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Sieglinde Talker: »Ostern war ein Fest des Glaubens, heute geht es um Konsum« Ausgabe 16 | Mittwoch, 16. April 2025

Die Obfrau der gemischten Trachtengruppe Wolfsberg, Sieglinde Talker (83), spricht über den Wandel des Osterfests, wie eine echte Lavanttaler Osterjause aussieht und woher der Reindling seinen Namen hat.

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Sie sind seit Jahrzehnten eine feste Größe im Brauchtum unserer Region. Was bedeutet Ostern für Sie persönlich?
Ostern war für mich schon immer ein besonders Fest.  Es steht für einen Neubeginn: Der Frühling hält Einzug, die Zeit des Fastens ist vorbei und die Freude steht im Mittelpunkt. Es ist ein Fest, das die Menschen zusammenbringt – ob in der Kirche, bei der Feuer- und Fleischweihe oder im Kreis von Familie und Freunden. Ich organisiere seit über 40 Jahren Ausstellungen, meistens zwei bis drei vor Ostern. Und das nicht nur im Lavanttal, sondern auch bis nach Klagenfurt. Das ist immer sehr nett, da man viele Bekannte trifft und auch immer wieder etwas Neues über heimisches Brauchtum und Traditionen erfährt. Dabei zeigt sich, wie vielfältig eigentlich unsere Traditionen sind.

Man geht zu Ostern gemeinsam in die Kirche zu einem Festgottesdienst oder zur Feuerweihe und der Fleischweihe. Das sind immer schöne Erlebnisse.

Wie gestalten Sie und Ihre Familie die Karwoche und das Osterfest dieses Jahr?
Die Karwoche folgt bei uns ganz alten Ritualen. Am Gründonnerstag gibt es traditionell Spinat mit  Spiegelei, und am Karfreitag steht Fisch auf dem Speiseplan. Am Karsamstag geht mein Mann zunächst zur Schwammweihe auf den Pfarrplatz in Schiefling, um elf Uhr steht dann die Fleischweihe in der Kirche auf dem Programm und danach gibt es ein einfaches Mittagessen. Bei uns sind das immer Mohnnudel. Die traditionelle Osterjause gibt es bei uns dann erst am  Abend. Früher einmal gab es die erste Osterjause überhaupt erst nach der Auferstehungsmesse, also mitten in der Nacht.

Woraus besteht eine echte Lavanttaler Osterjause?
Zu einer echten Lavanttaler Osterjause gehören Schinken, Selchwürste, Kren, Eier und ein Reindling. Der echte Reindling ist ein  süßes Hefegebäck mit Rosinen, Zucker und einem Hauch Zimt. Original gebacken wird er in einem Reindl, daher auch der Name Reindling. Ich backe ihn immer in meiner alten Schwarzhafnerform nach einem überliefertem Rezept. 

 Wie wurden das Osterfest und die Karwoche vor 50 Jahren begangen?
Früher war das Osterfest noch eher ein religiöses Ereignis. Das Osterfeuer wurde erst in der Nacht von Samstag auf Sonntag gegen 1.30 Uhr nach der Auferstehungsfeier entfacht. Es gab gegen Ende der Karwoche und am Osterwochenende zahlreiche heilige Messen. Am Gründonnerstag »flogen« die Glocken nach Rom, und bis zur Auferstehung übernahmen Ratschen ihre Aufgabe. Erst danach gab es wieder Glockengeläut.

Die Palmsegnung hatte früher eine ganz besondere Bedeutung. Beim Hausbau wurde seinerzeit ein Dachspan ausgehöhlt, und in diesen wurde dann ein geweihter Palmbuschen gegeben. Der sollte Schutz für das Haus bieten. Weiters wurde zu Ostern keine Wäsche aufgehängt, da es Unglück bringen sollte. 

Welche persönlichen Erlebnisse aus Ihrer Kindheit sind Ihnen zu Ostern in Erinnerung geblieben?
Ich erinnere mich gern an die Zeit zurück, als in der Kirche vor dem Heiligen Grab Messen stattfanden und gleich nach der Fleischweihe alle gemeinsam das Erwachen feierten. Vielerorts gab es Fackelprozessionen, wie sie heute noch in Pölling stattfinden.

Auch der Brauch des Gründonnerstageis ist mir noch in guter Erinnerung. Dabei wird das Ei direkt aus dem Nest der Henne genommen, gefärbt und die restliche Farbe über den Rücken der Henne verteilt. Besonders schön waren seinerzeit auch die Osterfeuer. Sie wurden erst nach der Auferstehungsmesse so gegen 1.30 Uhr  angezündet und legten ein wunderschönes rötliches Licht über das gesamte Lavanttal. Heute warten viele Leute nicht mehr bis in die Nacht, sondern entzünden bereits ab 20, 21 Uhr ihren Osterhaufen. 

Weiters war das Osternestersuchen im Garten oder im Haus natürlich immer wieder ein besonders spannendes Erlebnis. 

Welche Sitten und  Bräuche von früher gibt es überhaupt nicht mehr bzw. nur noch selten?
Da gibt es zum Beispiel den Brauch, Butter am Gründonnerstag zu produzieren, da diese dann bereits geweiht ist. Außerdem wurden am Gründonnerstag ab 9 Uhr keine Erdarbeiten mehr verrichtet, und am Karfreitag überhaupt keine. Man glaubte, dass Erdarbeiten an Schwemmtagen wie dem Karfreitag Unwetter und Überschwemmungen anziehen.

Wie hat sich Ostern über die Jahrzehnte im Lavanttal verändert? 
Früher war Ostern ein Fest des Glauben, aber auch der Familie und des Zusammenkommens. Es standen Tradition und Brauchtum im Vordergrund. Heute dreht sich alles nur noch um Konsum. 

Auch das Böllerschießen wurde immer weniger. Vor rund 60 Jahren wurde der Bauer zu Ostern, wenn er mit dem Weihkorb vom Hof zur Segnung gefahren ist, »weggeschossen«. Wenn er dann nach der Kirche wieder nach Hause kam, wurde er »hergeschossen«.

Wie bereits erwähnt, wurde das Osterfeuer erst viel später entzündet, und am Feuer wurde noch ein Rosenkranz gebetet.  

Sie haben die traditionelle Osterausstellung im Wolfsberger Rathaus – die am vergangenen Wochenende stattfand – mittlerweile rund 40 Mal organisiert. Wie viele Aussteller waren dabei und wie hat sich das Interesse an solchen Brauchtumsveranstaltungen im Lavanttal über die Jahre entwickelt?
Es gab heuer 18 Aussteller, die ihre Produkte und Arbeiten ausstellten. Angeboten wurden Kunsthandwerk, Weihkorbdecken, handbemalte Ostereier, Palmbuschen und vieles mehr. Früher hatten wir schon noch ein paar Aussteller mehr und es kamen sicher auch mehr Besucher zum Ostermarkt. Seit der Corona-Pandemie und den aktuellen Krisen auf dieser Welt, ist die Besucherzahl ein wenig rückläufig. Es müssen halt sehr viele Menschen mehr sparen. Außerdem werden heute in allen Städten und Dörfern Ostermärkte und -basare veranstaltet. Da gibt es bereits ein großes Angebot, was die einzelnen Märkte bei den Besucherzahlen merken.

Aber es ist immer eine sehr schöne Veranstaltung, und ich bin mit dem Besucherzuspruch schon noch zufrieden. Eine Besonderheit der Osterverkaufsausstellung sind die selbst geflochtenen, handbestickten Weihkorbdecken, die man in dieser Form in den Geschäften nicht bekommt. 

Wie ist generell das Interesse an den traditionellen Osterveranstaltungen im Lavanttal?
Das Interesse ist sehr groß im Lavanttal. Für viele aber nicht aus religiösen Gründen, sondern eher aus Tradition. Man sieht, dass das Interesse da ist, das fängt bereits bei den Palmsegnungen an, zu denen sehr viele Menschen kommen. Erfreulich finde ich, dass die Jugend wieder mehr Interesse an unseren Traditionen zeigt. Es braucht jedoch engagierte Menschen, die das Brauchtum auch an die nächsten Generationen weitergeben – sonst droht es in Vergessenheit zu geraten. Man sollte sein Wissen nicht mit ins Grab nehmen, sondern weitergeben.

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