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Ausgedünnte Wolfsberger FPÖ-Fraktion stimmt gegen die Umbenennung der Bildungswelt Schell Ausgabe 47 | Mittwoch, 22. November 2023

Man könne nicht »Ankläger, Geschworene und Richter« sein, begründete FPÖ-Ersatzmandatar. Nur zwei Freiheitliche waren im Gemeinderat anwesend, es wurde von »Druck von oben« für die Pro-Schell-Haltung gemunkelt. Bezirksparteiobmann bestreitet das.

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Unterkärntner Nachrichten Redakteur Horst Kakl Von Horst Kakl kaklno@spamunterkaerntner.at
Diese Tafel (Bild rechts) an der Wolfsberger Mittelschule wird nicht mehr lange zu sehen sein. Der Schriftzug »Maximilian Schell« wird durch »Wolfsberg« ersetzt, das Logo selbst bleibt erhalten. Im Gemeinderat (links, das rote Band zeigt an, ab welchem Bereich man bei der Übertragung gesehen wird), fehlten auffällig viele FPÖ-Mandatare. Grippewelle ... UN (2)

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Wolfsberg. Einen Knalleffekt gab es in der Sitzung des Wolfsberger Gemeinderats am Donnerstag, 16. November: In der Diskussion um die Umbenennung der Bildungswelt Maximilian Schell sprach sich die FPÖ – die nur mit zwei Ersatzgemeinderäten statt wie sonst mit fünf ordentlichen Mandataren vertreten war, auch Stadträtin Isabella Theuermann fehlte – dagegen aus. Im Ausschuss und im Stadtrat waren die Freiheitlichen noch dafür ... 

Später wurde von massivem Druck der freiheitlichen Bezirksparteileitung auf die Mandatare gemunkelt, für Schell zu stimmen. Mit dieser Vorgabe sollen viele aber nicht einverstanden gewesen sein. Also hätten sich die FPÖ-Gemeinderäte und teils auch ihr Ersatz durch »Krankheit« und »andere Verpflichtungen« entzogen – und seien der Sitzung einfach ferngeblieben. FPÖ-Bezirksparteiobmann Christian Ragger weist diese Gerüchte zurück.

»Maximilian Schell steht jetzt  vor einem höheren Richter«
Waltraud Beranek, Gemeinderätin 

Wie berichtet wurde dem 2014 verstorbenen Oscar-Preisträger zuletzt von seiner Nichte Marie Theres Relin (57) und Tochter Nastassja Schell (34) vorgeworfen, er hätte beide in ihrer Jugend sexuell missbraucht. Darauf lud der Wolfsberger Bürgermeister Hannes Primus Elternvertreter, die Direktoren der Volks- und Mittelschule sowie die Leitung des Kindergartens, Landesrat Daniel Fellner und Bezirkshauptmann Georg Fejan als Geschäftsführer des Schulgemeindeverbands zu einem runden Tisch. Dort wurde die Umbenennung des Bildungscampus einstimmig beschlossen. Der neue Name: Bildungswelt Wolfsberg.

Während der Schulgemeindeverband für die dortige Mittelschule zuständig ist – und den neuen Namen bereits abgesegnet hat –, fallen Kindergarten und Volksschule in die Kompetenz der Bezirkshauptstadt. Daher musste die Änderung der Bezeichnung im Gemeinderat behandelt werden. 

SPÖ-Gemeinderat Klaus Penz, zugleich Vorsitzender des Schulgemeindeverbands, erinnerte an die Namensgebung im Jahr 2013 und erläuterte, das jetzt lediglich der Schriftzug »Maximilian Schell« auf der an der Mittelschule angebrachten Tafeln geändert werde, das Logo der mit der Weltkugel spielenden Kinder aber erhalten bleibe. Man suche Handwerker für diese Aufgabe ...

Die Pro-Schell-Rede

Danach erhielt FPÖ-Ersatzgemeinderat Daniel Megymorecz das Wort – und spielte schon im ersten Satz auf die innerparteilichen Probleme an. »Wir sind etwas zwiegespalten«, sagte er, »die Anschuldigungen zweier Damen gegen Schell sind schwerwiegend und können stimmen, es gilt in Österreich aber die Unschuldsvermutung bis zu Verurteilung.« Der Verstorbene habe laut Wikipedia 38 Auszeichnungen erhalten, keine einzige sei bisher widerrufen worden. Auch Thomas Seelaus, SPÖ-Bürgermeister von Preitenegg, sehe keinen Handlungsbedarf, Schell die Ehrenbürgerschaft zu entziehen. »Niemand kann sich hier sicher sein, ob wir ihm nicht Unrecht antun«, so Megymorecz. Die Umbenennung der Bildungswelt käme aber einer Verurteilung gleich, »aufgrund einer reinen Mutmaßung«. Der Freiheitliche: »Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir können nicht Ankläger, Geschworene und Richter sein, das steht unserer Meinung nach Stadt- und Gemeinderäten nicht zu. Wir können und wollen diesem Vorhaben nicht zustimmen.«

Vizebürgermeister Alexander Radl (SPÖ) zeigte sich verwundert und erinnerte an die Zustimmung der FPÖ im Ausschuss und im Stadtrat. Man wolle nicht Richter spielen, »es steht uns aber sehr wohl zu, einen Bildungscampus, in dem Kinder ein und aus gehen, aufgrund der Vorwürfe umzubenennen«. Wenn enge Angehörige solche Vorwürfe erheben, würden sie das nicht aus unwichtigen Gründen tun. »Ihnen kann Glauben geschenkt werden«, so Radl. Wenn nur der leiseste Missbrauchsverdacht bestehe, müsse man handeln und die Bildungswelt neu benennen. »Schell ist eine honorige Persönlichkeit, das wird er auch immer bleiben«, sagte der Vizebürgermeister, trotzdem sei ein neuer Name das Richtige.

Danach Primus: »Es wird nie ein Urteil geben, Schell ist verstorben.« Die Umbenennung sei aber der Wunsch aller Beteiligten. Man diskutiere nicht Schuld oder Unschuld, sondern allein die Umbenennung in Bildungswelt Wolfsberg. Auch Grüne-Gemeinderat Michael Hirzbauer und ÖVP-Gemeinderätin Waltraud Beranek sprachen sich für den neuen Namen aus. »Schell steht vor einem höheren Richter«, so Beranek. 

Letztlich stimmten SPÖ, ÖVP und  Grüne für die Tilgung von Schells Namen, die beiden FPÖ-Gemeinderäte Megymorecz und Sabrina Ruthardt waren dagegen.

Ragger nimmt Stellung

Tags darauf wollte Stadträtin Theuermann keine Stellungnahme zum Stimmverhalten ihrer Mandatare abgeben, sie verwies auf Bezirksparteiobmann Ragger. Der begründete es so: »Wir haben einen entsprechenden Bezirksbeschluss. Seinerzeit waren wir auch dabei, als Schell Ehrenbürger von Preitenegg wurde. Wir wollen nicht moralisch richten, es gibt nur einen Zuruf (Anm.: die Anschuldigungen Rechlins und Nastassja Schells), nicht einmal eine Anzeige. Es gilt die Unschuldsvermutung. Und was käme denn als nächstes? Die Umbenennung der Haider-Brücke, weil jemand sagt, er sei an der Hypo schuld?«

Im Ausschuss und Stadtrat habe die FPÖ für den neuen Namen gestimmt, »weil es ein Kommunikationsproblem in der Fraktion gab«, so Ragger. Man habe schon vor Wochen mitgeteilt, dass die Pro-Schell-Haltung ein gemeinsamer Tenor der Landes- und Bezirks-FPÖ sei, was aber den Wolfsberger Gemeinderäten nicht kommuniziert wurde. 

Auf die sei aber keineswegs Druck ausgeübt worden. Der Bezirksparteiobmann: »Alle Gemeinderäte sind unabhängig, ich kann keinen Einfluss auf ihre Entscheidungen nehmen.« Haben FPÖ-Mandatare und ihr Ersatz das Kommen verweigert? »Das ist falsch«, antwortet Ragger.

Grundsätzlich meinte er: Schell sei bis zu seinem Tod unbescholten gewesen. »Dann kommt irgendwann eine ferne Verwandte, beschuldigt ihn und er kann sich nicht wehren. Für mich ist es moralisch fragwürdig, daher eine Tafel zu entfernen – ohne den Funken eines Beweises.« Laut Ragger reiche heute der »Geruch, damit sofort reagiert wird. Das versteht die Bevölkerung nicht.« Es entspreche nicht dem rechtsstaatlichen Prinzip, einen Toten zu vorverurteilen.

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