Seit 1887 | Das unabhängige Wochenblatt für Unterkärnten

Bürgermeister Primus legt seine Krankheit offen: Eine monatelange Isolation liegt jetzt vor ihm Ausgabe | Donnerstag, 2. Mai 2024

Der 47-Jährige leidet am myelodysplastischen Syndrom und benötigt eine Knochenmarkstransplantation. Seine Schwester wird die benötigten Zellen spenden. Was steckt hinter MDS? Es handelt sich nicht um Blutkrebs, sondern eine Erkrankung des Knochenmarks.

E-Mail

0 Kommentare

Meist gelesen

Artikel

Wolfsberg. Aller politischer Streit war mit einem Schlag vergessen. Die Wolfsberger Gemeinderatssitzung am 25. April (siehe Artikel unten) wurde von einer Mitteilung überschattet, die alle Gemeinderäte schockiert zurückließ: Nachdem die Kameras der Live-Übertragung abgeschaltet worden waren, wartete Bürgermeister Hannes Primus (SPÖ) noch einige Sekunden und begann danach – mit ruhiger Stimme – seine Erklärung: Er leidet an einer schweren Krankheit und muss sich in etwa einem Monat in Graz einer Stammzellen-Knochenmarktransplantation unterziehen. Der Name seiner Erkrankung: myelodysplastisches Syndrom, kurz MDS.

»Die einzige Lösung«

Primus: »Ihr wisst, dass ich zuletzt gesundheitlich angeschlagen war und 14 Tage an einer schweren Lungenentzündung litt. Der Grund dafür liegt in einer Bluterkrankung, die im März festgestellt wurde.« Es gebe aber – »Gott sei Dank«, so der Bürgermeister –, eine Therapie, der er sich unterziehen werde. Diese Stammzellen-Knochenmarktransplantation sei »die einzige Lösung«.

»Habe ich mich falsch ernährt, zu wenig bewegt? Nein, es ist einfach Pech«
Hannes Primus über den Auslöser der Krankheit

Der 47-Jährige berichtete auch, wie es zur Diagnose gekommen war. Im Dezember des Vorjahrs war sein Gesicht plötzlich gelähmt, es bestand der Verdacht eines Schlaganfalls. Bei den folgenden Untersuchungen zeigten sich Auffälligkeiten in seinem Blutbild, im heurigen Februar folgte eine Knochenmarkuntersuchung, im Monat darauf stand die Diagnose fest: myelodysplastisches Syndrom.

Schwester als Spender

Er benötigt nun eine Transplantation der Knochenmarkstammzellen, die Spenderin wird seine Schwester sein, die zu 100 Prozent geeignet ist. Bei diesem Eingriff handelt es sich laut dem Bürgermeister um einen »Reset«, nachdem sogar seine Blutgruppe nicht mehr die eigene, sondern die seiner Schwester sein wird. Alle Impfungen, die er im Lauf seines Lebens erhalten hat, müssen danach erneuert werden. »Danach werde ich geheilt sein«, sagte Primus.

Er wird ab jetzt Veranstaltungen meiden, da er sich nicht infizieren darf. Dafür bat er die Bevölkerung um Verständnis. Nach der Transplantation muss er »Wochen oder Monate« im Spital isoliert werden. Auch wenn er in dieser Zeit Kommunikationskanäle nutzen will, wird Vizebürgermeister Alexander Radl (SPÖ) seine Aufgaben übernehmen.  Danach will Primus wieder als Bürgermeister zur Verfügung stehen. 

Er habe die Ärzte gefragt, wie man MDS bekommt, »habe ich mich falsch ernährt, zu wenig bewegt oder zu viel getrunken?« Laut den Medizinern handle es sich aber einfach um »Pech«, vier von 100.000 Menschen seien betroffen. Primus, dem seine Familie sehr wichtig ist, fügte an: »Die Krankheit ist nicht vererbbar.« Er gehe damit an die Öffentlichkeit, weil er bereits kursierenden Gerüchten entgegentreten wolle. 

Als er zum Ende gekommen war, erhielt er Zuspruch von den Gemeinderäten. Danach mussten die Journalisten den Festsaal des Rathauses verlassen, die Sitzung wurde mit jenen Punkten fortgesetzt, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt werden.

Was ist das myelodysplastische Syndrom? Es handelt sich dabei nicht um Leukämie, aus der Erkrankung kann sich aber Blutkrebs entwickeln. Unter dem Begriff MDS wird eine Gruppe von Erkrankungen des Knochenmarks zusammengefasst, bei denen die Blutbildung nicht von gesunden, sondern von genetisch veränderten Stammzellen ausgeht. 

Unreife Zellen werden gebildet

Das Knochenmark kann keine reifen und funktionstüchtigen Blutzellen bilden, es entstehen immer mehr unreife Zellen, manche Patienten entwickeln zu einem späteren Zeitpunkt eine akute Leukämie. Aber: Die Behandlungsmöglichkeiten haben sich in den vergangenen Jahren entscheidend verbessert. 

Betroffene verlieren immer mehr Kraft und werden anämisch. Die für die Blutgerinnung zuständigen Thrombozyten nehmen ebenso ab wie die für die Immunabwehr zuständigen weißen Blutkörperchen. Es kommt zu Blutungen am Zahnfleisch und Nasenbluten. Als besonders gefährlich werden Blutungen im Magen und im Darm beschrieben. Am ganzen Körper, vom Gesicht bis zu den Füßen, entstehen Blutergüsse, die Patienten sind sehr anfällig für Infektionen. Ansteckungen müssen daher unbedingt vermieden werden.

0 Kommentare Kommentieren

Keine Kommentare gefunden!

Liebe Leserinnen und Leser, in diesem Kommentarbereich prüfen wir alle Beiträge, bevor sie veröffentlicht werden. Ihr Kommentar erscheint, sobald er gesichtet wurde.

Bitte melden Sie sich an, um die Beiträge zu lesen oder zu kommentieren.AnmeldenHier Registrieren