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Ulrich Habsburg: »Für mich persönlich spielt es keine Rolle, ob ich den Adelstitel verwenden darf«Ausgabe 4 | Mittwoch, 25. Januar 2023

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat kürzlich entschieden, dass das Adelsprädikat »von« in Namen ein Teil der Identität ist. Damit verletzt die Aufhebung des lange gebrauchten Adelsprädikats das Recht auf Privat- und Familienleben.

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Wolfsberg, Strassburg. Nach dem Zerfall Österreich-Ungarns wurde vom Parlament der neuentstandenen Republik Österreich am 3. April 1919 die Aufhebung des Adels per Adelsaufhebungsgesetz beschlossen. Das Gesetz trat am 10. April 1919 in Kraft. »Übertretungen werden von den politischen Behörden mit Geld bis zu 20.000 K (Anm.: Kronen) oder Arrest bis zu sechs Monaten bestraft«, heißt es im heute noch gültigen Gesetzestext.

2019 hat das Verwaltungsgericht Wien Karl Habsburg, den Enkel des letzten österreichischen Kaisers, schuldig gesprochen, weil er auf seiner Homepage www.karlvonhabsburg.at seinen Namen mit einem »von« führte. Es wurde aber  keine Strafe verhängt, weil das Gericht die Buße in alter Währung für unanwendbar hielt. Habsburg zog vor den Verfassungsgerichtshof, weil das Gesetz der Geschichte angehöre, doch mit dem Adelsaufhebungsgesetz hatte der Verfassungsgerichtshof kein Problem. 

»Wenn wir die Adelstitel raushauen wollen, müssen wir auch die Geschichte umschreiben«
Ulrich Habsburg-Lothringen, Nachkomme der Habsburger

Die österreichische Familie Künsberg Sarre hatte sich in der Sache an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gewandt – und bekam nun Recht. 2018 wurde der Familie vom Grazer Magistrat mitgeteilt, dass sie das »von« aus ihrem Familiennamen entfernen müsse. Man kämpfte in Österreich vor den Gerichten gegen die Entscheidung an, allerdings ohne Erfolg. Also blieb nur der Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), der nun eine Entscheidung getroffen hat. Die Entfernung des lange gebrauchten Adelsprädikats durch die Behörden habe das Recht auf Privat- und Familienleben verletzt. Das »von« sei Teil der Identität, entschied das Gericht in Straßburg.

Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, die Republik Österreich hat nun drei Monate Zeit, es anzufechten. Das Innenministerium möchte sich das Urteil anschauen und danach die weitere Vorgehensweise beraten. 

»Adelstitel sind Teil der Kultur«

Den Lavanttaler Ulrich Habsburg-Lothringen – bis zum Jahr 1918 wäre er Erzherzog von Österreich gewesen – betrifft dieses Urteil aber nicht. Denn er führt kein »von« in seinem Namen. Und das aktuelle Urteil bezieht sich lediglich darauf, dass das »von« nicht entzogen werden darf. Dass es wieder hinzugefügt werden dürfe, steht nirgends. 

»Dann darf es auch keinen Faschingsprinzen und keine Weinprinzessin geben«
Ulrich Habsburg-Lothringen zur Diskussion über Adelstitel

Ulrich Habsburg-Lothringen meint dazu: »Für mich spielt es keine große Rolle, ob Adelstitel verwendet werden dürfen oder nicht. Den Namen Habsburg kennt man ohnehin. Aber es stört meine Grundprinzipien. Der Adelstitel ist Teil unserer Kultur und Geschichte. Wenn wir die Adelstitel raushauen wollen, dann sollte man auch im Geschichtsunterricht nicht mehr über den Adel, Kaiser und König, Fürsten usw. sprechen. Man müsste die Geschichte umschreiben. Da der Adelstitel ein Teil des Namens ist und keine direkten finanziellen Vorteile gegenüber dem Staat hat, sollte man treu zu seiner Kultur stehen.« Wichtig ist für ihn die Entscheidung deshalb, da dadurch das Thema Adelstitel wieder ins Gespräch komme und es laut Habsburg eine Entscheidung des EMGR gäbe, an der Österreich nicht vorbeikäme.

Ein Problem mit der derzeitigen Gesetzeslage sieht Habsburg bei den Namen von Ehepartnern aus verschiedenen Nationen. »Wenn zum Beispiel der Mann aus der Schweiz kommt und seinen Adelstitel führen darf, und die Frau eine Österreicherin ist, darf sie das ›von‹ im Namen nicht führen. Außerdem kann sich dadurch im Ausland ein Wettbewerbsnachteil ergeben«, meint er.

Habsburg hinterfragt auch, warum der Bundespräsident ein »Van« im Namen tragen dürfe oder der Deutsche Sebastian Prinz von Schoenaich-Carolath für die Hypo-Abbaugesellschaft Heta geholt wurde. Sarkastisch meint er: »Dann darf es auch keinen Faschingsprinzen und keine Weinprinzessin mehr geben. Die ganze Diskussion ist lächerlich.«

Schmunzelnd erzählt der Adelige, dass er im früheren kommunistischen Ausland noch immer mit Erzherzog angesprochen werde. Auch bei Einladungen von staatlichen Stellen osteuropäischer Länder werde er immer wieder als Erzherzog angeschrieben. 

Rund 11.000 Adelige

Laut Schätzungen der Historikerin Gudula Walterskirchen dürften in Österreich an die 180 Adelsfamilien mit etwa 11.000 Familienmitgliedern leben.

Nicht eingerechnet ist dabei der niedere Adel, also Bürgerliche, die erst vom letzten österreichischen Kaiser Karl I. in den Adelsstand erhoben worden sind.

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