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»Arbeiten macht frei« steht an Bauernhof in St. Georgen: Spruch löste einen Familienstreit ausAusgabe 18 | Mittwoch, 4. Mai 2022

Die Aufschrift ähnelt den Nazi-Worten »Arbeit macht frei« am KZ Auschwitz. Der betroffene Landwirt meint, es handle sich um seine »persönliche Erfahrung«. Sein Schwager hätte den Spruch bereits entfernt. Bürgermeister Markut: »Nicht ins rechte Eck rücken.«

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Unterkärntner Nachrichten Redakteur Horst Kakl Von Horst Kakl kaklno@spamunterkaerntner.at
Diese Worte (Bild rechts) hat der Landwirt über einem Einfahrtstor seines Anwesen angebracht. Sie wurden von einem Urlauber entdeckt und entsetzt fotografiert. Denn sie erinnern fatal an den Spruch »Arbeit macht frei«, der am Eingangstor des KZ Auschwitz (oben) prangte, in dem bis zu 1,5 Millionen Menschen ermordet wurden. Fotos: privat, Wikimedia Commons/ Dnalor 01

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St. Georgen. Der Spruch hat offenbar für einen Familienstreit gesorgt – und wurde mittlerweile entfernt. Kein Wunder. Ein Landwirt in St. Georgen hatte über einem Einfahrtstor auf seinem Anwesen die Worte »arbeiten macht frei« angebracht. Sie erinnern fatal an das menschenverachtende Motto »Arbeit macht frei«, das über dem Eingang des Nazi-Konzentrationslagers Auschwitz prangte, in dem von 1940 bis 1945 zwischen 1,1 bis 1,5 Millionen Menschen ermordet wurden.

Die Aufschrift wurde von einem Touristen entdeckt, der sie fotografierte und die Bilder (anonym) an Medien sandte. Sein Statement dazu: »Bei meinem Urlaub in St. Georgen im Lavanttal musste ich etwas Entsetzliches sehen.« Danach drückte er sein Erstaunen darüber aus, dass  bisher niemand aktiv geworden sei, obwohl der Betrieb laufend von Behörden kontrolliert werde und die Worte von der Straße aus sichtbar seien.

»Primitiver Mainstream«
Die Unterkärntner Nachrichten nahmen mit dem betroffenen Landwirt Kontakt auf. Der meinte frei heraus: »Ja, das ist mein Hof, bei dem die Worte angebracht sind.« Auf die Frage, warum er das getan habe, sagte er: »Weil das meine persönliche Erfahrung ist. Ich habe mein Lebtag immer gearbeitet. Und der primitive Mainstream, der derzeit vorherrscht, hat auf meinem Hof nichts verloren.« Wie lange der Spruch bereits angebracht sei, konnte (oder wollte) der Mann nicht sagen. Dafür: »Es hat deswegen schon einen Familienstreit gegeben, mein Schwager hat die Aufschrift ohne mein Wissen entfernt. Das ändert aber nichts daran, dass das meine Erfahrung ist.« Die Frage, ob er die Worte neuerlich anbringen werde, beantwortete er nicht.

Der St. Georgener Bürgermeister Karl Markut (Team St. Georgen) weiß, um welchen Landwirt es sich handelt. Er sagt: »Man kennt den Mann, er ist ein sehr zeitkritischer Geist, aber sicher nicht rechtsextrem. Nationalsozialistisches Gedankengut trägt er sicher nicht, man soll ihn nicht ins rechte Eck rücken.« Die Worte »arbeiten macht frei« bezeichnete der Bürgermeister als »schlechten Scherz, ich werde ihn darauf ansprechen. Er soll sie entfernen, denn mit solchen Dingen spasst man nicht.«

Das sieht auch die österreichische Rechtsprechung so. Laut dem Wolfsberger Anwalt Herbert Juri, der mit dem Fall unmittelbar nicht befasst ist, ist die Anbringung dieser Worte »sicher nahe an der Wiederbetätigung. Es ist zwar ein Zweifelsfall und nicht eindeutig, doch könnte es durchaus zumindest zu einem Ermittlungsverfahren kommen. Es würde mich nicht wundern, wenn eine Hausdurchsuchung stattfände.« Eine allfällige Verurteilung hinge aber von der Person ab, so Juri: »Wer ist es, welches Gedankengut hat er? Die österreichische Justiz vertritt in Fällen von Wiederbetätigung eine strenge Linie, es könnte sehr schwierig für den Mann werden.«

Mit hoher Wahrscheinlichkeit
Auch Rechtsanwalt Christian Ragger meint generell und ohne die Details des Falls zu kennen: »Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich hier um Wiederbetätigung. Sollte es zu einer Verhandlung kommen, wird sie vor Geschworenen durchgeführt, dem Landwirt drohen mehrere Jahre Freiheitsstrafe.«

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