Euro. Nachdem das Geld überwiesen war, riss der Kontakt ab, Lieferung gab es keine. Und ein weitere Mann wurde mit dem Vater-Tochter-Trick um mehrere Tausend Euro erleichtert.

Doch warum fallen immer noch Menschen auf die Maschen der Internet- und Smartphonegauner herein, wo doch fast täglich über solche Betrugsfälle in den Medien berichtet wird? Baumgartner versucht eine Erklärung zu finden: »Bei der Tochter-Sohn-Masche wird das Opfer überrascht, das Kind wäre in einer Notsituation, und es wird angedroht, wenn nicht sofort Geld überwiesen werde, passiere etwas Schlimmes: Es drohe Haft oder eine hohe Geldstrafe. Die Betroffenen haben keine Zeit, darüber nachzudenken und überweisen einfach. Manche sind aber auch einfach nur beratungsresistent.«

Anlagebetrug

Auch beim Anlagebetrug werden die Opfer unter Druck gesetzt. Dabei beginnt die Sache eher harmlos. »Die Opfer werden von einem Anlageberater kontaktiert oder fallen auf die teilweise sehr gut gemachte Fake-Werbung herein, bei der Prominente Werbung machen, wie viel Geld sie mit bestimmten Methoden verdient hätten. Auch im Bezirk Wolfsberg sind bei dieser Masche die Zahlen im Steigen«, sagt Baumgartner. Dabei wird den Menschen vorgegaukelt, dass man binnen kurzer Zeit sehr viel Geld machen könne – und das alles bequem von zu Hause vom Computer aus. Doch dem ist natürlich nicht so. »Zunächst muss ein überschaubarer Betrag von 100 oder 200 Euro überwiesen werden. Das machen die meisten noch, ohne viel nachzudenken«, so Baumgartner. Doch dann kommen weitere Aufforderungen, mehr Geld zu investieren. Wenn man sein »gewonnenes« Geld abholen möchte, werden plötzlich Gebühren fällig. Das kann schon in den hohen vierstelligen Eurobereich gehen.

Verschlüsselungstrojaner

Nach wie vor ein einträgliches Geschäft für die Cyber-Gangster sind die Verschlüsselungstrojaner. »Das einzig Tröstliche dabei ist, dass, wenn die Forderung bezahlt wird, die verschlüsselten Daten auch wieder freigegeben werden«, sagt Baumgartner. 

Aber man kann durch das Bezahlen nicht davon ausgehen, dass nicht eine andere Hackergruppe später erneut zuschlägt. Wie viele solcher Verschlüsselungsfälle es im Bezirk gibt, kann Baumgartner nicht sagen, denn es gibt viele, die die Forderung begleichen, ohne zur Polizei zu gehen.  

Die Aufklärung gestalte sich bei Cyber-Crime-Fällen sehr schwierig. »Viele der Betrüger sitzen im Ausland. Da muss alles international gesteuert werden, und das sind langwierige Prozesse. Oft fallen die Taten in die Zuständigkeit ausländischer Gerichtsbarkeit. Für die Opfer ist das unbefriedigend, da keine Forderungen an die Täter eingebracht werden können. Für mich als Polizist ist es aber cool, wenn jemand geschnappt wird und  man auch einige Steinchen zum Erfolg beigetragen hat«, so Baumgartner.

Auf Nummer sicher gehen

Völlige Sicherheit wird es nie geben, aber man kann Maßnahmen ergreifen, um die Chance, ein Cyberopfer zu werden, zu reduzieren. »Die Menschen müssen im Internet wieder vermehrt ihren Hausverstand einschalten und auf keinen Fall übereilt und unüberlegt handeln. Unglaubliche Angebote sollte man genau hinterfragen, und auch Lockangebote wie ›nur noch ein Angebot‹ sollen genau beobachtet werden«, so Baumgartner. Außerdem kann jederzeit bei der Kriminalprävention der Polizei nachgefragt werden, wenn man sich unsicher ist, ob E-Mails seriös sind oder Chatanfragen ungelesen gelöscht werden sollen. 

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