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Klagenfurt, Lavanttal. »Sollen die Kärntner Berge vor der Errichtung weiterer Windkraftindustrieanlagen geschützt werden?« So lautete die Frage, die die Kärntner am Sonntag, 12. Jänner, im Zuge einer Volksbefragung beantworten mussten. 51,55 Prozent, also die Mehrheit, sprach sich gegen Windräder aus.
Auch im Lavanttal waren acht von neun Gemeinden gegen diese Form der Energieerzeugung (siehe Box rechts), nur die Frantschach-St. Gertrauder votierten mit 52,82 Prozent dafür. Interessant war der Ausgang in Reichenfels: Dort hatten am 11. September 2022 bei einer Bürgerbefragung noch 425 Personen (68,88 Prozent) für die Windkraft gestimmt. Am vergangenen Sonntag hatte sich diese Einstellung gedreht: Jetzt sind 61,49 Prozent für ein Verbot. Allerdings: Das Ergebnis einer Volksbefragung hat – im Gegensatz zu einer Volksabstimmung – rechtlich keine bindende Wirkung. Sie dient lediglich dazu, die Meinung der Bevölkerung zu erfragen.
»Mit 35 Prozent Beteiligung ist das eigentlich eine bessere Meinungsumfrage«
Franz Dorner, Windkraft-Befürworter
Die Kärntner FPÖ – sie hatte die Befragung mit dem Team Kärnten beantragt – forderte nach der Verkündung des Ergebnisses, dass ganz Kärnten zur Windkraft-Verbotszone erklärt werden soll. Ausgenommen davon sollen nur bereits genehmigten Bereiche sein.
»Nicht aussagekräftig«
Franz Dorner ist der bekannteste Befürworter der Windkraft im Lavanttal: Er initiierte den geplanten und bereits genehmigten Windpark Bärofen mit und besitzt mittlerweile einen Teil davon. Dorner zum Ausgang der Befragung: »Mit 35 Prozent Beteiligung ist das eigentlich eine bessere Meinungsumfrage. Es ist schade, dass es keine Mehrheit für die Windkraft gab, aber mit einem beinahe 50-50-Ergebnis bei nur einem Drittel Beteiligung ist das nicht aussagekräftig.« Der Energielandwirt kritisiert die »emotionalisierte und nicht mit Fakten argumentierende« Kampagne davor, mit der »Angst geschürt« worden sei, denn: »Wir brauchen die Windkraft, um die EU-Auflagen bis 2030 zu erfüllen, sonst drohen gewaltige Strafzahlungen.« Jene, die gegen die Windkraft auftreten, würden »Strom aus Erdgas und damit die Erderwärmung« begünstigen.
In Wolfsberg gab es einen regelrechten »Wahlkampf« vor der Befragung: So wurde noch am Abstimmungssonntag nahe dem Rathaus ein Transparent gehisst, das zum »Ja« zum Verbot aufrief. Da es innerhalb der 50-Meter-Verbotszone lag, gab die Gemeinde Anweisung, es zu entfernen.
Dorner freut sich jetzt, dass zumindest Frantschach-St. Gertraud für Windräder gestimmt hat: »Daran sieht man, dass wir immer gut mit der Gemeinde zusammengearbeitet haben und dass sie davon auch profitiert.« Zur FPÖ-Forderung nach einem Windrad-Aus meint der Kamper Energielandwirt: »So kann man nicht agieren, das ist verantwortungslos gegenüber der Wirtschaft. Viele Parteien und Institutionen haben sich für die Windkraft ausgesprochen, die FPÖ kann nicht alleine vorschreiben, was im Land geschieht. Die Kärntner FPÖ soll mit der FPÖ Steiermark sprechen, die 100 Windräder – viele auf der Pack und auf der Koralpe nahe der Kärntner Grenze – beschlossen hat.« Dorner erinnert auch daran, dass »in Kärnten ohnehin nur auf einer Fläche von 0,26 Prozent Windkraft erlaubt werden soll.«
»Ich erwarte einen Stopp aller Bauanträge für Windräder. Jetzt sind wir in einem labilen Zustand«
Robert Gritsch, Windkraft-Gegner
Wie berichtet hatte LHStv. Martin Gruber (ÖVP) vorgeschlagen, in sieben Gemeinden »Windkraftzonen« festzulegen. Der Rest des Landes – 99,74 Prozent – soll freigehalten werden.
Überrascht über den Ausgang
Robert Gritsch von der Bürgerinitiative für ein windradfreies Lavanttal und der Bürgerbewegung »Gegenwind in Kärnten« ist mit seinem Auftreten gegen die Windräder im Tal ebenfalls bekannt. Er sagt: »Mit diesem Ergebnis habe ich zwar im Lavanttal gerechnet, aber nicht in ganz Kärnten. Im Bezirk Wolfsberg hat uns das Windkraft-Projekt Ladinger Spitz auf der Saualpe geholfen, das eine große Mehrheit ablehnt. Überrascht hat mich Nein zur Windkraft in St. Georgen, wo sie stark vertreten ist, und die Umkehr in Reichenfels.« Gritsch meint, die Kärntner Politik wäre jetzt »gut beraten, das Ergebnis ernst zu nehmen. Sonst hätten SPÖ und ÖVP keinen guten Stand bei den nächsten Wahlen.« Er erwartet einen Stopp aller Bauanträge für Windräder: »Denn jetzt sind wir in einem labilen Zustand, solange die Vorgehensweise bei der Zonierung nicht geklärt ist.«
Gritsch setzte sich vor der Befragung massiv für die Ablehnung ein: »Ich fühle mich bestätigt, es ist ein gutes Gefühl, wenn man sieht, die Arbeit war nicht umsonst und der Bevölkerung ist der Naturschutz keineswegs gleichgültig.« Laut ihm wäre das Ergebnis weder der FPÖ alleine noch der Bürgerbewegung möglich gewesen: »Die FPÖ stellte den Antrag, wir machen seit langem Info-Veranstaltungen. Beides zusammen gab den Ausschlag.«
Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) kommentierte den Ausgang so: »Das sehr knappe Ergebnis zeigt, dass sich die Kärntner noch keine mehrheitlich einhellige Meinung zur Nutzung von Windenergie, die in einigen wenigen Gebieten unseres Landes darauf wartet, Kärnten energieunabhängiger und sicherer zu machen, gemacht haben.« Es sei aber zur Kenntnis zu nehmen. »Kärnten braucht einen ausgewogenen Energiemix, der Arbeitsplätze sichert und uns unabhängig von teuren Atomstromimporten macht«, sagte Kaiser.
LHStv. Gruber: »Die denkbar knappe Entscheidung der Kärntner nehme ich als Demokrat zur Kenntnis. Ich werde aber die Sorgen beider Seiten sehr ernst nehmen.« Er will nun von der emotionalen Debatte wieder zur Sachlichkeit kommen und gemeinsam einen Weg für eine tragfähige Lösung erarbeiten. »Dafür erwarte ich mir einen konstruktiven Beitrag aller politischen Kräfte, auch jener, die die Volksbefragung veranlasst haben«, sagte Gruber.
Die Industriellenvereinigung Kärnten betonte »die Bedeutung eines vielfältigen Energiemixes, um den wachsenden Herausforderungen der Energiewende gerecht zu werden, und dazu gehört auch die Windkraft«.
// INFO
Volksbefragung Windkraft, Ergebnisse
Kärnten: Verbot Ja: 76.527 Stimmen (51,55 %). Verbot Nein: 71.935 (48,45 %). Beteiligung: 149.048 Stimmen (34,88 %).
Wolfsberg: Ja: 4.354 (60,97 %). Nein: 2.787 (39,03 %). Beteiligung: 7.166 (36,52 %).
St. Andrä: Ja: 1.595 (57,46 %). Nein: 1.181 (42,54 %). Beteiligung: 2.790 (34,90 %).
Bad St. Leonhard: Ja: 730 (63,7 %). Nein: 416 (36,3 %). Beteiligung: 1.151 (33,29 %).
Frantschach-St. Gertraud: Ja: 276 (47,18 %). Nein: 309 (52,82 %). Beteiligung: 587 (32,06 %).
Lavamünd: Ja: 414 (50,18 %). Nein: 411 (49,82 %). Beteiligung: 826 (36,36 %).
Preitenegg: Ja: 248 (67,76 %). Nein: 118 (32,24 %). Beteiligung: 368 (49,93 %).
Reichenfels: Ja: 396 (61,49 %). Nein: 248 (38,51 %). Beteiligung: 645 (45,58 %).
St. Georgen: Ja: 329 (54,29 %). Nein: 277 (45,71 %). Beteiligung: 611 (38,89 %).
St. Paul: Ja: 427 (51,2 %). Nein: 407 (48,8 %). Beteiligung: 844 (32,75 %).
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