Seit 1887 | Das unabhängige Wochenblatt für Unterkärnten

Der Wolfsberger Niklas Scharf fährt im Dezember zur »Flag Football«-Weltmeisterschaft nach IsraelAusgabe 48 | Mittwoch, 1. Dezember 2021

Der Wolfsberger Niklas Scharf (23) erzählt den Unterkärntner Nachrichten über die Sportart »Flag Football«, wie er dazu kam, wie er es in die österreichische Auswahl zur Weltmeisterschaft schaffte und warum er sich gegen eine Karriere als Profifußballer entschied.

E-Mail

0 Kommentare

Meist gelesen

Artikel

Können Sie sich unseren Lesern kurz vorstellen?
Da gibt es nicht so viel zu erzählen. Ich bin gebürtiger Wolfsberg, in Theissenegg aufgewachsen und lebe derzeit in Graz. Ich studiere Sportwissenschaften und bin gerade am Schreiben meiner Bachelorarbeit zum Thema »Regeländerungen im Football in der NFL«. Dabei schaue ich, wie sich die Änderungen auswirken, ob sie Sinn machen usw.
Neben dem Studium arbeite ich Teilzeit als Fitnesstrainer beim Fitnessstudio Vibes in Graz und spiele Flag Football.

Können Sie unseren Lesern erklären, was Flag Football ist? 
Es ist eine Art American Football. Der wesentliche Unterschied zum American Football ist, dass die Verteidigung den ballführenden Spieler der Offense stoppt, indem sie ihm ein Band, die Flag, aus dem Gürtel zieht, statt ihn körperlich zu tackeln (Anm.: den Spieler mit dem Ball zu Boden bringen). 

Wir spielen fünf gegen fünf, das Ziel ist es, den Ball in die Endzone zu bringen oder dort zu fangen, das gibt sechs Punkte. Nach jedem Touchdown gibt es auch die Möglichkeit auf Extrapunkte. Es gibt einen Zusatzversuch für einen weiteren Touchdown, entweder von der Fünf- oder der Zehn-Yard-Linie.

»Bei der letzten WM in Panama waren beim Finale 6.000 Zuschauer im Stadion«
Niklas Scharf, Flag Football-Spieler

Wie sind Sie zum Flag Football gekommen?
Ich war schon immer ein großer NFL-Fan (Anm.: NFL ist die amerikanische Profi-Football-Liga). Ich habe mir im Fernsehen sehr viele American Football-Spiele angesehen und wollte es eigentlich immer einmal selbst probieren. Ich habe 2019 beim Einkaufen in Graz einen Flyer des Grazer Flag Football-Klubs Styrian Studs gesehen, mit dem sie Leute für die Tryouts gesucht haben. Ich konnte mir zunächst nicht viel darunter vorstellen, habe dann aber mitgemacht. Es war total cool und lustig und auch die Leute beim Verein waren lässig drauf – und so bin ich dann dabei geblieben.

Sie waren aber auch beim Fußball gut drauf. Warum wurde nichts aus einer Fußballkarriere?
Ich spielte beim WAC, bei St. Margarethen und Kapfenberg als Tormann. Beim KSV Kapfenberg war ich sogar in der Akademie und durfte ein wenig bei den Profis reinschnuppern. Aber da habe ich den Spaß und den Ehrgeiz verloren. Der Lebensstil hat mir einfach nicht zugesagt. Ich habe mich dann dafür entschieden, die Schule fertig zu machen und studieren zu gehen. Eine Profikarriere kann ja sehr schnell vorbei sein. Daher wollte ich eine gute Ausbildung.

Und warum nicht American Football?
Der Gedanke war ja da. Aber es scheiterte dann am Equipment. Man benötigt eine volle Schutzausrüstung, Helm, Schulterschutz, Brustpanzer usw. Das ist sehr teuer. Und wenn es mir dann nicht gefällt, hätte ich das Geld umsonst ausgegeben. Daher dachte ich mir, ich versuche es zuerst einmal mit Flag Football, das hat mir aber sehr gut gefallen und daher bin ich dabei geblieben.

Sie haben gesagt, für American Football braucht man teures Equipment. Was benötigt man für Flag Football?
Nicht wirklich viel. Man braucht einen Ball und dann vielleicht noch etwas für ein paar Markierungen, wie die Endzone und so. Aber das war es dann auch schon. 

Bei welchem Verein spielen Sie?
Ich spiele in Graz bei den Styrian Studs in der Flag Liga Austria, das ist die höchste Spielklasse. Zehn Vereine nehmen dort an der Meisterschaft teil, die aus dem Großraum Wien und Linz kommen. Aus der Steiermark sind wir der einzige Verein, in Kärnten ist mir keiner bekannt. In Wien tut sich auch im Nachwuchsbereich sehr viel, weil Flag Football eine sehr gute Vorbereitung auf American Football ist.   Wir möchten nun auch in Graz mit den Studs in Zukunft versuchen, etwas im Nachwuchsbereich zu machen.  

Ich wusste gar nicht, dass es überhaupt eine Flag Football Liga in Österreich gibt. Welche Ligen gibt es?
Es gibt bei den Herren drei Ligen und bei den Damen eine. Dazu kommen dann noch Nachwuchsligen von U11 bis U17. Wir spielen in der höchsten, der FLA – Flag Liga Austria. In den unteren Ligen spielen Männer und Frauen gemeinsam, für die höchste Spielklasse gibt es eine eigene Männer- und Frauenliga.

Auf welcher Position spielen Sie?
Ich komme im Angriff, in der Offense, als Receiver, also Passempfänger, zum Einsatz. In der heurigen Saison konnte ich 142 Punkte für mein Team erzielen.

Wie ist die diesjährige Meisterschaft verlaufen?
Wir sind heuer leider nur auf Platz vier gelandet. Das war ein schlechteres Ergebnis, als wir erhofft hatten. Es war aber eine schwere Saison für uns, wir hatten mit vielen Verletzungsprobleme zu kämpfen. Auch unser Starting Quarterback war lange Zeit verletzt.

Wir haben es aber in die Play-Offs geschafft. Dort mussten wir uns aber im Semifinale gegen die Vienna Vipers geschlagen geben und haben auch das Spiel um Platz drei gegen die Vienna Spartans verloren.

Für Sie war es aber trotzdem eine erfolgreiche Saison, Sie haben es ins Nationalteam geschafft und fliegen zur Weltmeisterschaft nach Israel. Wird das Ihr erster Einsatz für das Nationalteam?
Ja, für mich ist es das erste Mal. Einmal im Jahr lädt der Verband (AFBÖ) zu Tryouts für das Nationalteam. Da wurde ich heuer von meinem Team hingeschickt. Nach den Tryouts wurden 60 Spieler ausgewählt, die zu einem Trainingslager eingeladen wurden. Nach diesem kamen wieder ein paar Spieler weg. Am Ende hatten wir drei Trainingslager und dabei wurden immer wieder Spieler aussortiert, bis am Ende der 15 Mann starke Kader für die Weltmeisterschaft übrig blieb. Und da bin auch ich dabei.

Welche Erwartungen haben Sie für die Weltmeisterschaft?
Die Erwartungen liegen hoch. Österreich kommt als Vizeweltmeister nach Israel. Bei der WM 2018 in Panama musste sich unsere Nationalmannschaft erst im Finale ganz knapp gegen die USA geschlagen geben. Wir wollen natürlich in die K.O.-Phase kommen, danach denken wir von Spiel zu Spiel.

Wie ist es für Sie, bei einer Weltmeisterschaft dabei zu sein?
Für mich ist es das erste internationale Turnier überhaupt. Ich freue mich natürlich schon mega darauf. Es wird aber auch sehr anstrengend werden, denn wir haben drei Spiele pro Tag – und das mit einem 15-Mann-Kader ohne viele Wechselspieler. Das wird uns sehr viel abverlangen. Es wird körperlich, aber auch mental sehr intensiv werden.

Wie lange sind Sie in Israel und wann geht das Unternehmen »Weltmeisterschaft« los?
Die Weltmeisterschaft findet vom 6. bis 8. Dezember in Jerusalem statt. Wir fliegen am 4. Dezember nach Israel. Dann haben wir einen Tag dort für die Vorbereitung und am 6. Dezember geht es mit den Spielen los. Am 9. Dezember fliegen wir schon wieder zurück nach Österreich. 

Zeit für Sightseeing werden wir aber leider keine haben. Der Terminplan ist recht dicht gedrängt und das Verlassen der Sportstätten und unserer Unterkunft ist wegen der Corona-Pandemie ohnehin nicht gestattet.

Spannend wir sicher auch werden, einmal vor vielen Zusehern zu spielen, oder? Ich denke, in Österreich hält sich das Zuschauerinteresse an Flag Football eher in Grenzen.
Das stimmt. Bei der letzten Weltmeisterschaft in Panama waren beim Finale 6.000 Zuschauer im Stadion. In anderen Ländern kommen natürlich mehr Zuseher als in Österreich ins Stadion.

Bei uns ist das sehr überschaubar. Wir haben zwar schon ein paar Fans, aber der Großteil sind Freunde, Bekannte, Verwandte oder ehemalige Spieler, die noch Interesse am Verein haben.

Wie hat sich die Corona-Pandemie auf die Meisterschaft ausgewirkt?
Da wir in der Bundesliga spielen, gehören wir zum Spitzensport. Somit konnte die Meisterschaft, ähnlich wie beim Fußball, durchgehend gespielt werden. Es gibt natürlich die Auflagen, wie Tests, in den Lockdowns ohne Zuschauer usw. Aber wir konnten zumindest normal trainieren und auch die Spieltage über die Bühne bringen. 

Auch für die Weltmeisterschaft gibt es strenge Auflagen. So dürfen wir unseren Bereich mit Hotel und Spielstätte nicht verlassen. Es ist alles abgeschirmt. Wir dürfen nicht einmal raus, um zum Supermarkt zu gehen und uns was kaufen. Das müssen eigene Leute für uns machen.

Was machen Sie sonst noch, außer Flag Football spielen, studieren und als Fitnesstrainer zu arbeiten? 
Es bleibt nicht mehr viel Zeit übrig. Ich mache vor allem Sport, Kraft- und Ausdauertraining. Früher einmal habe ich auch recht viel Squash gespielt. Ich gehe hin und wieder Bouldern. Aber es ist auch schön, manchmal einfach nur auf der Couch zu liegen oder mit Freunden X-Box zu spielen. 

0 Kommentare Kommentieren

Keine Kommentare gefunden!

Liebe Leserinnen und Leser, in diesem Kommentarbereich prüfen wir alle Beiträge, bevor sie veröffentlicht werden. Ihr Kommentar erscheint, sobald er gesichtet wurde.

Bitte melden Sie sich an, um die Beiträge zu lesen oder zu kommentieren.AnmeldenHier Registrieren