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Eugen Pongratz fliegt mit »seiner« Boeing 777 um die ganze Welt: Die Karriere begann mit »Top Gun«Ausgabe 42 | Mittwoch, 19. Oktober 2022

Der heute 50-jährige Lavanttaler sah den Film und wusste: »Ich werde Pilot.« Nach der Matura ging er zum Bundesheer, flog sechs Jahre lang Draken, ehe er sich für eine Karriere als Pilot der zivilen Luftfahrt entschied. Doch sein »Hunger« ist längst nicht gestillt.

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Unterkärntner Nachrichten Redaktion Von Unterkärntner Nachrichten Redaktion officeno@spamunterkaerntner.at
Eugen Pongratz vor dem Triebwerk einer Boeing 777 mit seiner Ehefrau Claudia und den beiden gemeinsamen Kindern Vivian und Dorian. Heute fliegt er das zweistrahlige Großraum-Langstreckenflugzeug, das größte seiner Art weltweit, als Senior First Officer. Bild unten: Von 1997 bis 2003 war der Lavanttaler Draken-Pilot und Fluglehrer beim Bundesheer. Beworben hatte er sich mit 1.000 weiteren jungen Männern, zwei schafften es ins Cockpit. Fotos: privat
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Es war der US-Streifen »Top Gun«, der dem Leben des Lavanttalers Eugen Pongratz letztlich die Richtung gab. »1986, als ich den Film sah, war ich Schüler des Stiftsgymnasiums St. Paul. Er war die Initialzündung: Er hat mich so fasziniert, dass ich mich entschloss, Pilot zu werden«, erzählt er. Heute, 12.800 Flugstunden später, die der mittlerweile 50-Jährige unter anderem in Überschall-Abfangjägern des Typs Draken beim österreichischen Bundesheer gesammelt hat, ist er Senior First Officer einer Boeing 777 der Fluglinie Austrian und auf der Langstrecke unterwegs: gestern ging es nach Tokio, morgen fliegt er nach Los Angeles, übermorgen nach Bangkok. Eine Karriere und ein Traumberuf, wie sie nicht vielen Menschen vergönnt sind.

Pongratz: »In meiner Jugend habe ich viel gemacht: Ich spielte Orgel, betrieb begeistert Sport, war am Rennsport interessiert. Zugleich wusste ich aber nicht, in welche Richtung ich gehen sollte – bis ich ›Top Gun‹ sah.« Nach der Matura 1990 verpflichtete er sich als Einjährig-Freiwilliger beim Bundesheer. »Ich habe immer gewusst, wenn man etwas will und daran glaubt, zieht man es in sein Leben. Wie es in der Bibel bei Matthäus heißt: Bittet, so wird euch gegeben«, sagt er. Beim Heer unterzog er sich der Eignungsprüfung zum Piloten – und schaffte sie auf Anhieb. 1992 rückte er in der Fliegerschule in Zeltweg ein und flog Schulungsflugzeuge des Typs Pilatus PC-7. Später wechselte er nach Linz-Hörsching und hinter das Steuer der düsengetriebenen Saab 105. Schließlich war er einer von sechs Piloten, die in Schweden im Umgang mit dem Draken geschult wurden. Pongratz: »Zu meiner Zeit hatten sich 1.000 junge Männer gemeldet, um den Draken zu fliegen. Letztlich waren wir zwei, die es auch geschafft haben.« Sein Erfolgsrezept: »Hungrig« bleiben, die eigene Neugierde auf Neues niemals versiegen lassen. Einer der Gründe dafür, warum er neben seiner Arbeit als Pilot in Linz auch noch Jus-Vorlesungen besuchte.

Warten auf die US-Kampfflugzeuge
Von 1997 bis 2003 war der Lavanttaler Draken-Pilot und Fluglehrer beim Heer. Einer seiner spannendsten Einsätze: »Amerikanische F-16-Kampfjets waren für einen Überstellungsflug von Deutschland zur Basis Aviano in Italien angemeldet. Sie sollten dabei unbewaffnet sein, was wir überprüfen sollten. Wir warteten auf sie über Tirol – und natürlich hatten sie Bomben und Raketen unter den Tragflächen. Wir machten Fotos der Bewaffnung und leiteten sie ans Ministerium weiter, der Rest war dann Sache der Diplomatie.«

Als er seine heutige Frau Claudia kennenlernte, sollte das seinem Leben abermals eine neue Richtung geben. »Sie war damals Leading Flight Attendant bei Lauda Air, also die Ranghöchste unter der  Kabinenbesatzung. Ich konnte mir meine Dienste so einteilen, dass ich oft mit ihr mitflog und wir gemeinsame Zeit in jenen Städten verbringen konnten, die sie anflog. Diese Flüge gefielen mir und ich kam auf die Idee, für zivile Airlines zu fliegen.«

2003 verließ er das Heer und heuerte bei Styrian Spirit an. Bis 2006 als Kapitän eines Jets in ganz Europa unterwegs – bis das Unternehmen in die Insolvenz ging. Pongratz: »Meine Frau und ich überlegten danach ernsthaft, Europa zu verlassen und nach Dubai zu gehen, wo es beste Jobaussichten für uns gab. Wir entschieden uns aber letztlich dagegen. Die Tyrolean Airways expandierte damals gerade. Ich habe mich beworben und wurde aufgenommen.« Er wurde als Co-Pilot eingestellt und in Graz, seiner heutigen Heimatstadt, stationiert. »Bei Styrian war ich zwar Kapitän, bei Tyrolean Co-Pilot, aber so ist das in der Luftfahrt: Erst ist man Co-Pilot auf der Kurzstrecke, danach auf der Langstrecke. Schließlich wird man Kapitän auf der Kurzstrecke und danach erst auf der Langstrecke.«

Weil er immer noch »hungrig« war, ließ er sich zum Crew-Ressource-Management-Trainer ausbilden, der für eine reibungslose Zusammenarbeit und die richtige Kommunikation im Cockpit sorgt. 2015 absolvierte er die Ausbildung zum Sprachprüfer: »Es gibt die Level null bis sechs, also das Niveau eines Native Speakers. Jeder Pilot muss Englisch mindestens auf Level vier beherrschen.« Schließlich folgte ein zweijähriges Masterstudium »Air Traffic Management« in Graz.

Heute auf der »Triple Seven«
2012 kam es zu Veränderungen bei Tyrolean: Sie übernahm den gesamten Flugbetrieb AUA, zwei Jahre später ging er zurück an die Austrian Airlines, Tyrolean hörte auf zu bestehen. Pongratz war nun Pilot bei Austrian und wurde 2016 auf den Typ Boeing 777 – oder »Triple Seven« – umgeschult, die er bis heute fliegt. »Ich fungiere als Senior First Officer, die Verantwortung trägt der Commander. Fliegen können wir die Boeing natürlich beide.«

Möchte er Commander, also verantwortlicher Pilot, werden? »Austrian flottet bis Frühjahr 2023 vier neue Flugzeuge des Typs Airbus A320neo ein. Mir gefällt es auf der Langstrecke: Ich bin zwischen zwei und sieben Tage am Stück von zu Hause weg, bin dabei auf der ganzen Welt unterwegs und finde das sehr aufregend. Würde man mir das Cockpit eines der neuen Flugzeuge anbieten – was bedeuten würde, ich würde ausschließlich in Europa fliegen – müsste ich darüber nachdenken«, sagt Pongratz.

An weiteren Zielen mangelt es nicht: Der 50-Jährige wird sich als Lektor im Bereich »Human Sectors« an der FH Joanneum in Graz bewerben, um seine Erfahrung an die nächste Generation weiterzugeben. Dazu plant er an einem Projekt mit dem Wolfsberger Unternehmensberater Gerhard Seifried: »Wir haben uns bei der heurigen Airpower in Zeltweg getroffen und uns unterhalten. Dabei kamen wir auf den Gedanken, ein gemeinsames Projekt zu starten: Ein Angebot für Top-Manager und -Politiker, wie sie ihre Entscheidungen und ihre Leuchtkraft auf ein höheres Level bringen können. Denn letztlich gewinnt der, der die richtige Entscheidung trifft und wirkungsvoll kommunizieren kann.« Ein entsprechendes Paket wird von Pongratz und Seifried gerade erarbeitet.

Und was tut der Vater zweier Kinder – Sohn Dorian (21) und Tochter Vivian (18) – wenn er gerade nicht fliegt? Die Hände keinesfalls in den Schoß legen, das steht fest. »Ich fahre mit meinem Mountainbike, laufe, mache Krafttraining oder Yoga. Dazu lese ich sehr viel, vom Roman bis zur Fachliteratur und spiele Klavier. Ich wollte immer zwei Kinder, einen Bub und ein Mädchen, ein Haus mit einem offenem Kamin, einem Klavier und einer Garage mit einem schnellen Auto drin. Ich bin glücklich, denn alles das ist mir gelungen.« Bittet und glaubt, so wird euch gegeben ...

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