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Landeskapellmeister Daniel Weinberger: »Die Aus- und Weiterbildung liegen mir sehr am Herzen« Ausgabe 43 | Donnerstag, 27. Oktober 2022

Daniel Weinberger (43), neuer Landeskapellmeister und Direktor der Musikschule Wolfsberg, spricht im Interview über seine Funktion, das Pilotprojekt Musikschule plus, die Auswirkungen der Krisen auf den Musikernachwuchs und die Bedeutung von Wettbewerben.

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Sie wurden vor kurzem zum neuen Landeskapellmeister gewählt. War diese Funktion schon immer Ihr Ziel? 
Das hat sich mit der Zeit so ergeben. Ich war von eh und je bei Vereinen dabei, habe dort aktiv mitgearbeitet und verschiedene Funktionen übernommen. So fing ich schließlich auch an, im Bezirksblasmusikerverband mitzuarbeiten und später in der Landesorganisation. Nachdem ich nun der erste Stellvertreter war und der bisherige Landeskapellmeister ausgeschieden ist, wurde ich einstimmig zum Landeskapellmeister gewählt.

Was sind die Aufgaben des Landeskapellmeisters? 
Ich bin Bindeglied zum österreichischen Blasmusikerverband und stelle die Weichen für die Mitgliedsvereine, etwa bezüglich Blasmusik-Literatur, und fördere die Aus- und Weiterbildung. Ich bin in musikalischer Hinsicht der Leiter des Landesverbands, das Organisatorische macht Obmann Stefan Süßenbacher.

Welche Schwerpunkte werden Sie als Landeskapellmeister setzen?
Mir ist das Aktive sehr wichtig. Es geht darum, in Kärnten eine Möglichkeit für engagierte und gut ausgebildete Musiker zu schaffen, in einem hochkarätigen Blasorchester mitzuspielen und außergewöhnliche Werke aufzuführen, die man in seinem Heimatverein aufgrund fehlender Besetzung oder Niveau nicht spielen könnte. Ich mache Projekte – sei es in Musikschulen oder im Blasmusikerverband, wie zum Beispiel mit der Jungen Bläserphilharmonie Kärnten, die 2017 gegründet wurde.

Die Aus- und Weiterbildung sind mir auch sehr wichtig. Wir konnten neben den sehr gut angenommenen Basiskursen in den Musikschulen des Landes Kärnten kürzlich auch eine gute Kooperation mit der Gustav Mahler Universität eingehen. Die ist ein guter Partner für die Fortbildung fortgeschrittene Kapellmeister. Das ist zukunftsweisend für ganz Kärnten.

Wir pflegen auch sehr gute Kontakte zur Carinthischen Musikakademie in Ossiach. Ich fungierte für die Musikschulen des Landes Kärnten als Koordinator und Schnittstelle zur Gustav Mahler Universität und zur Musikakademie in Ossiach. 

Wie sieht es mit heimischen Komponisten aus?
Ich möchte die Kärntner Komponisten fördern: Dafür gab es bereits einen Startschuss. Das war die Produktion einer CD, für die Werke Kärntner Komponisten von der Bläserphilharmonie eingespielt wurden. Das möchte ich künftig beibehalten. Des weiteren werden wir auch Aufträge und Kompositionswettbewerbe initiieren, um die hervorragenden Kärntner Blasmusikkomponisten vor den Vorhang zu holen.

Mit der Werkskapelle Mondi haben Sie einige Preise gewonnen. Auf welche sind Sie besonders stolz? 
2017 wurden wir beim österreichischen Blasmusikwettbewerb der Stufe D Bundessieger. Das war schon eine ganz große Sache. So ein Erfolg ist auch für die Kapelle sehr wichtig, er schweißt die Truppe zusammen. Daher ist es wichtig, Blasorchestern in Kärnten regelmäßig die Chance zu geben, sich in Wettbewerben und Konzertwertungen zu vergleichen. 

Konzerte sind wichtig, aber sich mit anderen zu messen – das ist eine Standortbestimmung. Es ist ganz wichtig, sich zu öffnen und zu vergleichen und nicht im stillen Kämmerchen seine eigene Suppe zu kochen.

Sie wurden kürzlich mit dem Kärntner Lorbeer für ehrenamtliche Tätigkeit in Silber geehrt. Was bedeuten Auszeichnungen für Sie?
Umso älter ich werde, desto mehr freue ich mich darüber. Es ist ein Zeichen der Wertschätzung. Und es ist gerade im Freiwilligenbereich sehr wichtig, dass die Wertschätzung gegenüber den Mitgliedern und Funktionären auch gezeigt wird. Ich bin sehr stolz drauf. Ist eine schöne Sache.

Was ist für Sie schöner? Die Funktion des Kapellmeisters oder des Musikers?
Das Spielen fehlt mir schon sehr. Seit ich vor rund 20 Jahren eine Bezirksfunktion übernommen habe, ist das aktive Spielen schon sehr zurückgegangen. Ich spiele sehr gerne, die Zeit am Instrument fehlt mir schon. Leider habe ich nicht die Zeit, um bei einem Verein als Musiker spielen zu können. Meine Tätigkeiten als Musiker beschränken sich derzeit eher auf das Aushelfen bei Vereinen.

Aber mir gefällt natürlich auch das Dirigieren sehr, man ist ja trotzdem Teil des Orchesters. 

Welche Instrumente spielen Sie?
Ich habe Trompete studiert. Dazu spiele ich Instrumente, die ähnlich funktionieren, sprich, die Blechblasinstrumente beherrsche ich bis zu einem gewissen Grad. Dazu kommt ein bisschen Klavier für den Unterricht.

Viele Vereine klagen über Nachwuchsmangel. Wie ist es um die Musikschule und die Blasmusiker bestellt? 
Das ist kärntenweit und auch im Lavanttal sehr unterschiedlich. Es ist abhängig von den Standorten der Musikschulen, ob es Kooperationen der Vereine mit den Musikschulen gibt und ob es an der  Musikschule Lehrer und Direktoren gibt, die auch in Blasorchestern tätig sind. Es gibt aber auch einen Unterschied zwischen Städten und ländlichen Ortschaften. In kleineren Orten gibt es ein anderes Zugehörigkeitsgefühl und Einstellung als in Städten.

Grundsätzlich kann man aber sagen: Wo gut gearbeitet, also Jugendarbeit geleistet wird, und sich die Kapelle nach außen gut präsentiert, gibt es auch genügend Nachwuchs.

An der Musikschule in Wolfsberg gibt es ein Pilotprojekt »Musikschule plus«. Was ist das genau? 
Es läuft jetzt seit einem Jahr. Die Überlegung dabei ist, nicht nur ein Instrument zu lernen, sondern Musik als Ganzes. Für die Musikschüler gibt es von der ersten Minute an nicht nur Unterricht am  Instrument, sondern ihnen steht  auch eine Musikwerkstatt zur Verfügung, in der viel Wert auf Gehör-, Gesangs- und Rhythmusschulung gelegt wird. Die Schüler sind nun zwei Stunden an der Schule – bisher war es  eine.

Es geht in den Werkstätten auch  darum, dass Kinder die Möglichkeit haben, die oft fehlende Musik-und Gesangsausbildung an den Volksschulen zu kompensieren. Die Schüler haben dabei auch die Möglichkeit, gemeinsam zu singen, zu tanzen, musikalische Spiele zu spielen uvm.

Auch die Förderung des Selbstlernens kommt nun viel mehr zum Tragen. Dadurch bilden sich Freundschaften, die Schüler beginnen fächerübergreifend mit anderen zu musizieren. Ich bin überzeugt davon, dass es ein richtiger Weg sein kann. Wir haben sehr viele positive Reaktionen von Schülern und Eltern. 

Also soll das Projekt auch künftig fortgeführt werden?
Auf alle Fälle. Ich möchte die Musikschule ganz klar positionieren: Musik ist ein schönes Hobby, ich sehe die Musikschule aber als Schule. Man muss sich auch hier überlegen: Opfere ich die Zeit, um ein Instrument zu erlernen oder nicht? Diejenigen, die es nicht wollen oder von den Eltern dazu gedrängt werden, verlieren wir ohnehin früher oder später.

Wie haben bzw. wirken sich die Krisen auf die Musikschule aus?
Die Corona-Pandemie bemerkt man natürlich. Das erste Jahr war ganz schwierig. Wir haben aber schnellstmöglich reagiert. Wir haben auf Online-Unterricht umgestellt, hatten aber auch die Chance, an der Schule zu unterrichten. Durch den langen Zeitraum gab es natürlich Probleme, wir sind auf eine Minimalversorgung zurückgegangen, und es hat uns schon hart getroffen. 

Ich kann aber nicht sagen, dass dadurch mehr Schüler aufgehört hätten, ein Instrument zu lernen. Ein Instrument zu spielen, hat während der Zeit der Corona-Pandemie aber auch an Stellenwert gewonnen: Als alles geschlossen war, konnte man zumindest zuhause auf seinem Instrument musizieren.

Befürchten Sie durch die Preissteigerungen einen Rückgang der Schülerzahl?
Ich denke, die Entscheidung ein Instrument zu erlernen, wird wahrscheinlich von vielen überdacht werden. Man kann daher  davon ausgehen, dass diejenigen, die nun ein Instrument lernen möchten, das Ganze ernster nehmen, und ich glaube, dass dadurch auch die Zahl der Abgänger über kurz oder lang zurückgehen wird.  

Wie viele Musikschüler gibt es an der Musikschule Wolfsberg? 
Wir haben derzeit rund 700 Musikschüler, darunter rund 80 Erwachsene.

Was kostet es, wenn man einen Kurs belegen möchte? Gibt es eine Altersgrenze für Schüler?
Die Kosten sind abhängig von der Hauptfachunterrichtszeit: 50 Minuten Hauptfach inklusive sämtlicher Nebenfächer wie Musiktheorie, Ensembles, Chorsingen usw. kosten für Schüler und Jugendliche pro Semester rund 280 Euro.

Eine Altersgrenze für Schüler gibt es nicht. Bei uns gibt es Kinder, aber auch sehr viele Erwachsene. Unser ältester erwachsener Schüler ist 70 Jahre alt. Das Angebot wird in Wolfsberg sehr gut angenommen. Die Kosten für Erwachsene belaufen sich auf 350 Euro pro Semester.

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