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Jagdaufseher-Chef Sascha Flößholzer: »Der Wolf hat in unserer Kulturlandschaft keinen Platz« Ausgabe 39 | Mittwoch, 29. September 2021

Der St. Pauler Sascha Flößholzer ist seit Kurzem Bezirksobmann der Jagdaufseher. Mit den Unterkärntner Nachrichten spricht er über die Aufgaben der Jagdaufseher, wie er über den Wolf und Windkraftanlagen im Lavanttal und den Schalldämpfer in der Jagd denkt.

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Sie würden kürzlich zum neuen Bezirksobmann der Lavanttaler Jagdaufseher gewählt. Für Menschen, die mit der Jagd nicht so vertraut sind: Wie wird man Jagdaufseher? 
Ein Jäger hat drei Jahre nach dem Erlangen des Jagdscheins und nachdem er ausreichend Praxis erworben hat, die Möglichkeit, einen Kurs zu besuchen und Prüfungen abzulegen, um Jagdaufseher zu werden. Wenn es dann eine freie Stelle gibt, kann er den Dienst als Jagdaufseher nach Beeidigung durch die Bezirkshauptmannschaft aufnehmen. Die Arbeit ist ehrenamtlich und die Ausbildung muss selbst finanziert werden.

Was sind die Aufgaben des  Jagdaufsehers? 
Der Jagdaufseher ist für das ihm zugeteilte Jagdgebiet verantwortlich. Wir haben im Lavanttal über 100 Jagden – Gemeinde- und Eigenjagden. Jedes Jagdgebiet bedarf je nach Größe zumindest eines, wenn nicht mehrerer Jagdaufseher. Der Aufseher ist zuständig für die Einhaltung des Jagdgesetzes. Er hat mehr Möglichkeiten als ein normaler Jäger. Er kann kontrollieren, die Identität von Personen feststellen. Der Jagdaufseher ist in dem ihm zugeteilten Revier der Waldpolizist.

Wie viele Jagdaufseher gibt es im Lavanttal? 
Derzeit haben wir rund 200 Mitglieder, wovon ca. 130 beeidet sind.

Die Jagd ist eine Männerdomäne. Wie ist der Zulauf von Frauen bei den Jägern bzw. den Jagdaufsehern im Lavanttal? 
Es kommen immer mehr Frauen zur Jagd, und das ist erfreulich. Wir haben im Vorstand der Jagdaufseher schon drei Frauen. Das ist natürlich eine Bereicherung, es ist ein sehr angenehmes Arbeiten. Es gibt so viele Dinge, die zu erledigen sind, da geht es mit Frauenpower um einiges leichter, als wäre es eine reine Männerdomäne. Auch der gesellige Austausch ist interessanter, und wir würden uns freuen, wenn noch mehr Frauen diesen Weg einschlagen würden.

Welche Schwerpunkte haben Sie sich für Ihre Arbeit als Bezirksobmann der Jagdaufseher gesetzt? 
Die Schwerpunkte werden sich auf die Aus- und Weiterbildung konzentrieren. Es gab in diesem Bereich bereits eine hervorragende Vorarbeit meines Vorgängers  Martin Grünwald. Wir werden dieser Fährte folgen und jedes Jahr schwerpunktmäßig auf gewisse Situationen eingehen, sei es die Gesetzeslage, sei es die Situation von bestimmten Wildarten. Dann werden wir dafür entsprechend Aufklärungsarbeit betreiben und Fachleute holen, die die Jagdaufseher auf diese Wildarten schulen, aber auch bezüglich der Gesetzeslage und der Bejagung. Im nächsten Jahr soll zum Beispiel der Schwerpunkt auf dem Goldschakal liegen.

Viele Vereine und Organisationen klagen über Nachwuchsprobleme. Wie sieht es bei den Jagdaufsehern aus? 
Wir können nicht über Nachwuchsprobleme klagen. Wir haben eigentlich jedes Jahr einen kleinen Zuwachs an Mitgliedern. 

Ein wichtiges Thema für Jäger ist der Wolf. Mittlerweile gibt es bestätigte Wolfsrisse im Bezirk. Unklar war, ob sich der Wolf bereits im Lavanttal angesiedelt hat oder nur durchgezogen ist. Weiß man darüber schon mehr? 
Das wissen wir immer noch nicht. Fakt ist, dass, wenn man zu einem verendeten Tier kommt, sofort die Jägerschaft und die Polizei verständigt werden soll, damit der Wolfsbeauftragte Kärntens verständigt werden und so die Herkunft des Wolfes bestimmen kann. 
Die Aussage, ob sich im Lavanttal eine Wolfspopulation angesiedelt hat, ist zum heutigen Tag nicht möglich. Ich hätte darüber aber noch nichts gehört.

Der Wolf ist ja ein geschütztes Tier. Es gibt eine Diskussion darüber, ob der Wolf zum Abschuss frei gegeben werden soll. Wie stehen Sie dazu? 
Der Wolf ist geschützt und geschont, wodurch er für die Jägerschaft ein unantastbares Wildtier ist. Österreich hat 1983 die Berner Konvention unterschrieben (Anm.: amtliches Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume). Damals gab es keine Wölfe in Österreich, man konnte also leicht etwas unterschreiben bezüglich etwas, dass es bei uns nicht gab. Heute muss man sich immer die Situation anschauen.  Wenn ich einen Blick auf das Lavanttal werfe, dann denke ich, dass der Wolf in dieser Kulturlandschaft keinen Platz hat.

Also soll er zum Abschuss freigegeben werden? 
Die Abschüsse regelt die Politik. Die Jägerschaft kann erst eingreifen, wenn sie einen Auftrag bzw. eine Verordnung bekommt. Fakt ist, dass sich der Wolf in ganz Europa zunehmend ausbreitet und ich denke, ein Abschuss des Wolfs in einer Kulturlandschaft wie der unseren wäre legitim. Ich glaube, wir brauchen auch wolfsfreie Räume, ähnlich wie es beim Rotwild Freizonen gibt. Der Wolf ist berechtigt in seiner Existenz, er soll die Möglichkeit haben, sich auszubreiten und sich anzusiedeln – aber nicht in unseren Kulturlandschaften.

Ein emotional diskutiertes Thema im Lavanttal sind Windkrafträder auf unseren Bergen. Die Jagdaufseher sprechen sich ja auch gegen Windkraftanlagen auf den Lavanttaler Bergen aus. Warum eigentlich? 
Windkraftanlagen verstoßen gegen Statuten des Jagdaufseherverbands. Darin ist klar geregelt, dass sich die Jagdaufseher für den Schutz von Wildlebensräumen und der Wildtiere einzusetzen haben. Durch die Windkraftanlagen werden enorme Eingriffe in die Natur vorgenommen und der Wildlebensraum wird dadurch verbaut, wir befördern unsere Industrie auf die Bergrücken. Wenn die Windkrafträder einmal laufen, und da gibt es hunderte Erfahrungswerte, ist das Federwild davon besonders stark betroffen. Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass Vögel an den Windkrafträdern nicht vorbeikommen. Sie werden vom Sog angesaugt und durch die Rotoren getötet. Die Lavanttaler Bevölkerung hat es aber verabsäumt, die Windkraftanlagen auf unseren Bergen zu verhindern.

Warum die Bevölkerung?
Der Jagdaufseherverband ist da, um aufzuklären und die Menschen zu informieren. Er ist kein Instrument, um sich zur Wehr zu setzen. Wir haben alles getan, um die Bevölkerung zu informieren, was da vor sich geht, auch in Bezug auf die Gewinnung der Energie. Wir wissen, dass das einfach nicht wirtschaftlich ist, das ist wissenschaftlich bestätigt. Wenn wir Wind haben, müssen wir unsere Flusskraftwerke fluten, damit wir den Strom einspeisen können. Das macht für mich keinen Sinn. 

Die Argumente der Befürworter der Windkraftprojekte lassen Sie nicht gelten? 
Nein. Denn wenn wir unseren Wald nicht schützen und den Wald nicht mehr haben, dann haben wir uns auch nicht mehr. Die Windenergie ist eine grüne Energie, sie ist effizient – aber an Meeresküsten, dort muss sie forciert werden.

Wie stehen Sie zum Schalldämpfer bei der Jagd? 
Der Schalldämpfer ist seit rund zwei Jahren gesetzlich erlaubt. Ich selbst benutze auch einen und bin dem Schalldämpfer gegenüber positiv eingestellt. Es ist ein angenehmes Jagen, man schützt sich selbst, seinen Hund, seinen Begleiter, aber auch die Umwelt. Wir sind im Lavanttal sehr zersiedelt. Mit dem Schalldämpfer werden auch die Wildtiere geschützt, man setzt sie keinem Stress aus, und auch das Schießen selbst ist angenehmer, der Rückstoß wird verringert und die Trefferquote erhöht.

Was halten Sie von der Gatterjagd? 
Der Gatterjagd und auch dem Jagdtourismus stehe ich eher skeptisch gegenüber. Es gibt natürlich Fleischproduktionsgatter, die müssen so bewirtschaftet werden, dass auch entsprechend Fleisch gewonnen wird. Wenn es allerdings um Abschüsse für Trophäen geht, stehe ich dem negativ gegenüber.

Wenn man sich als Jäger anschaut, welche Tiere in welcher Anzahlt bejagt werden können und ich dem dann nachgehe, habe ich für die Gatterjagd gar keine Zeit mehr.

Sie haben den Jagdtourismus angesprochen. Haben Sie schon einmal eine Jagdreise gemacht? 
Ich habe einmal selbst an einer teilgenommen, um den Ablauf kennenzulernen. Ich war davon aber enttäuscht, weil es absolut unspektakulär und überhaupt nicht spannend war.

Sie sind hauptberuflich Schuhmacher und machen Lederbekleidung. Sie fertigen Jagdstiefel und -bekleidung an. Sind Sie durch die Jagd darauf gekommen, Jagdstiefel anzufertigen, oder kamen Sie durch Ihren Beruf zur Jagd?
Es war beides, es hat sich so ergeben. Aufgrund der industriellen Situation in Österreich hat sich mein Beruf zunehmend ins Ausland verlagert. Ich habe mir zu Hause Lebensqualität geschaffen und die wollte ich nicht aufgeben.  So habe ich mein Hobby, das Anfertigen von Maßschuhen, zu meinem Beruf gemacht. Dass ich das mit der Jagd verbunden habe, war dann eine logische Konsequenz. 

// Zur Person

Sascha Flößholzer wurde 1972 in Wolfsberg geboren. Nach der Pflichtschule begann seine Ausbildung zum Damen- und Herrenkleidermacher an der HBLA Villach. Es folgten eine Lehre zum Oberteilherrichter, die Werkmeisterklasse, die Modelleurschule in Mailand sowie die Meisterprüfung für Schuhmacher. Nach zahlreichen Berufsjahren und viel gewonnener Praxis entschied er sich 2010, eine Werkstatt in St. Paul zu öffnen, um an maßgefertigten Einzelstücken zu arbeiten.

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