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Michael Mautz: »Für mich ist Berg- und Skiführer der schönste Beruf, den ich mir vorstellen kann« Ausgabe 16 | Mittwoch, 15. April 2020

Der geprüfte Wolfsberger Berg- und Skiführer Michael Mautz (32) spricht mit den Unterkärntner Nachrichten über seine Leidenschaft und die Faszination des Kletterns und Skifahrens, bewältigte Touren auf der ganzen Welt und wie sich die Coronakrise auf seinen Job auswirkt.

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Seit wann sind Sie in den Bergen unterwegs?
Eigentlich von klein auf. Die Kern-Bergsportdisziplin ist sicherlich das Skifahren. Alles weitere hat sich über die Jahre weiterentwickelt. 2006 habe ich dann mit dem Klettern angefangen.

Was ist die Faszination am Klettern?
Es ist eine Sportart, die physisch und mental gleichermaßen fordert: Technik, Taktik, Kraft, Beweglichkeit und Balance sind wichtig, das Um und Auf sind aber ein starker Kopf und mentale Stärke. Wenn der Kopf nicht mitspielt, geht beim Klettern meistens gar nichts. Am Fels gleicht keine Bewegung der anderen, dadurch ist jede Bewegung und jede Tour einzigartig. Der Fokus liegt beim Klettern immer auf der momentanen Kletterbewegung, dadurch ist es möglich, total abzuschalten, man konzentriert sich nur auf das Hier und Jetzt. 

Sie klettern nicht nur auf Felsen, sondern sind auch beim Wasserfall- und Eisklettern aktiv. Was macht den besonderen Reiz dieser beiden Kletterarten aus?
Mich beeindruckt, dass im Sommer Unmengen an Wasser ins Tal stürzen, im Winter aber auf einmal alles erstarrt und kletterbar wird. Beeindruckend sind außerdem die Eisformen des Wassers, die von Winter zu Winter variieren. Je nach Wetterlage verändert sich die Eisbeschaffenheit ständig, das macht Eisklettern aus meiner Sicht interessanter, setzt aber gleichzeitig voraus, sich mit den Bedingungen auseinander zu setzen, um das Risiko zu minimieren

Wie gefährlich ist das Klettern?
Die Sicherheit beim Klettern ist von verschieden Faktoren abhängig, vor allem aber vom Kletterer und Sicherer selbst. Es verlangt ein hohes Maß an Selbsteinschätzung, richtigem Urteilsvermögen bezüglich der Bedingungen und Eigenverantwortung gegenüber dem Kletterpartner und sich selbst. Die aktuellen Materialien sind auf einem sehr hohen Sicherheitsstandard, aber das Equipment ist immer nur so gut wie der Anwender selbst. Wichtig ist, die Ausbildung bei zertifizierten Personen, wie etwa staatlich geprüften Bergführern zu absolvieren.

Sie haben weltweit Klettertouren unternommen. Welche waren besonders schön, welche waren besonders herausfordernd?
Mich reizen formschöne Linien und Berge rund um den Globus, aber auch in der Heimat gibt es herausfordernde Kletterprojekte. Jede Tour hat ihre besonderen Reize, einige Highlights für mich persönlich waren »Eye of Tiger« im Grampions National Park in Australien, die Erstbegehung am Asta Nunaat in Grönland oder die Besteigung des Cerro Torre in Patagonien. Faszinierend sind die unterschiedlichen Gesteinsarten, die den Kletterstil bestimmen. Im Kärntner Raum findet man meist Kalkstein vor. Sehr angetan war ich in den vergangenen Jahren von Sandstein-Kletterrouten wie man sie in Südafrika (Waterval Boven, Rocklands) oder in Teilen der USA (Red River Gorge) und im Oman findet.  Nicht immer steht die Herausforderung der Kletterroute im Vordergrund, sondern oft auch das Bergerlebnis.

Welche Voraussetzung braucht jemand, der zum Klettern anfangen möchte?
Jeder kann mit dem Klettern beginnen, der bereit ist, seine Komfortzone zu verlassen. Körperliche Eigenschaften können antrainiert werden, am schwierigsten ist es, die mentale Stärke aufzubauen. 

Kletterhallen erlebten vor einigen Jahren einen wahren Boom. Sind Sie auch öfters in einer Kletterhalle anzutreffen?
Ja, zwischendurch zu Trainingszwecken und als Schlechtwetteralternative zum Felsklettern.

Sie klettern aber nicht nur, Sie sind auch leidenschaftlicher Skitourengeher.  Wo waren Sie schon überall auf Tour?
Durch meinen Beruf als Berg- und Skiführer war ich schon in den verschiedensten Regionen der Alpen unterwegs, aber auch in Norwegen, Georgien und Iran. In letzter Zeit hat mich überwiegend die Alpen-Adria-Region mit ihren unzähligen Möglichkeiten in den Bann gezogen.

Sie sind staatlich geprüfter Berg- und Skiführer. Warum haben Sie sich für diesen Beruf entschieden?
Für mich ist es wohl der schönste Beruf, den ich mir vorstellen kann. Ich bin täglich mit unterschiedlichen Menschen unterwegs, bewege mich im spannenden Umfeld der Berge und kann mein Arbeitsfeld auf kreative Art und Weise gestalten. Das Zusammenspiel aus Mensch und Natur macht die Sache reizvoll, nebenbei bin ich mein eigener Chef. 

Welche Ausbildungen haben Sie absolviert, um Berg- und Skiführer  zu werden?
Bevor man mit der Ausbildung starten kann, muss man ein fertig ausgebildeter Bergsteiger sein. Gemeinsam mit einem Freund habe ich die Herausforderung der Aufnahmeprüfung angestrebt, und es hat gleich funktioniert. Auch ist ein umfangreicher Tourenbericht Voraussetzung für die Ausbildung. Veranstalter der staatlichen Berg- und Skiführerausbildung ist die BSPA Innsbruck. Die Ausbildung beinhaltet Skitechnik, Hochtouren, Sport- und Eisklettern in Theorie und Praxis. Wesentlich ist das Vermitteln des Know Hows zum Führen von Gästen. Mit dem Abschluss erreicht man die höchstmögliche alpine Ausbildungsstufe. 

Kann man davon gut leben?
Es gehört schon viel Leidenschaft zu diesem Beruf. Prinzipiell ist es wie bei anderen selbstständigen Dienstleistern auch: Es gibt positive und negative Seiten. 

Was bieten Sie alles an?
Die Safety Academy, das sind Ausbildungskurse im Sommer (Alpinklettern) und Winter (Lawinenkunde), individuelle Kletter- und Hochtouren sowie Klettersteigkurse und Hochtourenkurse im Sommer. Mit der Firma BergerlebniSee betreiben wir den Waldseilpark Wörthersee, den Hochseilgarten in der Walderlebniswelt am Klopeiner See und den Flying Fox Park am Wildensteiner Wasserfall. Gemeinsam mit der Alpinschule High Life führe ich Skitourenreisen und Freeridekurse in Österreich, Italien, Norwegen …

Derzeit spricht alles über Corona. Wie geht es Ihnen gesundheitlich?
Vielen Dank, mir geht es gesundheitlich bestens.

Sie können ja nur schwer im Home Office arbeiten. Wie stark hat sich die Coronakrise auf Sie beruflich und finanziell ausgewirkt?
Unsere Berufsgruppe ist natürlich sehr stark betroffen, wir können unseren »Arbeitsplatz«, die Berge, momentan nicht betreten. Außerdem sind wir sehr von Infrastruktur-Einrichtungen wie Liften, Hütten, Hotels etc. abhängig, die ja momentan geschlossen sind. Es gibt aber laufend administrative Arbeiten, für die jetzt mehr Zeit bleibt. Außerdem gibt es Vorbereitungsarbeiten für das Betreiben der Klettergärten. Gemeinsam mit der deutschen Sportbekleidungsfirma »Ortovox«  haben wir vor etwa zwei Jahren mit einer digitalen Ausbildungsplattform für Alpinklettern und Hochtouren gestartet. Diese Video-Tutorials dienen als Lehrmaterial für die Safety Academies und werden in der aktuellen Situation dazu verwendet, um sozialen Kanäle zu bespielen. Ich sehe diese Krise als Chance, beispielsweise für den Kärntner Tourismus und Bergsport. Es gilt, die heimischen Tourismusbetriebe zu stärken und Bergerlebnisse in Kärnten wieder attraktiver werden zu lassen. Aktuell hätte ich gerade mit Gästen nach Norwegen zu einer Skitour fahren sollen, was nun aber ins Wasser gefallen ist. 

Sie haben mit Christian Grübler den Klettersteig beim Schlossberg in Griffen gebaut. Mehrmals mussten Kletterer daraus von der Bergrettung geborgen werden. Woran liegt das? Ist der Steig zu anspruchsvoll? Sind die Kletterer unvorsichtig?
Gemeinsam mit Christian Grübler betreibe ich die Firma BergerlebniSee. Wir errichten und betreiben Bergsportinfrastruktur in der Seenregion, und unter anderem haben wir den Klettersteig am Schlossberg Griffen gebaut. Durch die leichte Erreichbarkeit, das schöne Panorama und die hohe Frequenz der Begeher steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass es zu unerwünschten Zwischenfällen kommt. In den meisten Fällen überschätzen sich die Klettersteiggeher, oft fehlt es auch an Technik und Taktik, wie dem Einteilen der Kraftreserven. Klettersteiggehen sollte auf keinen Fall unterschätzt werden, Schulungen sind hier möglich und sinnvoll. 

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Bedingt durch die aktuelle Situation möchte ich sowohl privat als auch mit Gästen bevorzugt die heimischen Regionen im Kärntner Raum erkunden. Des weiteren möchte ich touristische Projekte in der Seenregion weiter entwickeln und umsetzen. Ich hoffe, dass ich mich im nächsten Winter gemeinsam mit meinen Gästen wieder auf die Suche nach frischem Pulverschnee machen kann.

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