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Wie fühlt man sich als Kommandant einer Feuerwehr, die gerade ihr 100-jähriges Bestehen feierte? Bleibt man unvergessen?
Wie ich in meiner Festansprache sagte: Voller Demut und Stolz hatte ich das Glück, beim Jubiläum Kommandant zu sein. Das ist etwas Besonderes, das weiß ich zu schätzen, es ist ein Privileg. Ob ich in Erinnerung bleiben werden, liegt an anderen. Ich glaube aber, in meiner Zeit als Kommandant kann ich etwas bewegen.
Wie sehen Sie sich?
In unserer Feuerwehr ist der Kommandant nur die Spitze einer ganzen Mannschaft, die hinter ihm steht. Wir sind eine Feuerwehrfamilie, ohne unsere Mitglieder und unsere Angehörigen könnten wir das nicht machen.
»Die Bürokratie ist enorm. Was alles gefordert wird, ist extrem – wie in einer Firma«
Christian Hartl, Kommandant FF Reideben
Wie wurde das 100-Jahr-Jubiläum gefeiert?
Das ganze Jahr 2023 steht im Zeichen dieses Jubiläums, jede unserer Veranstaltungen. Angefangen mit der Jahreshauptversammlung im Haus der Musik, wo auch unsere Familien dabei waren. Danach die Florianimesse im Mai, bei der wir mit mehr als 50 Leuten in der Kirche Reideben vertreten waren. Ende Juni war unser legendärer Peter-und-Paul-Kirchtag, auch mit einer Prozession und vielen Besuchern. Zuletzt der Festakt im Haus der Musik mit den ganzen anderen Feuerwehren. Mit der Aktion Friedenslicht wird das Jubiläumsjahr am 23. Dezember seinen Abschluss finden: Dabei sammeln wir Geld für vier bedürftige Lavanttaler Familien. Wir machen das immer ganz besonders, mit Punsch, Verhackert-Broten und einem Konzert. Das Ganze findet unter dem Motto »Miteinander – füreinander« statt.
Warum wurde die FF Reideben vor 100 Jahren gegründet?
Hugo Henckel-Donnersmarck, dem das Schloss Reideben gehörte, hat uns gemeinsam mit örtlichen Bauern gegründet. Er hatte eine Wirtschaft mit mehr als 100 Angestellten und war der Meinung, das sei eine gute Sache. Er tat sich leichter, denn er musste keine Gemeinde fragen und konnte es selbst machen. Hugo Henckel-Donnersmarck war auch unser erster Kommandant, mit einem Säbel, Helm und weißer Uniform.
Wie viele Mitglieder hat die FF Reideben heute?
Wir haben 57 Mitglieder, davon 41 Aktive, zwei in Reserve, fünf Altmitglieder und neun in der Jugendfeuerwehr. Wir haben auch drei Frauen im Aktivstand und drei Mädchen in der Jugendfeuerwehr, die 2008 gegründet wurde.
Wie sieht es mit dem Nachwuchs aus?
Wir haben keine Probleme. Die Jugendfeuerwehr ist eine tolle Sache: Wenn bei uns zehn Jugendliche in den Aktivstand übertreten, sind nur zwei oder drei nicht mehr dabei, der Rest bleibt. Das ist wichtig für die Zukunft. Unsere Jugendlichen kommen alle aus unserem Einsatzgebiet: Michaelsdorf, Reideben, Hartelsberg, Schilting, Riegelsdorf. Es gibt sogar mehr Interessenten, als wir aufnehmen können.
Gibt es ein Platzprobleme im Rüsthaus?
Ja. Jeder unserer Spinde ist doppelt besetzt. Wenn man ordentlich arbeiten will, brauchen wir mehr Platz. Ein neues Haus spielt sich sowieso nicht, aber wir hätten gerne einen Zubau. Das ist unser Wunsch, den wir auch bei der Jahreshauptsammlung im Jänner ausgesprochen haben. Wir hoffen auf die Wolfsberger Politik, ich bin optimistisch. Wir brauchen das unbedingt. Unser Rüsthaus wurde 1963 an diesem Standort gebaut, 1999 wurde es aufgestockt und die Garage angebaut.
Der Egoismus der Menschen wird nicht kleiner. Ist die Mitgliedschaft in einer Feuerwehr noch zeitgemäß?
Ob sie zeitgemäß ist, kann ich nicht sagen. Die Menschen werden komplizierter. Aber das freiwillige Wesen ist notwendig, ohne wird es nicht gehen. Die Feuerwehren sind die Katastrophenschützer Nummer eins. Wenn niemand mehr zur freiwilligen Mitarbeit bereit wäre, würde die ganze Gesellschaft leiden. Aber die Begeisterung ist da: Zu uns kommt jetzt ein zehn Jahre alter Bub, in dessen Elternhaus wir heuer den Keller ausgepumpt haben.
Es hängt aber auch davon ab, wie man mit den Leuten umgeht ...
Genau, es liegt an der Führung, man muss einen Zugang zu den Menschen finden. Ich versuche das gut zu handhaben, ich habe es von meinen Vorgängern gelernt. Bei einer Feuerwehr wie der unseren sind Unternehmer, Arbeiter, Studenten dabei, zwischen 15 und 65 Jahre. Alle muss man unter einen Hut bringen. Jeder muss nach seinen Fähigkeiten eingesetzt werden, dann sind wir schlagkräftig.
Welcher war der spektakulärste Einsatz während Ihrer Zeit als Kommandant?
Unsere Feuerwehr ist stark in den KAT-Zug 5 integriert, dessen Kommandant Rene Inkret mein Stellvertreter ist. Wir waren im Vorjahr zwei Tage lang bei der Katastrophe in Treffen im Einsatz, in der Vogelsang-Siedlung. Wir kamen dort hinein, und ich wusste im ersten Moment nicht, wie wir das machen sollen: Der Schutt lag bis auf Höhe des zweiten Stocks der Häuser. Es herrschte Totenstille, es war beklemmend. Um sechs Uhr in der Früh fingen wir an, um 20 Uhr gingen wir wieder hinaus. Wir haben gearbeitet, was ging, mit 70 Mann unter meinem Kommando, sechs Bagger und 13 Lkw. Die Bewohner hatten nur mehr die zerrissene Kleidung, die sie am Leib trugen, alles andere war weg, kein Auto mehr, keine Brieftasche, sie waren ums nackte Überleben gelaufen. Als wir abzogen, kamen die Menschen aus den Häusern und haben uns applaudiert. Das vergisst man nicht, das motiviert. Man weiß, dass das, was man tut, nicht umsonst ist.
Ist die Unterstützung durch die Stadt Wolfsberg gegeben?
Ich kenne die Situation in ganz Kärnten. Mit der Stadtgemeinde Wolfsberg ist die Zusammenarbeit toll, sie hat für alles ein offenes Ohr. 2015 haben wir uns auf Wald- und Flurbrände spezialisiert, denn das Lavanttal hat 63 Prozent Waldanteil. Ich habe vorher bei einer Feuerwehr in Griechenland mitgearbeitet und gesehen, was los ist, wenn es bei einem Waldbrand zur Sache geht. Die Gemeinde – Stadtrat Christian Stückler und Gemeindefeuerwehrkommandant Christoph Gerak – hat uns geholfen, die Ausrüstung zu beschaffen, sukzessive über fünf Jahre. Wir bekamen auch eine Einsatzdrohne mit Wärmebildkamera für Waldbrände von der Gemeinde. Der Landesfeuerwehrverband hat uns niedergebügelt, Eigeninitiative wollten sie nicht. Aber wir sind innovativ.
Mit welchen Herausforderungen sah sich die FF Reideben zuletzt konfrontiert?
Die Bürokratie ist mittlerweile enorm. Was alles gefordert wird, ist extrem – wie in einer Firma. Man darf aber nicht vergessen, wir machen das alle nebenberuflich. Danach fragt aber keiner.
Wer verlangt diese Bürokratie?
Der Landesfeuerwehrverband. Dort wird ein wenig auf die Basis vergessen, auf die Freiwilligen. Uns allen gemeinsam ist der blaue Rock, nicht das Gold, das daran hängt. Entscheidend ist die Person, die den Rock trägt. Das wird oft schwer verstanden, weil es irgendwelche Experten gibt, die sagen, wie wir im Freiwilligenwesen funktionieren sollen. Das beginnt beim Alarmierungssystem und geht bis zu den Anschaffungen. Ich verstehe sie schon auch, sie müssen Auflagen erfüllen, aber es wird alles komplizierter statt einfacher gemacht.
Werden die Mitglieder der FF Reideben bei Einsätzen von ihren Arbeitgebern unterstützt?
Meine Leute arbeiten glücklicherweise bei Firmen, die Verständnis haben. Meinem Chef, Wech-Geschäftsführer Karl Feichtinger, habe ich beim Festakt gedankt. Er hat Verständnis. Sieben Leute arbeiten bei PMS, auch dort gab es noch nie ein Problem. Aber: Wenn die Ereignisse größer und die Einsätze länger werden, wird es interessant, denn das kann kein Chef mehr mittragen. Es braucht hier Begünstigungen seitens des Landes für die Firmen.
Welche Erfahrungen haben Sie mit Gaffern gemacht?
Das entwickelt sich zum großen Problem, es ist erschreckend. Die Leute haben keine Skrupel, da wird das Handy herausgerissen und das Opfer gefilmt. Das ist schneller online, als man schauen kann. Wir bauen Sichtschutz auf und verjagen diese Leute.
Christian Hartl (50) ist seit 35 Jahren Mitglied der FF Reideben. Er durchlief alle Stationen und war zwölf Jahre lang stellvertretender Kommandant, ehe er 2015 zum Kommandanten gewählt wurde. Er ist auch im Führungskader des KAT-Zugs 5 vertreten. Sein Brot verdient er bei der Firma Wech, als Hausmeister und Verantwortlicher für die Fahrzeugaufbereitung. Hartl ist mit Rosamunde verheiratet, sie haben zwei Kinder: Johanna (15) und Mathias (18), beide ebenfalls bei der Feuerwehr.
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