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Wie hat Ihre berufliche Laufbahn bei der Polizei begonnen?
Ich bin nach der HTL-Matura und dem Bundesheer zunächst in die Privatwirtschaft gegangen, konkret zur Firma Mahle in St. Michael ob Bleiburg im Bereich Arbeitssicherheit. Danach absolvierte ich ein Auslandspraktikum in den USA in einem Autohaus, um meine Sprachkenntnisse zu verbessern. Zurück in Österreich war mein ursprünglicher Plan, in Graz Rechtswissenschaften und Betriebswirtschaft zu studieren. Die Polizei hat mich allerdings immer schon sehr interessiert – nicht zuletzt, weil zwei meiner Cousins Polizisten sind. Als ein Grundkurs in der Steiermark ausgeschrieben war, habe ich mich beworben und bin 2010 in die Polizeischule in Graz eingetreten.
Welche Stationen haben Sie dann durchlaufen?
Nach der Grundausbildung war ich in Graz-Eggenberg im Streifendienst und nebenbei auch bei der Einsatzeinheit Steiermark tätig, unter anderem bei Fußballspielen und Demonstrationen. 2014 bin ich zur Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität im Landeskriminalamt Steiermark gewechselt. Dort haben wir intensiv gegen die Suchtgift- und Einbruchskriminalität gearbeitet. Es ging um Observationen und Zugriffe im gesamten Bundesland und darüber hinaus – oft mit sehr gefährlichen Einsätzen.
Wann bekamen Sie Führungsverantwortung und welche Ausbildungen absolvierten Sie dafür?
2015 begann ich die Ausbildung zum dienstführenden Beamten in Traiskirchen – mitten in der Flüchtlingskrise, was mich gleich in der ersten Woche nach Nickelsdorf in den Grenzeinsatz brachte. 2016 kehrte ich als Gruppenkommandant zur PI Eggenberg zurück, später wechselte ich wieder ins Landeskriminalamt. 2017 begann ich die Offiziersausbildung, in Form eines Bachelorstudiums für polizeiliche Führung in Wiener Neustadt. Währenddessen war ich im Stadtpolizeikommando Graz im Kriminalreferat tätig. Nach Abschluss meines Studiums wurde ich 2020 zur Landespolizeidirektion Wien versetzt, als Stellvertreter des Kommandanten im 23. Bezirk – kurz vor dem Terroranschlag im November.
Wie haben Sie den Terroranschlag erlebt?
Ich war im Einsatzstab tätig und später Teil der Ermittlungsgruppe. Das waren intensive Tage mit oft mehr als 15 Stunden Arbeit. Es war nicht nur organisatorisch fordernd, sondern auch insgesamt belastend. Das hat mich sicher nachhaltig geprägt.
Wie ging es danach mit Ihrer Karriere bei der Polizei weiter?
Ich habe mich danach in Völkermarkt beworben und wurde mit 1. Jänner 2021 Stellvertreter des dortigen Bezirkspolizeikommandanten. Nebenbei habe ich das Masterstudium Strategisches Sicherheitsmanagement abgeschlossen. Nachdem der Wolfsberger Bezirkspolizeikommandant Peter Hauser derzeit ein Sabbatical macht und sein Stellvertreter seit Anfang Mai im Urlaub ist und danach im Oktober seine Pension antreten wird, wurde ich mit 1. Mai dem Lavanttal zugeteilt, wo ich das Bezirkskommando interimistisch leite.
Wie gut kennen Sie die Herausforderungen des Lavanttals bereits?
Da ich Wolfsberger bin und auch im Lavanttal lebe, sowie durch meine bisherige Tätigkeit in Völkermarkt habe ich bereits einen Überblick über die Region und ihre Besonderheiten. Jetzt nutze ich die ersten Wochen, um mich einzuarbeiten, alle Dienststellen zu besuchen und mit den Kollegen ins Gespräch zu kommen. Zudem übernehme ich bei größeren Einsätzen die Leitung.
Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell in Ihrer Funktion?
Vorübergehend die Verantwortung für über 100 Bedienstete zu übernehmen ist für mich eine große Ehre. Die Kolleginnen und Kollegen auf den Polizeiinspektionen sind die erste Anlaufstelle für die Bevölkerung und so gut wie immer als erste am Einsatzort. Mein Job ist es, gemeinsam mit den Kommandanten der Dienststellen die Arbeitsbedingungen für die Kolleginnen und Kollegen optimal zu gestalten. Zufriedene und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind unser größtes Kapital. Ein polizeilicher Schwerpunkt im Bezirk ist sicher die Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität. Dabei geht es sowohl um präventive Maßnahmen in Schulen als auch um repressive Schritte gegen Dealer. Ein weiterer Bereich ist die Cyberkriminalität: Hier müssen wir nicht nur ermitteln, sondern auch unsere Mitarbeiter in den Polizeiinspektionen fortlaufend weiterbilden, damit wir am Puls der Zeit bleiben. Das Landeskriminalamt bietet dafür mittlerweile ein spezielles Trainingscenter.
Wie ist die personelle Situation im Lavanttal?
Wir haben sieben Polizeiinspektionen mit insgesamt 112 systemisierten Beamten. Der Personalstand ist grundsätzlich sehr gut. Wir haben derzeit in Kärnten viele Polizisten in der Grundausbildung und bekommen daher auch immer wieder neues Personal in die Bezirke.
Wichtig ist, dass wir mit den vorhandenen Ressourcen die bestmögliche Performance für die Bevölkerung liefern können.
Wie hat sich das Verhältnis zwischen Polizei und Bevölkerung verändert?
Wir genießen nach wie vor sehr hohes Vertrauen. Das belegt auch der Vertrauensindex. Mit Initiativen wie »Gemeinsam sicher« oder »Coffee with Cops« wollen wir noch stärker mit der Bevölkerung in Kontakt treten. Die Polizei ist nicht nur dann da, wenn etwas passiert ist. Gleichzeitig merken wir aber auch, dass die Gewaltbereitschaft uns gegenüber generell zugenommen hat. Wo es geht, versuchen wir immer die Situation zu deeskalieren. Wenn nötig müssen wir aber auch konsequent durchgreifen.
Gab es Einsätze, die Sie besonders geprägt haben?
Neben dem Terroranschlag in Wien waren es in meiner Zeit als Streifenpolizist in Graz zahlreiche Einsätze mit Personen in psychischen Ausnahmezuständen. Gefährlich waren auch Zugriffe im Suchtgiftmilieu, wo oft Waffen im Spiel waren.
Wie schaffen Sie nach solchen psychisch belastenden Einsätzen den Ausgleich zwischen Beruf und Privatleben?
Familie und Sport spielen dabei eine große Rolle. Ich gehe gerne in die Berge, fahre Mountainbike und spiele Volleyball. Körperliche Aktivität und Zeit mit meiner Familie helfen mir, den Kopf freizubekommen und Stress abzubauen.
Was würden Sie jungen Menschen raten, die zur Polizei wollen?
Die Polizei ist damals wie heute ein Top-Arbeitgeber – aber der Weg zur Polizei sollte auch ein Stück weit Berufung sein. Es gibt fordernde Einsätze und lange Dienste, aber der Beruf bietet auch viele Entwicklungsmöglichkeiten – vom Streifendienst bis zu Spezialeinheiten oder Führungsfunktionen. Für mich war es definitiv die richtige Entscheidung.
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