Seit 1887 | Das unabhängige Wochenblatt für Unterkärnten

Bürgermeister Primus: »Der Moment, als ich dann zuhause angekommen bin, war sehr emotional«Ausgabe 32 | Mittwoch, 7. August 2024

Im April machte der Wolfsberger Bürgermeister Hannes Primus seine Krankheit öffentlich. Nach einer Stammzellen-Transplantation und einem mehrwöchigen Krankenhausaufenthalt ist er seit der Vorwoche wieder zu Hause. Bis zum Amtsantritt wird es noch dauern.

E-Mail

0 Kommentare

Meist gelesen

Artikel

Herr Bürgermeister Primus, wie geht es Ihnen derzeit? 
Vielen Dank, mir geht es den Umständen entsprechend gut. Ich habe die Chemotherapie sowie die Knochenmarks-Transplantation hinter mir und liege laut Auskunft der Ärzte in Graz medizinisch im Plan.

Wie ist die Transplantation verlaufen? Ist man dabei unter Vollnarkose?
Die Transplantation ist nicht unter Vollnarkose erfolgt – es waren Infusionen, die ich erhalten habe. Genauso wie die Chemotherapie zuvor. Ich habe immer versucht, sehr optimistisch zu sein, denn jeder, der sich einer solchen Therapie unterziehen muss, weiß, was das bedeutet und welche Reaktionen der Körper letztendlich zeigt.

Wie sieht Ihre Behandlung aktuell aus? Müssen Sie viele Medikamente nehmen? 
Meine Behandlung beinhaltet derzeit noch viele Kontrollen und auch dementsprechend viele Medikamente, die ich zu mir nehmen muss. Aktuell sind es 36 Tabletten täglich.

Ist die Krankheit nun besiegt? 
Das ist ein Satz, den ich momentan nicht strapaziere. Der Genesungsprozess wird sicher noch dauern und ich vertraue hier zu hundert Prozent den Ärzten. Mein Körper hat demnach die Transplantation gut angenommen und mein Immunsystem arbeitet.

Wo sind Sie derzeit untergebracht? 
Diese Frage kann ich mit dem schönsten Geburtstagsgeschenk aller Zeiten beantworten. Ich durfte am vergangenen Donnerstag überraschend nach Hause. Ich habe wirklich bis zum letzten Moment abgewartet, ob es möglich ist. Meine Frau Andrea ist dann, quasi heimlich nach Graz gefahren und hat mich abgeholt. Selbst die Kinder wussten nichts davon. Der Moment, als ich dann zuhause angekommen bin, war sehr emotional.

Ist es möglich, dass Sie Besuche empfangen können? 
Im Krankenhaus war es nicht so einfach mit den Besuchen. Nur die engsten Familienmitglieder konnten zu mir – und auch das nur unter strengsten Vorkehrungen mit dementsprechender Schutzkleidung. Jetzt zuhause ist natürlich auch noch Vorsicht angesagt, aber es ist kein Vergleich. Allein die Familie und die gewohnte Umgebung um sich zu haben, ist für die Psyche die beste »Medizin«.

Wie haben Sie die Isolation im Krankenhaus ertragen und wie sah der Tagesablauf aus? 
Die Isolation war hart. Dieses Alleinsein greift schon tief in die Seele. Ich war aber nicht gänzlich von der Außenwelt abgeschottet. Handy und Co. haben mich am Geschehen draußen teilhaben lassen.

Hatten Sie während des Krankenhausaufenthalts Kontakt zu  Mitarbeitern und Vertretern der Stadtgemeinde Wolfsberg? 
Der Kontakt war immer da. Es war auch ein Wunsch von mir, auf dem Laufenden gehalten zu werden, auch wenn ich nicht direkt einwirken kann. An dieser Stelle möchte ich auch Vizebürgermeister Alexander Radl und Vizebürgermeisterin Michaela Lientscher, sowie den Bürokolleginnen und Kollegen sehr herzlich danken.

Wie geht es Ihrer Familie mit der Situation? 
Meine Familie war und ist in dieser schweren Zeit der größte Halt, meine Frau, meine Kinder und meine Schwester, die als Spenderin an meiner Seite war. Ich bin heute direkt froh, dass ich damals in der Kindheit nicht zu oft frech zu ihr war – nein, Spaß beiseite, auch wenn man sich das ohnehin immer vor Augen hält, aber durch solche Ereignisse rückt eine Familie noch enger zusammen und vieles, das einem wichtig erschien, rückt plötzlich etwas in den Hintergrund.

Was vermissen Sie am meisten? 
Den Luxus der Normalität, wobei man in so einer Situation aus einer Herausforderung auch eine Chance gewinnen kann. Ich sehe jetzt einige Dinge anders und ich bin auch gewillt, das nach meiner vollständigen Genesung so zu leben und umzusetzen – im privaten, wie auch im beruflichen Bereich.

Was sagen die Ärzte: Wann können Sie Ihr normales Leben wieder aufnehmen? 
Die Situation mit der Entlassung nach Hause und den Kontrollen, die ich jetzt noch absolviere, sind der aktuelle Weg zurück in das normale Leben.

Wann glauben Sie, dass Sie Ihr Amt als Bürgermeister wieder in vollem Umfang ausüben können?  
Den genauen Zeitpunkt kann ich derzeit noch nicht nennen, aber ich bin jetzt auch geografisch wieder näher am Bürgermeisteramt. Ich werde jetzt natürlich von meinen Mitarbeitern verstärkt am Laufenden gehalten und ich freue mich auf den Tag, an dem ich das Amt als Wolfsberger Bürgermeister wieder in vollem Umfang ausüben darf. Ganz oben steht bei mir die Dankbarkeit, das überhaupt so sagen zu können.

// Info
Hannes Primus wurde am 1. August 1976 geboren. Von 2013 bis 2018 war er Abgeordneter des Kärntner Landtags. Seit 2020 ist er Bürgermeister von Wolfsberg.
Im April 2024 machte er im Anschluss an eine Gemeinderatssitzung seine Krankheit »MDS – Myelodysplastisches Syndrom« öffentlich. Unter dem Begriff MDS wird eine Gruppe von Erkrankungen des Knochenmarks zusammengefasst, bei denen die Blutbildung nicht von gesunden, sondern von genetisch veränderten Stammzellen ausgeht. 
Ende Juni kam er ins Klinikum Graz wo mit der Behandlung begonnen wurde. In der Vorwoche konnte er das Krankenhaus verlassen und in die häusliche Pflege übergeben werden.

0 Kommentare Kommentieren

Keine Kommentare gefunden!

Liebe Leserinnen und Leser, in diesem Kommentarbereich prüfen wir alle Beiträge, bevor sie veröffentlicht werden. Ihr Kommentar erscheint, sobald er gesichtet wurde.

Bitte melden Sie sich an, um die Beiträge zu lesen oder zu kommentieren.AnmeldenHier Registrieren